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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
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neben sich duldete. Allerdings konnte ich nicht beurteilen, wie hoch der Wahrheitsgehalt des Artikels tatsächlich war und welche der genannten Heilmethoden möglicherweise nur der übersprudelnden Fantasie des Verfassers entsprungen sein mochten. Aber ich war neugierig geworden. Zielgerichtet suchte ich in den nächsten Ausgaben vom
Königlich Sächsischen Anzeiger
nach einem Folgebeitrag.
    Doch bevor ich fündig werden konnte, sprang Holmes mit einem Jubelschrei auf. Der Bibliothekar ließ neben uns vor Schreck einen Stapel Bücher fallen, die laut klatschend auf den Boden knallten.
    »Pack deine Sachen!«, rief mein Freund erregt. »Wir müssen sofort nach Dresden aufbrechen. Ich glaube, gefunden zu haben, wonach wir suchen.«
    Und bevor ich mich versah, war er schon zur Tür hinausgesaust. Ich bedankte mich an seiner statt bei Bernhard von Clarin, unserem Gastgeber in der Bibliothek vom Börsenverein. Ich versprach dem guten Mann, seinen Namen in meinem nächsten Bericht über die Abenteuer von Sherlock Holmes lobend zu erwähnen. Was hiermit geschehen ist.
    [ 1 ] Wacholderbranntwein
    [ 2 ] Das englische Markenschutzgesetz
Merchandise Marks Act
vom 23.08.1887 schrieb vor, dass alle in Großbritannien vertriebenen, fremden Waren mit einer Bezeichnung des Ursprunglandes versehen sein mussten. Das Gesetz sollte ursprünglich dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Produkte zu stärken. Doch sehr bald verkehrt es sich ins Gegenteil, denn die Bezeichnung
Made in Germany
wurde zu einem Gütezeichen.
    [ 3 ] Unter seinem Direktor John Edgar Hoover wurde das
BI
im Jahr 1935 in
Federal Bureau of Investigation
(FBI) umbenannt. Es ist seitdem für Verstöße gegen alle Bundesgesetze und für Verbrechen zuständig, bei denen Staatsgrenzen innerhalb der USA überschritten werden.
    [ 4 ] Am 9. Oktober 1913 geriet der britische Ozeandampfer
Volturno
im Nordatlantik in Brand und versank. 136 Menschen starben, über 400 konnten durch andere Schiffe gerettet werden.
    [ 5 ] Bestimmung des günstigsten Zeitpunkts für eine magische Handlung.
    [ 6 ] Sichtbarmachen einer höheren, geisterfüllten Stofflichkeit des menschlichen Körpers.
    [ 7 ] Deuten der Zukunft aus den Linien der Hand.
    [ 8 ] Heilung durch Glauben.
    [ 9 ] Von Dr. med. Franz Anton Mesmer begründete magnetische Heilweise, bei der dem Kranken eine geheimnisvolle Kraft zugeführt wird, die sein Körpergleichgewicht wiederherstellt.

D AS O RAKEL DER Z IGEUNERIN
    Aus den Aufzeichnungen von Dr. Watson
    22.10.1913, auf der Fahrt nach Dresden
    Im Laufe des Tages waren die Temperaturen immer weiter nach oben geklettert. Trotz der laut Kalender herbstlichen Jahreszeit herrschte seit der Mittagsstunde ein angenehm spätsommerliches Wetter. Es war nicht zu warm und nicht zu kalt. Die Blätter an den Büschen und Bäumen hatten sich bunt verfärbt. In Erwartung des nahenden Winters fielen sie herab und bedeckten die Straßen mit einem raschelnden Flor. Die heißen Sonnenstrahlen tauchten die Stadt in ein goldenes Licht und vertrieben die schlechte Laune. Die meisten Passanten wirkten so fröhlich und zufrieden wie schon lange nicht mehr. Ihre Hüte und Mäntel hatten sie daheim gelassen. Vor dem Portal des Hauptbahnhofs drängten sich die Bettler. Sie machten an diesem Tag ein gutes Geschäft, denn das mediterrane Klima hatte die Herzen vieler Menschen überaus milde gestimmt.
    Der Eisenbahnzug der Königlich Sächsischen Staatseisenbahn nach Bodenbach [ 1 ] über Dresden stand an Bahnsteig drei für uns zur Abfahrt bereit. Die blitzblanke Lokomotive wirkte wie ein aufgeregt tänzelnder Windhund vor dem Start. Sie stieß dichte Qualmwolken in die Luft, aus geöffnetenVentilen zischte und fauchte der Dampf, Metall rieb sich knirschend an Metall. Ab und zu ruckten die Waggons leicht und die Puffer rumpelten aneinander.
    Wir zeigten dem Zugpersonal unsere Fahrkarten vor und stiegen ein. Da wir das Erste-Klasse-Abteil ganz für uns allein hatten, konnten wir ungehindert miteinander plaudern. Unser Gespräch drehte sich zunächst um solch wichtige Themen wie die Freuden und Leiden des Alters sowie die beträchtlichen Unterschiede zwischen schottischem und irischem Whisky. Ich bevorzugte die leicht torfig schmeckende Marke
Lord-Lieutenant’s
aus Dublin zu sechs Shilling die Flasche, währenddessen mein Freund den eigentümlich rauchartigen Scotch Whisky
Fencemaster
favorisierte. Völlig einig waren wir uns indessen darüber, dass amerikanischer Whisky höchstens bei

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