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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
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Prügel.«
    »Schade«, seufzte Holmes. »Ich wollte Sie nämlich eben fragen, ob Sie uns bei einem Ausflug nach Dresden begleiten könnten, und zwar ganz legal im dienstlichen Auftrag. Das würde unsere Nachforschungen wesentlich erleichtern.«
    »Das ist zwar gut gedacht, aber leider völlig ausgeschlossen. Die dortige königliche Polizeidirektion arbeitet eigenständig. Sie ist von unserem Polizeiamt organisatorisch getrennt. Aber ich sehe eine andere Möglichkeit. Niemand kann es mir untersagen, in meiner Freizeit in die Residenzstadtzu reisen und Ihnen dort mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wir machen es folgendermaßen: Sie fahren vor und ziehen erste Erkundigungen ein. Sobald Sie meiner Hilfe bedürfen, nehme ich mir einen freien Tag und komme nach. Mit der Eisenbahn ist es nur ein Katzensprung bis dorthin.«
    »Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen. Nun gut, fassen wir das wenige zusammen, was wir wissen«, meinte Holmes. »Colonel Moran hält sich wahrscheinlich in oder um Dresden auf, weil er nur dort die Möglichkeit hatte, den
Königlich Sächsischen Anzeiger
zu lesen. In seiner Begleitung befinden sich mehrere andere britische Ganoven, deren Namen ich nicht kenne. Die Bande plant einen großen Coup, welcher auf einen Plan von Professor Moriarty zurückgeht. Mein lieber Inspektor, hätten Sie eine Idee, was diese Burschen nach Dresden gezogen haben könnte? Was zeichnet diese Stadt vor anderen Städten aus?«
    Inspektor Belzig dachte eine Weile angestrengt nach. Er legte seine Stirn in tiefe Falten, kratzte sich am Hinterkopf und meinte alsdann: »Wie ich bereits erwähnte, ist Dresden eine Stadt der Kunstschätze. Die königliche Gemäldegalerie wurde 1722 von August II. gegründet und enthält rund dreitausend Bilder. Darunter befinden sich solche Meisterwerke wie die Sixtinische Madonna von Raffael, der Zinsgroschen von Tizian und die Kartenspieler von Caravaggio. Ich weiß das so genau, weil ich die Gemäldegalerie schon mehrfach besucht habe. Sie ist öffentlich. Die
Das Grüne Gewölbe
genannte Königliche Schatzkammer enthält eine kostbare Sammlung von Juwelen, Kleinodien und Kunstwerken in Edelmetall, Elfenbein und Mosaik. Das
Historische Museum
und die Gewehrgalerie im
Johanneum
beherbergen die bedeutendste Waffensammlung Europas. Möglicherweise stammt die Windbüchse von dort. Das Porzellan-und Gefäßmuseum ist reich mit altchinesischem,altjapanischem und Alt-Meißner Porzellan bestückt. Darüber hinaus existiert noch ein gutes Dutzend weiterer Ausstellungshallen und Bibliotheken mit wertvollen Exponaten und kostbaren Unikaten. Für eine gut organisierte und skrupellose Bande, die selbst vor einem Mord nicht zurückschreckt, ergibt sich da ein reiches Betätigungsfeld. Doch ohne einen näheren Hinweis auf potenzielle Abnehmer oder Hehler werden Sie nicht weit kommen, mein lieber Holmes. Sie suchen nach einer Stecknadel im Heuhaufen.«
    »Wohl wahr, wohl wahr. Einen kleinen Fingerzeig gibt es trotzdem noch: Professor Moriarty war ein bedeutender Mathematiker. Gibt es ein Museum mit einem Bezug zur Algebra? Oder welch illegalen Geschäften könnte ein Rechenkünstler in Dresden sonst noch nachgehen?«
    Diesmal kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen: »Das liegt ganz klar auf der Hand. Sachsen ist neben der Pfalz das größte Tabakanbaugebiet im Deutschen Reich. Vom Eichsfeld über die Südabhänge des Harz bis fast auf den Kamm des Erzgebirges erstrecken sich riesige Tabakfelder. Die Qualität der verarbeiteten Blätter ist von mittlerer Güte, weshalb der sächsische Tabak vor allem in der Zigarettenproduktion verwendet wird. Die größten und meisten Fabriken stehen in Dresden.«
    »Das mag einen Sachsen sicherlich mit großem Stolz erfüllen«, meinte ich, »indessen wird es die britischen Banditen kaum beflügeln.«
    »Sie irren sich, mein bester Dr. Watson. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Im Jahr 1906 wurde in Deutschland eine Steuer auf die im Inland geschnittenen Zigarettentabake und die daraus hergestellten Zigaretten eingeführt. Diese Zwangsabgabe sollte zur Verstärkung der Reichseinnahmen dienen und beträgt rund zehn Prozentvom Kleinverkaufspreis. Der Gesamtumsatz lag im vergangenen Jahr bei knapp elf Milliarden Mark. Demzufolge ist etwa eine Milliarde Mark an Steuern angefallen. Die Abgaben werden dadurch erhoben, dass an den Zigarettenpackungen Banderolen mit Steuerzeichen anzubringen sind, bevor diese ihre Erzeugnisstätte verlassen. Der Hersteller

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