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Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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dringendst, die Finger davon zu lassen.« Mycroft versuchte, in seine Rolle des stärkeren Gesprächspartners zurückzufinden. Der Detektiv erkannte, dass er dies verhindern musste.
    Wieder klopfte es an der Tür. Evans stand dort, Seife und Bürste in den Händen. »Das Wasser wird kalt, Sir. Ich möchte Sie bitten, das Badezimmer aufzusuchen.«
    Als Sherlock Holmes seinen Bruder von der Seite anblickte, errötete dieser leicht. »Es ist nicht das, was du denkst«, murmelte er schließlich verlegen.
    »Siehst du, du hast Evans, ich habe das Kokain«, meinte Holmes ernst.
    »Du hast Watson«, schoss sein Bruder zurück.
    »Um es in den Worten von Oscar Wilde zu sagen: Watson ist dafür nicht attraktiv genug. Er ist kein Evans.«
     
    »Darf ich stören, Professor?«, fragte die gebeugte Gestalt an der halb geöffneten Tür zum Prunksaal von Kenwood House .
    »Nicht jetzt, Colonel. Ich stecke mitten in kompliziertesten Berechnungen. Gedulden Sie sich bis zur Besprechung um halb zehn.«
    Moriarty, der am Morgen exakt um vier Uhr aufstand, wollte in diesen frühen Stunden nicht gestört werden. Er verwendete seinen um diese Zeit von Müdigkeit noch völlig ungetrübten Verstand, um sich der Planung zu widmen, die im Verlauf des Tages von seiner Mannschaft in Taten umgesetzt wurde.
    »Aber ich habe Neues über Holmes erfahren«, ließ der Stabschef nicht locker.
    »Das ist etwas anderes«, lenkte der Professor ein und bat seinen Mitarbeiter in den von Kerzen erhellten Saal. Er saß an einem weißen Schreibtisch mit Blick über den noch dunklen Park zum Friedhof von Highgate.
    »Evans hat berichtet«, erklärte der rotbärtige Colonel.
    Moriarty blickte von seiner Leibnizschen Rechenmaschine auf, mit deren Hilfe er die Berechnungen angestellt hatte. Noch ganz in Gedanken drehte er weiter an der Kurbel am Rahmen des glitzernden Messingkastens. Eine Klingel im Zählwerk meldete die letzte Umdrehung.
    »Bei festgelegten Wellenabständen sind die Radien REZ des Einzahns, RMR. des Muldenrads, RZR des Zählrads, RFH des Fünfhorns und RZH des Zweihorns stark voneinander abhängig und auch davon, wie groß der formschlüssig zu erzeugende Drehwinkel GZR des Zählrads sein soll und wie groß das Vorbeilaufspiel xEZ des Muldenrades am Einzahn in seiner Stellung null oder neun sein darf«, erklärte der Professor dem Colonel.
    Doch dieser räusperte sich nervös.
    »Also, Evans hat berichtet ...« Der Professor nickte ihm aufmunternd zu.
    »Holmes hat überlebt.«
    »Das ist uns bekannt.«
    »Er bereitet sich auf den Kampf mit Ihnen ... mit uns ... vor«, ergänzte Moriartys Stabschef. »Er will die Königin warnen und sich mit dem Schriftsteller treffen.«
    »Der befindet sich in sicherer Verwahrung im Gefängnis zu Reading.«
    »Mycroft Holmes wird ihm einen Besuch ermöglichen.«
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Moriarty und kaute an dem Federkiel, mit dem er in seiner steilen Schrift Zahlen niedergeschrieben hatte. »Ich weiß nicht, wie viel ihm bekannt ist, und das beunruhigt mich.«
    »Wir werden uns des Problems annehmen.«
    »An dessen Lösung Sie bisher gescheitert sind, Colonel. Ich denke, man kann Holmes nicht körperlich besiegen, man muss sich auf ein Duell des Geistes mit ihm einlassen.«
    »Das ist Ihre Aufgabe, Professor, mit Verlaub gesprochen. Wir schätzen die direktere Methode.«
    »Die durchaus ihre Vorzüge hat, wenn sie zum Ziel führt. Sie haben freie Hand, Colonel. Sonst noch etwas?«
    Colonel Moran verbeugte sich und entfernte sich schweigend aus dem Saal, indem er, den Blick auf seinen Meister gerichtet, rückwärts ging und die Tür schloss.
    Moriarty erhob sich vom Schreibtisch und tat ein paar Schritte durch den Raum.
    Natürlich war Holmes zu besiegen. Wie jeder andere auch. Wie jeder andere auch , wiederholte der Professor den Gedanken und erschauderte. Das bedeutete, dass es auch umgekehrt sein konnte, dass Holmes siegreich gegen ihn wäre. Aber das konnte durch exakte Planung vermieden werden.
    Es gab nur Sieg oder Niederlage, Leben und Tod, Teufel und Gott, Gut und Böse. Wahrheit und Lüge. Alles andere waren Versuche, vom klaren Denken abzulenken, Illusionen, die uns unser fehlgeleiteter Geist vorgaukelte. Es gab nur hell und dunkel in der Welt, Tag und Nacht. Das Geschwätz von Farben war eine Lüge. Moriarty sah keine Farben.
    Holmes sah welche. Er war nicht der exakte Denker, als der er sich gerne darstellte. Er verstrickte sich in Hirngespinsten, suchte Zerstreuung in der Musik,

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