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Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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Disziplinarakten werfen«, erklärte der Direktor der Portora School, verließ sein Rektorzimmer und kehrte nach längerer Zeit mit einer geöffneten Mappe zurück. »Eine ganz ungewöhnliche Sache, über die mein Vorgänger ...« Er verbesserte sich: »... dein geschätzter Herr Vater, Dorrit, nie ein Wort verloren hat. Frederick muss irgendwie in einen Fall ungerechtfertigter Anschuldigungen gegen diesen Moriarty verwickelt gewesen sein.«
    »Sie meinen den Bruder Ihrer Frau.«
    »Ja. Einige Schüler, Frederick hatte sich ihnen angeschlossen oder sie gar angeführt, verspotteten den Lehrer wegen seiner Mutter. Die Wilde-Söhne hatten auch damit zu tun.«
    »In welcher Weise?«, fragte Holmes.
    »Da, sehen Sie selbst. Mir ist es, ehrlich gesagt, zu peinlich, mich mit diesen kindischen Phantasien zu beschäftigen.«
    Holmes übernahm den schweren Band und sah einen eingeklebten Zettel, auf dem in jugendlicher Handschrift stand: Wir haben gesehen, wie Sie bei Ihrer Mutter getrunken haben.
    »Solche Äußerungen sind auf die Unreife unserer Schüler zurückzuführen. So etwas ist nicht ernst zu nehmen«, beteuerte der Direktor.
    Holmes schwieg. Für ihn war das Geschehen, das auch der damals zwölfjährige Oscar Wilde mitverfolgt haben musste, durchaus nicht ohne Bedeutung, angefangen bei der Verwicklung des Sohnes des Schuldirektors, über dessen plötzlichem Tod, bis hin zur Abreise des verspotteten jungen Moriartys.
    Der Detektiv bedankte sich bei Direktor Biggs und seiner Frau und war in Gedanken schon beim nächsten Schritt. Er wollte im Archiv der örtlichen Zeitung nach Spuren Moriartys suchen.
     
    Die Redaktion des Fermanagh Herald befand sich im ersten Stockwerk eines stattlichen Bürgerhauses. In den Schaufenstern der Buchhandlung im Erdgeschoss hing die neueste Ausgabe der Zeitung, die von einigen Passanten gelesen wurde. Der Chefredakteur, dem der Name Sherlock Holmes ein Begriff war – er begrüßte ihn als den größten Detektiv des Vereinigten Königreiches –, wollte ihn interviewen.
    Doch Holmes bat um Diskretion. Er befinde sich auf geheimer Mission. »Wenn ich das Rätsel lösen kann, werde ich Ihnen über meinen Biographen einen Exklusivbericht zukommen lassen.«
    »Versprochen, Mr. Holmes?«, versicherte sich der Mann.
    Holmes nickte zum Einverständnis.
    »Bei uns zählt in erster Linie die Gegenwart. So ist das nun mal beim Journalismus«, entschuldigte sich Kyle O'Neill. »Das Archiv ist nicht in bestem Zustand.«
    Und tatsächlich wurden die Halbjahresbände der Wochenzeitung in einem fensterlosen, dumpf riechenden Raum aufbewahrt, aber wenigstens in nachvollziehbarer Ordnung.
    Holmes bat, die einzelnen Bände, die ihn interessierten, entnehmen und in angenehmerer Umgebung studieren zu können.
    »Sie können gerne in meinem Büro arbeiten, wenn Sie die Arbeitsgeräusche und meine gelegentlichen Gespräche mit Mitarbeitern nicht stören.«
    Holmes bedankte sich für das Angebot und schleppte mehrere alte Zeitungsbände an den ausladenden Tisch, der für Redaktionskonferenzen bestimmt war.
    In einer der Zeitungen des zweiten Halbjahres des Jahres 1866 fand er eine Erwähnung des unerklärlichen Ertrinkungstodes eines Schülers von Portora beim Bootfahren auf dem See. Der junge Mann war bei Schönwetter und ruhigem Gewässer gekentert. Einige Jahre zuvor, im Jahr 1845 schließlich, stieß er auf den Namen Moriarty im Zusammenhang mit dem Bericht über einen tragischen Unfall im Zirkus des James Sanger . Die Schlangenbeschwörerin Elena Moriarty war von einer Kobra gebissen worden und kämpfte ums Überleben. Ihr Vater, der Magier und Rechenkünstler Lorenzo Moriarty, hatte die ohnmächtige Frau gefunden.
    Holmes dachte nach. Die Mutter Schlangenbeschwörerin, der Vater Arzt, die frühe Begabung des jungen Mannes als Mathematiker, vermutlich beeinflusst durch den Großvater, der Versuch eines bürgerlichen Lebens als Mathematiklehrer an einer Internatsschule, die enge Bindung an seine Mutter, die zu Spott und Schande führte, die grausame Rache an dem Rädelsführer, dem Sohn des Direktors, die Flucht ... All das ergab einen ersten Ansatz, eine Biographie Moriartys zu entwickeln. Erste Hinweise, die Holmes vertiefen musste, um den Feind verstehen und eines Tages wirkungsvoll bekämpfen zu können.
    »Den gibt es noch«, antwortete O'Neill auf Holmes' Frage nach James Sangers Zirkus. »Der Besitzer ist jetzt sein Sohn George. Sie machen jedes dritte Jahr eine Irlandtournee, immer im Herbst. Die

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