Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)
aller Ruhe zurück auf das Boot. Ich habe Vorarbeiten geleistet und benötige dringend Ihren Rat, meine Herren.«
»Wie meinen Sie das, Holmes?«, fragte Watson mißtrauisch.
»Ich erlaubte mir, während Miss Hall und Sie in London weilten, der Gruft mit meiner Peckham-Wray-Kamera einen Besuch abzustatten. Ich wollte vermeiden, daß der Fluch von Shakespeares Grab mehr als eine Person trifft.«
»Dann bin ich hier überflüssig«, brummte der Archäologe verärgert.
»Durchaus nicht. Ich habe meine nächtliche Expedition minutiös dokumentiert und benötige Ihre Meinung als Experte zu mehr als einem Phänomen.«
In der Kajüte des Hausbootes legte Holmes einen Stapel Zeichnungen und Fotos auf den runden Tisch.
»Auf dem Boden der Gruft, der aus Sandsteinquadern besteht, die übrigens völlig trocken sind, stehen diese vier Särge. Sie sind aus schwarzem Blei gefertigt. In einigem Abstand dazu, auf einem Steinpodest, befindet sich ein fünfter Sarg. Der Sargdeckel ist übrigens äußerst schwer.«
Auf dem nächsten Foto, das der Detektiv vorlegte, erkannte man, daß der Deckel des fünften Sarges einen Spalt breit geöffnet war. Leuchtendes, helles Material wurde sichtbar.
»Das gibt es nicht. Das ist …«
»Im Sarg«, stellte Holmes fest, »befindet sich ein Skelett aus Kristall oder gegossenem Glas. Ich habe ein Fingerglied mitgenommen, um das Material untersuchen zu lassen.«
Er reichte dem Archäologen einen glatten Gegenstand.
Dan Symmons betrachtete und betastete das Material und meinte: »Mit höchster Wahrscheinlichkeit handelt es sich um Bergkristall. Um sicher zu gehen, werde ich den Finger in London einer Untersuchung unterziehen.«
»Was war noch im Sarg?«, drängte Dr. Watson.
»Besser gefragt, was war nicht darin«, sagte Holmes. »Es war kein Schädel im Sarg. Ich glaube, den kennt Dr. Watson bereits.«
»Wenn in dem Sarg kein wirkliches Skelett liegt, wo befinden sich dann die Überreste des Dichters?«, überlegte Watson.
Die nächsten Aufnahmen zeigten deutlich das Fehlen eines Schädels. Aber ein anderer Gegenstand lag an Stelle des Totenkopfes: ein aufgeschlagenes Buch. Die Bibel.
»Die King James Bibel, soweit ich erkennen kann«, stellte Dan Symmons fest.
»Ich habe mich dazu entschlossen, das Buch mitzunehmen«, sagte Holmes und stellte eine Holztruhe auf den Tisch. »Um das Papier nicht zu gefährden, werde ich das Licht dämpfen.«
Der Detektiv öffnete den Holzkasten und hob einen schweren Lederband heraus. Der Archäologe nahm die Handschuhe, die Holmes ihm reichte, und öffnete das Buch.
Eine reichverzierte Seite enthielt folgenden Text: »Die Heilige Bibel mit dem Alten und dem Neuen Testament. Neu übersetzt aus den Originalsprachen, eingehend verglichen mit den früheren Übersetzungen und korrigiert nach den Anweisungen Seiner Majestät.« 4 Als Jahreszahl war 1611 angegeben.
Fast eine Stunde verging, bis der Archäologe das Buch Seite für Seite untersucht hatte.
»Eine reguläre Erstausgabe der King James Bibel, ohne weitere Hinweise, soweit ich erkennen kann.«
»Ein interessanter Hinweis befindet sich an der Unterseite des Sargdeckels«, sagte Holmes und legte ein handbeschriebenes Blatt Papier auf die Tischplatte.
BEATI MORTUI QUI IN DOMINO MORIUNTUR.
Dan Symmons las den Text laut vor und fügte hinzu: »Das ist wirklich interessant.«
»In welcher Weise erregt es Ihr Interesse, Mr. Symmons?«, erkundigte sich Holmes.
»Dieser Spruch aus dem Buch der Offenbarung befindet sich am Monument für die Stuarts im Petersdom in Rom. Gesegnet sind die Toten, die im Namen des Herrn sterben.«
»Sie kennen sich gut aus in der Geschichte der Stuarts«, sagte Holmes bewundernd.
»Wie kommt ein Monument für eine englische Königsfamilie in den Petersdom?«, fragte Dr. Watson.
»Die Stuarts waren katholisch. Der Petersdom ist Teil des Vatikans«, erklärte Mr. Symmons.
»Und wann wurde das Denkmal errichtet?«
»Am Beginn des 19. Jahrhunderts, lange nach dem Ende der Herrschaft der Stuarts, bezahlt vom englischen König George IV.«
»Sie machen sich auf den Weg nach Rom, Mr. Symmons«, schlug Holmes vor. »Wir können es uns nicht leisten, auf der Stelle zu treten, während das junge Paar in Todesgefahr schwebt und weitere Morde im Namen Shakespeares drohen.«
John Watson schaute seinen Freund mißtrauisch an: »Wenn Ihre Rede blumig wird, ist höchste Vorsicht geboten.«
»Wie auch immer«, entgegnete dieser. »Watson und ich halten hier die
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