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Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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die Schlinge immer enger um seinen Hals.
    Die wenigen Sekunden, bis er das Bewußtsein verlor, öffneten Jonathan Hall die Augen. Er erkannte, was er bisher nie so klar gesehen hatte. Er erkannte, daß er immer schon ein Verlierer gewesen war. Als Kind, dem die Spielgefährten das Lieblingsspielzeug wegnahmen. Als Mann, der von seiner Frau betrogen wurde, bis sie ihn verließ, ihn und die Tochter.
    Und nun raubte man ihm die Krönung seiner beruflichen Laufbahn. Er wurde um den Triumph betrogen, der Welt mitteilen zu können, wer Shakespeare gewesen war.
    Doch nein, ging es Jonathan Hall durch den Kopf, ein Verlierer war er nicht. Er hatte Myra und nun ihren kleinen Sohn. Er hatte einen Enkel.
    Es lohnte sich, gelebt zu haben.
     
    Als Jonathan Hall gefunden wurde, war er tot. Sein entblößter Körper lag auf dem bunten Teppich seines Büros. Es roch nach verbranntem Fleisch. Der Eindringling hatte dem Sterbenden einen Spruch aus Titus Andronicus in die Haut gebrannt: HINWEG UND SCHWEIGT. BELÄSTIGT UNS NICHT MEHR.
    »Irgendwie vermisse ich ihn«, sagte Coleen Dumbarton zu seiner jungen Frau Kitty und schmiegte sich an sie.
    »Ja, weil er aussah wie ich. William war immer schon verrückt gewesen, voller Ideen, immer bereit, Grenzen zu überschreiten. Er war es, der Frischluft in unsere Kindheit brachte. Es tut mir so leid, daß ich ihn nie mehr sehen kann, nie mehr mit ihm reden kann.«
    »Mir tut es auch leid. Obwohl ich froh bin, daß wir in diesem Bett nur zu zweit sind.«
    »Ich liebe dich«, flüsterte Kitty.
     
    Beim Frühstück, das sie an diesem Morgen erst gegen 11 Uhr einnahmen, fragte Kitty: »Wie soll es weitergehen? Du hast deinen Vater verloren, ich meinen Bruder. Und der Mann, der das aufklären soll, ist in die Luft gejagt worden. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, unsere Reise nach Rom anzutreten.«
    »Du hast recht. Es ist nicht die Zeit für eine Hochzeitsreise. Ich glaube, wir dürfen die Aufklärung der Morde nicht mehr anderen überlassen. Wir müssen selbst tätig werden«, sagte Coleen. »Hast du einen Vorschlag, wo wir ansetzen sollen?«
    »Es hat mit der Identität Shakespeares zu tun. Und natürlich mit Titus Andronicus. Der Regisseur von Titus Andronicus wurde ermordet. Man muß bei diesem Stück ansetzen, um das Rätsel zu lösen.«
    »Was schlägst du vor? Ich bin zu allem bereit«, versprach Coleen.
    »Wir lesen das Stück. Laut. Auch zu Shakespeares Zeiten übernahm ein Schauspieler mehrere Rollen.«
    Coleens Stimme war belegt, als er die letzten Worte des Dramas las:
    »Für jenes böse, wilde Tier Tamora
    gibt es nicht Grab, nicht Trauer noch Gebet.
    Werft sie als Fressen vor das Raubgetier.
    Sie war so gnadenlos wie jenes Vieh.
    Kein Mitleid, keine Trauer zeigt für sie.
    Den gottverdammten Mohr bringt vor Gericht,
    doch Gnade findet Aaron sicher nicht.
    Wir wollen ordnen neu den Staat sodann,
    damit das Unheil sich nicht wiederholen kann.«
    »Wie schaurig«, sagte Kitty und bot Coleen eine Tasse Tee an.
    »Und? Welche Erkenntnis hast du aus dem Stück gewonnen, Kitty?«
    »Nehmen wir an, daß Shakespeare seine eigene Geschichte niedergeschrieben hat, daß das Stück autobiographisch ist …«
    »Dann stellt sich die Frage, ob ein Schwarzer oder eine Schwarze eine Rolle in seinem Leben spielte. Immerhin hat die Büste, die ihn angeblich darstellt, in der Pfarrkirche, eine ziemlich dunkle Hautfarbe.«
    »Du willst doch nicht sagen, daß Shakespeare ein Farbiger war?«
    »Ich weiß nicht. Aber wir sollten uns im Institut erkundigen, ob Schwarze eine Rolle in der Geschichte des 17. Jahrhunderts spielten.«
    »Warum nicht«, sagte Kitty.
    »Wen fragen wir?«
    »Jonathan Hall müßte etwas wissen.«
    »Also, auf in das Institut.«
     
    Kitty und Coleen Dumbarton fragten nach Mr. Hall, erfuhren jedoch, daß sich dieser am Telefon seines Büros nicht meldete. Also stöberten die beiden auf eigene Faust in der Bibliothek.
    »Der einzige Mann von Bedeutung, dessen Haut dunkel war, hieß David Rizzio«, sagte Kitty nach einer Weile zu ihrem Mann.
    »Was hast du über ihn herausgefunden?«, erkundigte sich dieser. »Ich habe nichts entdeckt, außer daß Elizabeth I. in den Sklavenhandel verwickelt war.«
    »Ich lese es dir vor«, sagte Kitty. »Die mit Lord Darnley unglücklich verheiratete schottische Königin Maria Stuart hatte eine enge Bindung zu ihrem Sekretär David Rizzio, einem Mann italienischer Herkunft von ungewöhnlichem Aussehen. Besonders auffällig war seine dunkle

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