Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)
dem hinteren Fenster beugten, und es war auf der Seite mit den Anschriften von Rohstoffmärkten geöffnet, von denen Sie mehrere mit Bleistift dick unterstrichen haben. Die anhaltende Dürre in Ostafrika hat so manchen Engländer ruiniert.«
»Komplett richtig, Mister Holmes!«, bestätigte Kent staunend. »Die Uhr nebst fünfhundert Pfund Sterling waren ein Erbe vom Bruder meiner Mutter, Franklin Johns, einem Landwirt in Hertfordshire. Sie war seine Lieblingsschwester, davon profitierte ich. Doch statt das Geld auf der Bank einzuzahlen, folgte ich schlechten Ratschlägen in Bezug auf Beteiligungsgeschäfte, und nun ist die Uhr alles, was ich davon noch besitze, nebst der Uhrkette und ungefähr fünfzig Pfund, die ich festzuhalten gedenke.« Der Scotland-Yard-Inspektor schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »In Ordnung, Mister Holmes, ich gebe zu, dass Sie den Behauptungen Lestrades und Gregsons gerecht werden, aber Ihr Eingreifen in eine offizielle polizeiliche Untersuchung ist unnötig.«
»Offiziell?«, überlegte Holmes laut. »Sollen wir Ihre Vorgesetzten über den Stand Ihrer Untersuchung befragen?«
Sein Begleiter kaute nachdenklich an seiner Unterlippe. »Es gibt keinen Grund, warum wir gegeneinander arbeiten müssten, Mister Holmes.«
»Allerdings, Inspektor Kent«, stimmte dieser zu. »Mein Ziel ist lediglich, die Quelle der Schrecken zu entdecken, die East London im Griff halten, obgleich ich fürchte, wir stehen einem Phänomen gegenüber, das möglicherweise bald ganz London und noch viel mehr bedrohen könnte.«
»Und William Dunning, Mister Holmes?«
»Interessiert mich natürlich auch«, gab Holmes zu. »Doch die Gefahr für die Allgemeinheit wiegt viel schwerer als die für einen einzelnen Mann. Falls wir jedoch die größere Gefahr abzuwenden vermögen, wird auch Dunnings Rettung ... oder Schicksal ... gelöst und bewerkstelligt.«
»Aye, das sehe ich ein«, willigte Kent ein. »Dann arbeiten wir also zusammen?«
»Es wäre mir eine Ehre, Inspektor. Ich habe Ihre Fähigkeiten und Lösungsansätze stets hoch geschätzt!«
»Erzählen Sie mir von dem Mann im Neptun .«
»Lassen Sie uns diese Anstalt erst verlassen«, bat Holmes. »Sie ist nützlich genug, wenn es gilt, meine Identität zu verschleiern, aber es geht hier sehr ordinär zu. Es verkehren hier viele Lustknaben und andere unerwünschte Elemente, die jeden von uns beiden mit ähnlichen Absichten betrachten könnten wie Clabber Sie. Sind Sie bewaffnet?«
»Ein Revolver wartet in meiner Manteltasche.«
»Der könnte sich als eine weise Vorsichtsmaßnahme herausstellen.«
Der Morgen war kühl, lediglich eine Spur von Nebel zog von der Themse herüber. Die Straßen waren fast leer, nur hier und da sah man den einen oder anderen Früharbeiter oder eine zeitige Dirne auf der Suche nach einem schnellen Verdienst.
»Urteilt man nach der Aussprache des Mannes, dann ist klar, dass er die meiste Zeit seines Lebens in Wales verbracht hat, obgleich er in London an der Royal Academy of Science ausgebildet wurde«, führte Holmes aus, als sie weiterschritten. »Er wohnt außerhalb Londons, vielleicht in Richmond, aber jedenfalls nicht weiter nördlich als Kew. Er ist Wissenschaftler und außerdem so etwas wie ein Mechaniker. Kürzlich hat er noch unter enormer Anspannung gestanden, sowohl physisch wie auch mental, und obgleich er die Energie aufbrachte, durch das Fenster des Neptun zu flüchten, ist er nicht weit von einem vollständigen Zusammenbruch aus totaler Erschöpfung entfernt.«
»Inwieweit hat er mit dem großen Verschwinden oder den Gespenstern zu tun?«
Holmes runzelte die Stirn. »Das ist nicht ganz klar hervorgegangen, aber er scheint irgendwie damit zu tun zu haben, und beide Erscheinungen hängen eindeutig miteinander zusammen.«
»Das habe ich auch versucht, den Leuten beizubringen!«, entfuhr es Kent. »Sie wollen einfach nicht glauben, dass sich eine Macht wie diese frei durch London bewegt und Bürger spurlos verschwinden lässt.«
»Wie ich in Erfahrung bringen konnte, bevor ich Frankreich verließ, haben sich die Fälle der verschwundenen Menschen vor allem auf das East End konzentriert, jedoch nicht vollständig«, sagte Holmes.
»Das ist richtig«, stimmte Kent zu. »Das gänzliche Ausmaß der Vorkommnisse wurde vor den Zeitungen geheim gehalten. Genau wie die Fälle der sogenannten Geister oder Gespenster.«
»Welch eine unüberlegte Bezeichnung!«
»Vielleicht stammt sie aus dem kranken Hirn irgendeines
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