Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)
keine Sorgen zu machen. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Ihren Bruder aufzuspüren und in Sicherheit zu bringen.«
»Gott schütze Sie, Mister Holmes!«, rief der Mann aus. »Die Leute halten mich für einen herzlosen Mann, der nur nach Geld und Macht strebt, aber ich würde alles darum geben, William wiederzuhaben. Ich war vielleicht in der Vergangenheit oft hart zu ihm, aber nur, weil ich wollte, dass er die Fehler vermeidet, die ich bei anderen bemerkt habe.«
»Ihres Bruders Hüter?«
»Ja, ich denke, das könnte man sagen«, gab Sir Reginald zu. »Falls Sie ihn finden, bitte sagen Sie ihm ... warum ... falls … wenn Sie ihn finden ...«
»Ich hoffe, Sie werden die Gelegenheit haben, ihm das selbst zu sagen«, unterbrach ihn der Detektiv und ersparte dem Mann weitere Verlegenheit. Er war mit Sicherheit nicht daran gewöhnt, zu stammeln, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. »Gute Nacht, Sir Reginald.«
Holmes schloss die Tür und holte schnell eine schwarze Tasche hinter einem Stuhl hervor, aus der er mehrere kleine Tiegel nahm, wie jeder Schauspieler sie kannte. Er musste Informationen sammeln, in nicht gerade hochstehenden Kreisen, und das konnte er kaum als Sherlock Holmes tun. Innerhalb weniger Minuten verwandelte er sich von einem typischen Bewohner des West Ends zu einem Mann, der sich unauffällig im Gebiet des Hafens bewegen und in den verworrenen Gassen der schmuddeligen Ostseite Londons umsehen konnte.
An der Tür zögerte er jedoch. Zum ersten Mal in seinem Leben waren seine Zweifel stärker als sein Selbstvertrauen. Er glaubte, sich an der Grenze eines unerforschten Landes zu befinden, und seine Zweifel hatten nichts mit den drei Jahren Abwesenheit zu tun, denn London blieb immer noch London, blieb immer seine Heimat und der Mittelpunkt der Welt. Der Weg, den er vor sich sah, war auf ärgerliche Weise unklar und verschleierte mehr, als er beleuchtete. Doch er hatte keine Wahl: Er musste unbekannte Ozeane befahren und alles auf seine Logik und Erfahrung setzen.
So schloss er die Tür, legte die Rolle des Sherlock Holmes ab und eilte die Treppe im schaukelnden Gang eines Seemanns hinab in die kalte Nachtluft.
Zur gleichen Zeit klickte es in seinem Zimmer, ein Schloss sprang auf.
KAPITEL 4
Holmes mischt sich wieder ein
Die Luft in der Neptun -Taverne, von blauen Tabakschwaden und Alkoholdünsten durchzogen, war zum Schneiden dick. Gesang und Unterhaltungen verschmolzen zu einem babylonischen Gewirr und zwangen dazu, sich dem Gesprächspartner ganz intensiv und aus der Nähe zu widmen, was es anderen beinahe unmöglich machte, unbemerkt ein Gespräch mitzuhören.
Im festen Griff erst sein zweites Glas Bier an diesem Abend, und das noch beinahe voll, trotz der Zeit, die er es schon in der Hand hielt, schob sich Inspektor Kent von einem Tisch zum anderen, scheinbar alkoholisiert, doch sehr aufmerksam jedem Wortwechsel lauschend, der an seine Ohren drang. Keiner, der ihn anblickte, hätte in ihm einen Inspektor von Scotland Yard vermutet. Mit seinem Dreitagebart und dem schäbigen Mantel wirkte er eher wie ein Laufbursche oder gar ein Schläger. Im Augenblick ermittelte er allerdings nicht für den Yard, da ihn seine Vorgesetzten aller Untersuchungen und Nachforschungen im Zusammenhang mit dem Verschwinden so vieler Menschen entbunden hatten. Ein Haufen weinerlicher Simpel allesamt , so dachte er über sie, während er einen kleinen Schluck Bier trank und sich in einen anderen Teil der Schänke drückte.
»... und die verschwundenen Leute wie dieser feine Pinkel ...«
Interessiert schlurfte Kent näher zu den Sprechern hinüber, seine Absicht durch seine unkontrollierten Bewegungen gut verbergend. Die Männer saßen an einem Tisch im Halbdunkel, von wo aus man über eine Treppe hinauf zu Räumen gelangte, die zweifelhaften Zwecken dienen mochten.
Drei alte Teerjacken unterhielten sich leise und angeregt mit einem hageren, ganz in Schwarz gekleideten Burschen. Er war kein Seemann und stammte auch genauso wenig aus dem East End, und ganz offensichtlich hängten sich die drei mehr an ihn, weil er ihnen Bier spendierte, als wegen irgendeiner Gemeinsamkeit oder gar Kameradschaft. Obgleich dieser vierte Mann lächelte, während er aufmerksam den Erzählungen der anderen lauschte, wirkte das Lächeln inhaltsleer, als reiche seine Freundlichkeit nicht weiter als seine Hautoberfläche, und in seinem Blick lag eine Gehetztheit, die jede Spur von Fröhlichkeit
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