Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)
es, Watson, impertinent! Ich wäre nicht abgeneigt, ihm bei passender Gelegenheit diese Impertinenz einmal gründlich auszutreiben ... Diese Phonetiker zeichnen sich alle durch eine schier unerträgliche Arroganz aus!
Nun gut! Wenn Sie wollen, können Sie übrigens nach Hause gehen. Ich habe hier noch einiges zu erledigen. Ein paar Routinearbeiten, die Sie mit Sicherheit langweilen würden.«
»Wie Sie wünschen! Dann bis später!«
Ich kehrte nicht auf direktem Weg in die Baker Street zurück, sondern machte einen kleinen Umweg zu meinem Buchhändler, bei dem ich Mrs. Warrens Gewerbe unseres Freundes George Bernard Shaw erstand. Als Holmes unser Wohnzimmer betrat, war ich ganz in die Lektüre vertieft. Holmes war so freundlich, mir ganz gegen seine sonstige Gewohnheit einen knappen Bericht zu erstatten. »Ich hatte gehofft, diese Erzsébet noch verfolgen zu können. Leider war sie bereits verschwunden, als wir das Haus verließen. Ich habe mich darum bei den Droschkenkutschern ein wenig umgehört. Es dauerte nicht lange, und ich fand den Kutscher, der mit seinem Wagen hinter dem gestanden hatte, in dem Erzébet wegfuhr.«
»Wissen Sie, wohin Sie fuhr?«
»Ich habe es nicht sofort erfahren, aber für ein paar Pence Handgeld war der Kutscher immerhin bereit zu berichten, wie Erzsébet seinen Kollegen ansprach. Ihr Ziel nannte sie jedoch offenbar erst, als sie eingestiegen war.«
»Wieso ihr Ziel? Ich denke, sie spricht kein Englisch? Wie hat denn der Kutscher sie verstanden? Das ist aber seltsam! Und was geschah dann?«
»Mit dem Kutscher hat sie Englisch gesprochen. Falls sie das nicht getan hätte, hätte sein Kollege das mit großer Sicherheit erwähnt. Erzsébet kehrte so schnell zu Fuß zurück, dass ich kaum Zeit hatte, aus ihrem Blickfeld zu verschwinden. Kurz darauf erschien dann die Kutsche, in die sie eingestiegen war. Sie war praktisch nur um den Block gefahren, hatte halten lassen, bezahlt und war zu Fuß nach Hause zurückgekehrt.«
»Und was bedeutet das alles?«
»Erstens, dass Karpathy schwindelt. Wie der Professor bereits prophezeite. Zweitens, dass Erzsébet wohl nicht beim Arzt war. Und dass wir drittens ein wenig warten müssen, bis die Baker Street Irregulars fündig geworden sind.«
»Ah, Sie haben also wieder einmal Ihre Spezialtruppe ausgeschickt.«
»So ist es. Die Jungs sind meine Augen, wo ich nicht hinsehen kann, und sie sind meine Hände, wo ich nicht hingreifen kann. Apropos Augen!« Holmes zündete sich eine Pfeife an und inhalierte den Rauch tief. »Ich soll Sie von Ihrem Freund Conan Doyle grüßen!«
»Danke schön«, antwortete ich erfreut. »Was macht er denn so, der alte Waschbär? Wo haben Sie ihn getroffen?«
»Wir hatten uns in seinem alten Club verabredet, Watson. Er strebte doch, als seine Frau Touie noch gesund war, eine Karriere als Augenarzt an.«
»Richtig! Er reiste deswegen sogar nach Wien. Wollte ein halbes Jahr bleiben und Vorlesungen an der Universität hören. Die Wiener hätten aber auch genauso gut Chinesisch reden können. Er verstand kein Wort und kehrte unverrichteter Dinge wieder nach London zurück. Wir lachten damals sehr. Über ihn. Und mit ihm.«
»Ganz genau! Doch genau deswegen bat ich ihn um eine Unterredung. Zwar verfolgt er noch immer den Fortgang der medizinischen Wissenschaft, aber nicht so sehr innerhalb der Spezialgebiete, mehr allgemein. Er brachte mir das hier mit. Ich denke, es dürfte Sie interessieren.« Holmes zog eine kleine Broschüre aus der Tasche und reichte sie mir.
Sklerallinsen zur Korrektur von konischen und myopischen Augen von Dr. med. E. Sulzer, 1892 in Genf erschienen.
»Vielleicht leidet Erzsébet an einer spitzkegeligen Vorwölbung und Verdünnung der Hornhaut?«
»Danke, mein Freund! Was wäre ich ohne Sie?«
Ich hätte mich geschmeichelt gefühlt, wäre da nicht dieser sarkastische Unterton gewesen. Was hatte ich denn nun wieder falsch gemacht? Um Streit zu vermeiden, schlug ich die Broschüre auf, blätterte darin und betrachtete einige Zeichnungen. Ja, es war, wie ich gesagt hatte. Diese Sklerallinsen wurden zur Korrektur von schweren Verformungen des Augapfels und der Augenhornhaut eingesetzt. Als unten geklingelt wurde, schlug ich ratlos die Broschüre wieder zu. Es war Charlie, der, von Mrs. Hudson vergeblich verfolgt, die Treppe heraufstürmte.
»Mr. Holmes, Mr. Holmes!« Er kam ins Zimmer gerannt, riss sich artig die Mütze vom Kopf und blieb vor meinem Freund stehen. »Wir haben die Beerdigung des
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