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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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unbedingt das auffällige karierte Jackett an, das Sie so lieben. Etwas Gedecktes wäre gut. Fallen Sie so wenig auf wie möglich und warten Sie, was passiert. Beobachten Sie. Mehr müssen Sie nicht tun.«
    »Werden Sie auch da sein?«
    »Natürlich, natürlich. Nur ... das wird hoffentlich niemand bemerken. Und bitte denken Sie daran: Tun Sie nichts, außer ich bitte Sie darum. Wir wollen es nicht zu einem öffentlichen Skandal kommen lassen.«
    »Ich verstehe«, sagte ich, obwohl ich eigentlich nichts verstand. Was hatte mein Freund nur vor?
    »Dann werde ich mich jetzt umziehen.«
    »Warten Sie!«
    Ich hielt inne.
    »Ich muss Sie erst noch in die Aufgaben des heutigen Tages einweisen.«
    Ergeben folgte ich ihm in das nicht benutzte Zimmer, das ihm als Asservatenkammer diente. Dort zeigte mir Holmes, was ich zu tun hatte. Danach verließen wir, jeder für sich, das Haus.
    Früher hätte ich nur ein paar Minuten zu Fuß gehen müssen, denn das Wachsfigurenkabinett befand sich ursprünglich in der Baker Street. Erst vor einigen Jahren, ich glaube, es war 1884, zog es in die Marylebone Road um. Jetzt war es ein klein wenig weiter, aber ein Spaziergang würde mir gut tun. Ich ging die Baker Street hinunter über den Outer Circle und York Bridge in den Regent's Park, durchquerte den Inner Circle und war auch schon da. Nachdem ich mir eine Eintrittskarte gekauft hatte, betrat ich die düsteren Säle. Holmes sah ich nirgends, aber ich freute mich über die gelungenen Porträts von Queen Victoria oder der unglücklichen schottischen Königin Mary. Die Figur von William Shakespeare ließ meine Gedanken zu der Frage schweifen, ob wohl jene Gelehrten recht hatten, die behaupteten, Shakespeares Werke seien in Wirklichkeit von vier Frauen geschrieben worden? Eine Theorie, die ich für den größten Blödsinn hielt, der jemals in der Zeitung gestanden hatte. Obwohl es in den Ausstellungsräumen recht dämmerig war, konnte ich die Besucher unauffällig beobachten. Dabei fiel mir ein hoch gewachsener Orientale mit riesiger Nase und einem noch größeren Schnauzbart auf. Er trug eine Art Uniform mit einem gebogenen Scimitar-Säbel an der Seite und auf dem Kopf eine Art Barett. Es war eine von diesen flachen schirmlosen Mützen, wie sie einst kriegerische Kaukasus-Stämme als Polster unter den Helmen trugen. Die Helme waren mittlerweile verschwunden, die Mützen aber geblieben.
    Bei der Figur unseres Freundes Conan Doyle und der von Sherlock Holmes blieb ich lange stehen, aber der Orientale wich mir nicht von der Seite. Sehr verdächtig. Ich erinnerte mich, wie Holmes damals über die Bitte von Madame Tussauds Enkeln geschimpft hatte, ihnen Modell für eine Figur zu stehen.
    »Ich kann meinen Beruf aufgeben, wenn jeder weiß, wie ich aussehe«. Kurzerhand hatte er seinen Bruder Mycroft um eine Intervention gebeten. Daraufhin hatte man die Wachsfigur nach Sidney Pagets Illustrationen für das Strand Magazine gestaltet. Jetzt sah sie Walter Paget ähnlich, dem Bruder des Illustrators, und der echte Sherlock Holmes war zufrieden.
    Immer den merkwürdigen Orientalen mit dem Säbel neben mir, entdeckte ich schließlich Henry Higgins, der sich ebenfalls Sherlock Holmes' Ebenbild ansah. Wie üblich trug Higgins sein dunkelbraunes Jackett.
    Als ich weiterging, sah ich, wie ein Mann in Reisekleidung, anscheinend ein Amerikaner, zu Higgins trat. Offenbar erklärte er ihm leise etwas, denn er wies mit der Hand in Richtung Ausgang. Daraufhin ging Higgins schnell davon. Der Tourist blieb im Saal. Was sollte ich tun? Higgins folgen oder den Touristen weiter beobachten?
    »Hinterher, Watson!«, forderte mich der Orientale auf. Das hätte ich mir denken können! Holmes persönlich! Aber wie hätte ich ihn in den dämmerigen Räumen und mit seiner phantasievollen Verkleidung erkennen sollen?
    »Ich muss mich um den anderen Mann kümmern!« Etwas verwirrt versuchte ich, mir einen Weg durch die dicht gedrängten Besucherscharen zu bahnen, aber ich war zu langsam. Higgins stand bereits auf der Straße und hob ärgerlich die Arme.
    »Weg!«, rief er.
    »Wer ist weg?«
    »Na, der kleine Junge, Doktor. Er sagte: Sir, Sie haben einen Umschlag. Ich sagte, woher er das wisse. Er antwortete: Eliza. Da gab ich ihm den Umschlag in die Hand, und im Nu war er damit zwischen den Passanten verschwunden.«
    »Ich habe mir etwas Ähnliches gedacht«, hörte ich die Stimme meines Freundes hinter mir. Auch er hatte den Weg ins Freie gefunden.
    »Holmes!«
    »Pscht!

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