Sheylah und die Zwillingsschluessel
Gegenteil, ich bin gerade dabei, ihn zu beheben.“ Marces Blick huschte zu Sheylah und was sie in seinen Augen sah, gefiel ihr gar nicht. Sein Blick verhieß kein angenehmes Wiedersehen. „Aros, ich möchte, dass du deine Späher auf ihn ansetzt“, sagte Aresto, als er sicher war, dass Marces außer Hörweite war. „Er muss rund um die Uhr bewacht werden.“ Aros nickte. Dann wandte sich der Graf an Sheylah. „Du hast nun alle Vorschläge gehört, aber die Entscheidung liegt letztendlich bei dir. Welchen Weg wirst du gehen?“ Sheylah brauchte nicht lange zu überlegen. „Wir machen es so, wie Andrey gesagt hat. Wenn Lisa schon einmal in die Zukunft geblickt hat, wird sie es sicher auch ein zweites Mal können.“ Die Wahrheit war, dass sie Andrey überallhin gefolgt wäre, aber das konnte sie natürlich nicht sagen. Andrey nickte. „Dann ist es beschlossene Sache. Statten wir der Gräfin einen Besuch ab. Alles war fertig. Die Pferde gesattelt, die Proviantkutschen gepackt und die Männer kampfbereit. Der Plan war simpel, aber waghalsig. Sheylah, Andrey, Djego und fünfhundert Männer würden nach Lichtingen reiten, die restlichen Viereinhalbtausend würden eine Woche später zu den Dunkelbergen aufbrechen und die Skintii angreifen. Diese eine Woche würden Sheylah und Co. benötigen, um von Lichtingen zum Totengebirge zu reiten. Morthon würde seine Truppen – so sah es der Plan vor – zu den Dunkelbergen schicken, um seine Mauern zu verteidigen und in der Zeit würde Sheylah nach der Truhe suchen und das Böse hoffentlich für alle Zeit vernichten. Wenn es doch nur so einfach wäre! Hunderte von Menschen hatten sich vor den Toren versammelt, um Sheylah und ihre Truppe zu verabschieden. Sie jubelten und feierten, als hätten sie den Krieg bereits gewonnen. „Wir werden uns wiedersehen, Sheylah. König Thoren und Zizilia wären stolz auf dich“, sagte der Graf zum Abschied und umarmte sie. Dann wandte er sich an Andrey. „Wir geben euch drei Tage, um nach Lichtingen zu reiten, die Prophezeiung zu erhalten und euch zu erholen. Danach begebt ihr euch zum Totengebirge.“ Aros reichte Sheylah ein silbernes Schwert, das so stark schimmerte, dass es für einen Moment alle Blicke auf sich zog. „Es hat einst Zizilia gehört. Man hat es nach ihrem Tod bis zum heutigen Tage aufbewahrt, möge es dir ein treuer Gefährte sein.“ Sie bedankte sich, überwältigt von seiner Pracht und steckte es in die Scheide. Als sie sich auf ihr Pferd geschwungen hatte, blickte sie noch einmal in die hoffnungsvollen Gesichter der Torger. Bitte Gott, mach, dass ich sie nicht enttäusche , betete sie, dann war es soweit. Unter Jubelrufen und Gebeten ritten sie durch die Tore der Stad. Sheylah blickte zum Himmel. Bald würde die Sonne untergehen und Neela war nicht gekommen. Halte am Tag eurer Abreise Ausschau nach mir, ich werde dort sein, hatte sie gesagt. Das hatte Sheylah getan, aber von Neela war weit und breit nichts zu sehen. „Wo ist sie bloß?“, fragte sie Andrey, doch er antwortete nicht, sondern sah sie nur mitleidig an „Ich bin sicher, es geht ihr gut“, sagte Djego stattdessen. Sie hoffte so sehr, dass er Recht behielt. Sheylah, Andrey und Djego bildeten die Spitze und zogen einen Trupp von fünfhundert Mann hinter sich her. Das Ende der Schlange bildeten drei Kutschen, vollgepackt mit Arznei, Kräutern und Proviant. Sheylah ritt in der Mitte, flankiert von Andrey und Djego. „So etwas hätte ich mir nie erträumen lassen“, schwärmte sie und schaute verträumt dem Sonnenuntergang entgegen. Sicherlich waren die Umstände nicht gerade zum Schwärmen, immerhin hatten sie einen Krieg zu gewinnen, aber es hatte etwas, mit fünfhundert Männern durch die Wüste zu reiten. Andrey und Djego tauschten spöttische Blicke, was ihr natürlich nicht entging. „Könnt ihr mal damit aufhören?“, verlangte sie und stieß Andrey den Ellenbogen in die Rippen. Er rutschte zur Seite und sein Pferd wieherte trotzig. „Warum werde immer ich bestraft?“, fragte er grinsend und rieb sich die Seite. „Djego hat genauso gelacht.“ Sheylah musste lachen. Manchmal vergaß sie doch tatsächlich, wie alt er war. Mit Djego zusammen benahm er sich immer wie ein aufgeweckter junger Bursche. „Schon, aber Djego ist nicht unsterblich. Du kannst ruhig ab und an Prügel beziehen – es schadet dir ja nicht“, antwortete sie, ohne jegliches Mitgefühl. Djego machte eine Unschuldsmiene. „Da hörst du’s“, sagte er und alle drei
Weitere Kostenlose Bücher