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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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Nun bin ich zwar vertraut mit Ihren zahlreichen früheren Erfolgen wider alle Chancen, und mir ist durchaus klar, dass die Kräfte, die wir mobilisiert haben, für Sie nur einen Störfaktor darstellen und keine wirksame Abschreckung. Aber wir verfolgen diese Strategie dennoch, und zwar aus taktischen Gründen. Die Muttergesellschaft muss deutlich sichtbar alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Londoner Septembristen zu schützen. Sollte sich dieser Schutz als unwirksam erweisen – und ich hoffe beinahe, dass er es tut –, muss die Muttergesellschaft deutlich sichtbar Strafen verhängen – Strafen von einer Intensität, die unsere arabischen Freunde zufriedenstellt. Und Sie wissen ja, wie diese Leute sind. Um ihren Rachedurst zu stillen, wären wir gezwungen, etwas sehr Durchgreifendes und sehr … Fantasievolles zu tun.«
    Hel schwieg einen Moment. »Ich sagte Ihnen zu Beginn unserer Plauderei, dass ich eine Frage an Sie hätte, Krämer. Hier ist sie. Warum sind Sie hierhergekommen?«
    »Das sollte sich doch von selbst beantworten.«
    »Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Warum sind Sie gekommen? Warum haben Sie keinen Boten geschickt? Warum zeigen Sie mir Ihr Gesicht und gehen das Risiko ein, dass ich mich an Sie erinnere?«
    Einen Moment starrte Diamond ihn an. »Ich will ehrlich zu Ihnen sein …«
    »Brechen Sie meinetwegen nur nicht mit liebgewordenen Gewohnheiten!«
    »Ich wollte Sie persönlich vom Verlust Ihres Grundbesitzes in Wyoming unterrichten. Ich wollte Ihnen persönlich das ganze Ausmaß der Strafen ausmalen, die ich ersonnen habe, sollten Sie die Unvorsichtigkeit begehen, der Muttergesellschaft nicht zu gehorchen. Das bin ich meinem Bruder schuldig.«
    Hels ausdrucksloser Blick richtete sich auf Diamond, der steif vor Trotz dastand, einen Schimmer in seinen Augen, der die Angst in ihm verriet. Er hatte einen gefährlichen Schritt gewagt, dieser Krämer. Er hatte den Schutz der Gesetze und Systeme verlassen, hinter denen sich Organisationslakaien wie er gewöhnlich verbergen und aus denen sie ihre Macht schöpfen, und war das Risiko eingegangen, Nikolai Alexandrowitsch Hel sein Gesicht zu zeigen. Diamond war sich im Unterbewussten klar über seine abhängige Anonymität, über seine Rolle als gesellschaftliches Insekt, das hektisch in den Nestern von Profit und Erfolg herumstöberte. Wie andere seiner Kaste auch, fand er inneren Trost in der Cowboylegende. In diesem Augenblick sah Diamond sich selbst als mannhaften Individualisten, der mutig die staubige Straße einer Hollywood-Kulisse entlangschreitet, die Hand nur Zentimeter über dem Computer in seinem Holster. Es ist bezeichnend für die amerikanische Kultur, dass der Cowboy zu ihrem prototypischen Helden wurde: ein ungebildeter, ungeschliffener Wanderarbeiter der Viktorianischen Zeit. Im Grunde war Diamonds Rolle absurd: der Tom Mix des Big Business als Gegner eines yojimbo mit Garten. Diamond verfügte über das ausgedehnteste Computersystem der Welt; Hel hatte ein paar Karteikarten. Diamond hatte alle Regierungen des industrialisierten Westens in der Tasche; Hel hatte ein paar baskische Freunde. Diamond repräsentierte Atomenergie, die Ölvorräte der Erde, die Symbiose von Militär und Industrie, die korrupten und korrumpierenden Regierungen, eingesetzt von einer Masse, die sich der Verantwortung entledigen wollte; Hel dagegen repräsentierte shibumi, ein verblasstes Konzept zurückhaltender Schönheit. Und doch war deutlich, dass Hel bei jedem Kampf, den sie ausfechten mochten, einen nicht unbeträchtlichen Vorteil besaß.
    Hel wandte den Blick ab und schüttelte unmerklich den Kopf. »Es muss sehr unangenehm sein, Ihre Rolle zu spielen.«
    Während des beiderseitigen Schweigens hatten sich Diamonds Fingernägel tief in seine Handflächen gegraben. Jetzt räusperte er sich. »Was immer Sie von mir halten mögen, ich kann nicht glauben, dass Sie die Ihnen noch verbleibenden Jahre für eine Geste opfern wollen, die bei niemandem Anerkennung fände, außer bei diesem unbedarften bourgeoisen Küken, das ich beim Dinner kennengelernt habe. Ich glaube, ich weiß schon, was Sie tun werden, Mr. Hel. Sie werden diese Angelegenheit in aller Ruhe überdenken und zu dem Schluss kommen, dass eine Handvoll sadistischer Araber es nicht wert sind, dieses Heim und das Leben, das Sie sich hier aufgebaut haben, für sie zu opfern; Sie werden einsehen, dass Ihre Ehrenschuld sich nicht auf die verzweifelten Hoffnungen eines kranken und

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