Shibumi: Thriller (German Edition)
hier bei Ihnen getan habe?«
»Eine gewisse Sorte von Feiglingen, ja. Die nämlich, die Angst vor der eigenen Feigheit hat.«
Diamond stieß ein hohles Lachen aus. »Sie hassen mich wirklich, nicht wahr?«
»Ganz und gar nicht. Denn Sie sind kein Mensch, Sie sind der bloße Lakai einer Organisation. Man kann nicht Sie als Individuum hassen; man kann nur die gesamte Bande hassen. Auf jeden Fall gehören Sie nicht zu denen, die so intensive Gefühle wie Hass erwecken. Abscheu wäre eine treffendere Bezeichnung.«
»Und trotz aller Geringschätzung, die Sie aufgrund Ihrer Abstammung und Ihrer Erziehung gegen uns hegen, sind es solche wie ich – wir, die Sie höhnisch als Kaufmannskaste abtun –, die Sie engagieren und von Ihnen ihre schmutzige Arbeit tun lassen.«
Hel zuckte gelassen die Achseln. »Das ist schon immer so gewesen. Während der ganzen Menschheitsgeschichte haben die Händler sich feige hinter die Mauern der Städte verkrochen, während die Ritter kämpften, um sie zu beschützen; und die Händler haben zum Dank dafür immer gekatzbuckelt und gedienert und die Speichellecker gespielt. Doch eigentlich kann man es ihnen nicht verdenken. Sie sind nicht zum Mut erzogen worden. Und warum auch: Tapferkeit kann man nicht auf die Bank tragen.« Hel las die letzte Karteikarte und warf sie auf den Stapel, den er später wieder einordnen würde. »Na schön, Diamond. Jetzt weiß ich, wer Sie und was Sie sind. Das heißt, jedenfalls weiß ich so viel über Sie, wie ich es für nötig halte.«
»Ich nehme an, Sie haben Ihre Informationen vom Gnom?«
»Ein großer Teil davon stammt von der Person, die Sie den Gnom nennen.«
»Wir würden viel darum geben zu wissen, wie dieser Mann zu seinen Informationen gelangt.«
»Zweifellos. Natürlich würde ich es Ihnen nicht sagen, selbst wenn ich es wüsste. Aber Tatsache ist, dass ich nicht die geringste Ahnung habe.«
»Aber Sie kennen seine Identität und seinen Aufenthaltsort?«
Hel lachte. »Selbstverständlich! Der Herr und ich, wir sind alte Freunde.«
»Er ist nicht mehr und nicht weniger als ein Erpresser.«
»Unsinn! Er ist ein Meister in der Kunst der Informationsbeschaffung. Er hat noch nie Geld dafür genommen, dass er die Fakten verschweigt, die er aus der ganzen Welt zusammenträgt.«
»Nein, aber er versorgt Männer wie Sie mit Informationen, die sie vor Verfolgung durch Regierungen schützen, und damit verdient er eine Menge Geld.«
»Dieser Schutz ist auch eine Menge Geld wert. Aber wenn es Sie beruhigt, Diamond: Der Mann, den Sie den Gnom nennen, ist schwer krank. Er wird das Ende dieses Jahres wohl nicht mehr erleben.«
»Dann werden Sie also bald schutzlos sein.«
»Er wird mir fehlen, weil er ein geistreicher, charmanter Mensch ist. Doch geschäftlich ist sein Verlust für mich nicht weiter relevant. Ich habe mich, wie Fat Boy Ihnen sicher verraten hat, ganz vom Metier zurückgezogen. Also, wie ist es – wollen wir jetzt zur Sache kommen?«
»Vorher hätte ich noch eine Frage an Sie.«
»Ich habe ebenfalls eine Frage an Sie, aber lassen wir das lieber bis später. Und damit wir keine Zeit mit langen Erläuterungen vergeuden, gestatten Sie mir, Ihnen die Lage mit ein paar Sätzen zu schildern, und Sie korrigieren mich, sobald ich mich irre.« Hel lehnte sich mit dem Rücken an die Wand; sein Gesicht lag im Schatten, seine leise Gefängnisstimme klang monoton. »Beginnen wir mit dem Mord an den israelischen Sportlern in München durch den Schwarzen September. Zu den Getöteten gehörte Asa Sterns Sohn. Asa Stern schwört Rache. Zu diesem Zweck organisiert er eine jämmerliche kleine Amateurzelle – denken Sie wegen der Unwirksamkeit seiner Bemühungen aber bitte nicht schlecht von Mr. Stern; er war ein guter Mann, doch er war unheilbar krank und stand zeitweilig unter Drogen. Der arabische Geheimdienst bekommt Wind von seiner Aktivität. Die Araber bitten – wahrscheinlich durch einen OPEC -Vertreter – die Muttergesellschaft, diesen Störfaktor auszuschalten. Die Muttergesellschaft überträgt Ihnen die Aufgabe in der Erwartung, dass Sie dafür Ihre CIA -Rowdies einsetzen. Sie hören, dass die Vergeltungszelle – ich glaube, sie nannten sich die Munich Five – nach London unterwegs ist, um die letzten Überlebenden der Münchner Attentäter zu beseitigen. Die CIA arrangiert einen Präventivschlag auf dem Flughafen Rom. Übrigens, vermute ich richtig, dass die beiden Schwachköpfe drüben im Haus an diesem Überfall beteiligt
Weitere Kostenlose Bücher