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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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Bemerkenswertes. Kein Mensch hatte bisher diesen bestimmten Ziegelstein mit Aufmerksamkeit und Zuneigung betrachtet. Er war der Erste! Niemand hatte bisher das Ohr dieses Mannes so klar und deutlich gesehen. Das musste doch etwas zu bedeuten haben! Nicht wahr?
    Das schwindelerregende Hungergefühl, das zersprungene Spektrum der Realität, das ziellose Dahintreiben waren verlockend angenehm, doch irgendetwas in seinem Innern warnte ihn, dass sie auch gefährlich seien. Er musste da herauskommen, sonst würde er sterben. Sterben? Sterben? Hatte dieses Wort eine Bedeutung?
    Eine kleine, aber heftig drängende Menschenwoge trug ihn zum Parktor hinaus auf eine breite Straßenkreuzung, die mit einem Durcheinander von Militärfahrzeugen, Holzkohlenautos, klingelnden Straßenbahnen und wackeligen Fahrrädern vor zweirädrigen, mit unglaublich schweren und unförmigen Lasten beladenen Karren verstopft war. Es hatte einen kleinen Unfall gegeben, daher war der Verkehr in allen Richtungen einen Häuserblock weit zum Stillstand gekommen, während ein hilfloser japanischer Polizist mit riesigen weißen Handschuhen versuchte, zwischen dem russischen Fahrer eines amerikanischen Jeeps und dem australischen Fahrer eines amerikanischen Jeeps zu vermitteln.
    Gegen seinen Willen wurde Nikolai von den Neugierigen, die durch alle Lücken zwischen dem stehenden Verkehr hindurchsickerten und die Verwirrung noch vergrößerten, vorwärtsgeschoben. Der Russe sprach nur Russisch, der Australier nur Englisch, der Polizist nur Japanisch; und alle drei waren in eine heftige Diskussion über Schuld und Verantwortung vertieft. Nikolai wurde gegen die Seite des australischen Jeeps gepresst, dessen Insasse, ein Offizier, voll Unbehagen, aber mit stoischer Ruhe geradeaus starrte, während sein Fahrer wütend schrie, er werde diese Angelegenheit nur allzu gern von Mann zu Mann mit dem russischen Fahrer, dem russischen Offizier, mit beiden zugleich und, wenn es sein müsste, mit der ganzen verdammten Roten Armee regeln.
    »Haben Sie es sehr eilig, Sir?«
    »Was?« Der australische Offizier war überrascht, von diesem zerlumpten Bengel in der verdreckten japanischen Schuluniform auf Englisch angesprochen zu werden. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er an den grünen Augen in dem mageren jungen Gesicht erkannte, dass er keinen Asiaten vor sich hatte. »Selbstverständlich hab ich’s eilig! Ich habe in …«, er drehte das Handgelenk und sah auf die Uhr, »… ich hatte vor zwölf Minuten eine Besprechung!«
    »Ich werde Ihnen helfen«, erklärte Nikolai. »Für Geld.«
    »Wie bitte?« Der affektierte Akzent klang nach dem Englisch der Kolonialherren, die sich nur zu oft berufen fühlen, englischer zu tun als die Engländer.
    »Geben Sie mir Geld, dann helfe ich Ihnen.«
    Der Offizier warf einen zweiten verdrießlichen Blick auf seine Uhr.
    »Na schön. Nun mach schon!«
    Die Australier verstanden nicht, was Nikolai sagte, zuerst auf Japanisch zu dem Polizisten, dann auf Russisch zu dem Offizier der Roten Armee, aber sie hörten mehrmals den Namen »MacArthur«. Die Erwähnung dieses Imperators über dem Tenno zeitigte eine verblüffende Wirkung. Innerhalb von fünf Minuten war eine Schneise durch das Chaos der Fahrzeuge gebahnt, und der australische Jeep wurde auf den Rasen des Parks umgeleitet, wo er querfeldein zu einem breiten Kiesweg gelangen, sich zwischen verblüfften Spaziergängern hindurchwinden und schließlich über einen Bordstein in eine Seitenstraße holpern konnte, so dass er den Verkehrsstau mit den wütend blökenden Hupen und den schrillen Klingeln weit hinter sich ließ. Nikolai war auf den Platz neben dem Fahrer gesprungen. Sobald sie freie Bahn hatten, befahl der Offizier dem Fahrer anzuhalten.
    »Na schön. Was schulde ich dir?«
    Nikolai hatte keine Ahnung vom augenblicklichen Wert ausländischer Währung. Blindlings griff er sich eine Zahl heraus. »Hundert Dollar.«
    »Hundert Dollar? Bist du verrückt?«
    »Zehn Dollar«, verbesserte sich Nikolai hastig.
    »Du nimmst, was du kriegen kannst, wie?«, spottete der Offizier. Aber er zückte die Brieftasche. »Großer Gott! Ich habe überhaupt kein Besatzungsgeld bei mir. Fahrer?«
    »Tut mir leid, Sir. Bin völlig blank.«
    »Hm. Hör zu, ich mache dir einen Vorschlag. Gleich da drüben liegt mein Büro.« Er deutete auf das San-Shin-Gebäude, das Kommunikationszentrum der alliierten Besatzungstruppen. »Komm mit, dann werde ich dafür sorgen, dass du dein Geld bekommst.«
    Im

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