Shimmer
die Baby und seinen anderen Kumpel gekauft hatte: Daisy, sein Tandem, die beste Aufreißermaschine der Welt. Sie hatten gefickt, und die Frau war so erregt gewesen, dass ihr Herz einfach stehen geblieben war. Das war ein ziemlicher Schock für Cal gewesen. Klar, sie war älter, aber sie war eine Frau, verdammt noch mal. Bei einem alten Kerl hätte er mit diesem Risiko gerechnet, doch die Frau hatte ihn regelrecht überrumpelt, als sie abgenippelt war.
Es war im Stadthaus dieser Frau passiert, und zum Glück für Cal war es vor dem Sex nicht zu irgendwelchen Nettigkeiten gekommen. Sie hatte ihm nicht mal einen Drink angeboten, sondern ihn auf direktem Weg durch ihre elegante Eingangstür und in ihr schickes Schlafzimmer geführt, sodass er nichts berührt hatte, nur die Frau selbst, die Laken und die Kissen. Nachdem es passiert war, entdeckte Cal ein Paar Gummihandschuhe in der Küche und wechselte die Bettwäsche. »Pratesi« stand auf dem Label. Cal erinnerte sich noch heute an den Namen und daran, wie gut der Stoff sich auf der Haut angefühlt hatte. Das hatte bestimmt ein Stange Geld gekostet, doch zu guter Letzt hatte es der Frau auch nicht geholfen.
Mit äußerster Sorgfalt hatte Cal sich das Kondom ausgezogen und seinen Körper mit einem feuchten Handtuch abgewischt. Zum Glück hatte die Frau ihn weder küssen noch Oralsex mit ihm haben wollen. Außerdem hatte sie ihn im Voraus bezahlt, sodass er nicht riskieren musste, das Geld aus ihrer Louis-Vuitton-Börse zu fischen. Natürlich hätte er sie unter den gegebenen Umständen auch gänzlich ausrauben können, aber er war kein Dieb. Das Einzige, was er aus dem Haus mitgenommen hatte, waren die Handschuhe gewesen, die schmutzige Bettwäsche und ein Fläschchen mit Schlaftabletten, das er im Badezimmer gefunden hatte. Seit einiger Zeit schon hatte er Schlafstörungen gehabt, und die Frau brauchte die Pillen nicht mehr, so viel stand fest.
Erst nachdem er Wilmington verlassen hatte, hatte Cal sich verrückt gemacht. Er war felsenfest davon überzeugt gewesen, irgendwelche mikroskopischen Spuren hinterlassen zu haben, sodass die Cops nun seine DNA in den Akten hatten. Und auch wenn der Tod der Frau nicht seine Schuld gewesen war, hatte Cal sich noch lange Zeit verfolgt gefühlt.
Doch niemand suchte nach ihm, weder auf der Baby noch an einem der Orte, wo er festmachte. So beruhigte Cal sich nach einiger Zeit wieder. Wahrscheinlich hatte die Frau einen Ehemann, der nicht wollte, dass jemand erfuhr, dass sie für Sex bezahlt hatte.
Außerdem, überlegte Cal, hatte er ihr wenigstens einen glücklichen Abgang verschafft.
Aber dieses Ereignis hatte ihn verändert.
Cal war zu der Überzeugung gelangt, dass Menschen, die noch nie aktiv das Sterben eines anderen begleitet hatten, nicht einmal ansatzweise verstehen konnten, wie man sich dabei fühlte. Und er hatte sich dabei gefühlt, als hätte er irgendwie die Schuld daran gehabt. Natürlich war es der Körper der Frau gewesen, der versagt hatte, nicht seiner; aber er war in ihr gewesen, als es passiert war. In gewissem Sinne war er also verantwortlich dafür – was im Nachhinein betrachtet schwer beeindruckend war.
Doch nicht so beeindruckend wie das, was am frühen Freitagmorgen mit dem Mann geschehen war.
Sein Herz hatte nicht einfach aufgehört zu schlagen, sondern erst, nachdem der Strick ihm die Luft aus dem Leib gedrückt und seinem Leben ein Ende bereitet hatte. Als es vorbei gewesen war, hatte etwas vollkommen Anderes von Cal Besitz ergriffen: eine Wut, wie er sie noch nie gekannt hatte. Ein Teil davon war gegen den toten Mann gerichtet, weil er einer von ihnen war. Ein anderer Teil des Zorns richtete sich gegen Cal selbst, weil er den Mann gewollt hatte, weil er ihn begehrt hatte, weil er es sich erlaubt hatte, eine solche Person zu berühren und körperliche Lust mit ihr zu teilen.
Doch Cal wusste, dass seine Wut zum größten Teil gegen Jewel gerichtet war, die ihm so viel über Rassismus, Hass und Zorn beigebracht hatte ... ein frevelhafter Zorn, nahm er an. Er fragte sich, woher er in diesem Zusammenhang das Wort »frevelhaft« kannte. Wahrscheinlich aus der Bibel. Jedenfalls gefiel es ihm gut genug, dass er es in seine Epistel aufnahm.
Aber Cal hatte nichts von alledem geplant, weder das Töten noch die anschließende Zerstörung. Doch als es dann so weit gewesen war, hatte er das Gefühl gehabt, keine andere Wahl zu haben. Er musste es tun.
Und dann, nachdem die Wut verraucht war und die
Weitere Kostenlose Bücher