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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Unfall gewesen, der vor sechzehn Jahren geschehen war. Doch er würde Sam bis an das Ende seiner Tage verfolgen.
    Nun schaute er auf dieses schöne, neue Wunder hinunter, das ihm und Grace geschenkt worden war, und tiefe, reine Liebe brach wie eine Woge über ihn herein.
    »Daddy ist zu Hause, Sohn«, murmelte er und beugte sich vor, um Joshuas weiches dunkles Haar mit zwei Fingern zu berühren. »Träum süß.«
    Sam drehte sich um und ging zur nächsten Tür, wo die andere große Liebe seines Lebens schlief. Er schloss seine Waffe weg, legte sein Jackett über einen Stuhl, zog sich aus und stapfte barfuß ins Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen. Als er schließlich unter die Decken schlüpfte, konnte er sich nur mit Mühe ein erleichtertes Stöhnen verkneifen.
    Grace wachte trotzdem auf. Sie streckte die Hand nach ihm aus, und Sam zog ihren Kopf vom Kissen, um sie zu küssen. »Tut mir leid«, flüsterte er. »Schlaf weiter.«
    »Hast du Claudia gesehen?«, fragte sie.
    »Es ist fast vier«, erwiderte Sam.
    »Ich habe versucht, sie zum Reden zu bringen.«
    »Und? Kein Glück?« Sam konnte kaum noch die Augen aufhalten.
    »Noch nicht«, antwortete Grace. »Und du? Glück bei deinem Fall?«
    »Nichts, was der Rede wert wäre.«
    »Dann schlaf.«
    Er war lange vor ihr im Reich der Träume.

11
     
    Cal konnte nicht schlafen.
    Er konnte das Verlangen nicht überwinden, wieder draußen auf der Straße zu sein und so zu tun, als wäre er ein Teil der spätabendlichen Freakshow. Es machte ihm nichts aus, wenn sie glaubten, er sei einer von ihnen ... es sei denn, es war jemand wie diese alte Pennerin, die er vor ein paar Nächten auf der Promenade gesehen hatte.
    Er hatte gespürt, wie sie ihn mit ihren neugierigen alten Augen gemustert hatte, und das hatte ihn wahnsinnig gemacht; schließlich war sie nur eine alte Säuferin, und sie hatte einfach kein Recht, über ihn zu urteilen. Doch das taten sie immer – gerade diejenigen, die ganz unten waren. Sie schauten andere Menschen an, als wären sie ihnen überlegen, als hätten sie einen besonderen Dispens, besondere Rechte .
    Vermutlich war die Alte auch jetzt da draußen, frei wie ein stinkender, dürrer alter Vogel, während er in diesem verdammten Zimmer festsaß, das mehr einer Zelle glich.
    Aber es war nicht so schlimm wie eine echte Gefängniszelle.
    Nur wenige Dinge waren so schlimm wie das Gefängnis oder auch nur der Jugendarrest.
    Im Knast war Cal wenigstens von Jewel verschont geblieben, doch das war auch das einzig Gute daran gewesen. All das Böse, das um die Ecken schlich, das aus der Nacht sickerte und mit Schlangenzungen durch die Zellentüren leckte ... Manchmal hatte Cal sich davon erregt gefühlt, doch meistens hatte er sich vor Angst, mit all dem Kinderschändern eingesperrt zu sein, in die Hose gemacht.
    Im Gefängnis hatte er sich tätowieren lassen und später in seiner Epistel darüber geschrieben.
     
    »Wie sich herausstellte, war das eines der Dinge, die mich zum Ziel für sie gemacht haben.
    Sie. Die Leute, die zu hassen Jewel mich gelehrt hat.
    Die Ironie bei dem Tattoo ist, dass ich nur dafür bezahlt habe, weil ich dachte, das sei ein nettes Geschenk für sie. Ein weißes Kreuz in einem roten Kreis mit einem Blutstropfen in der Mitte, richtig hübsch, genau über meinem Herzen. Aber Jewel ist völlig durchgedreht, als ich es ihr gezeigt habe. Sie hat gesagt, dieses Symbol auf meiner weißen Haut kennzeichne mich nicht nur als Rassisten, sondern auch als Pferdearsch, und damit sei ich erst recht zum Ziel für sie geworden.
    ›Da hättest du dir genauso gut ein Schild an die Stirn nageln können‹, hat sie gesagt, ›und darauf schreiben: Kommt schon, ihr Wichser, prügelt mir die Scheiße aus dem Hirn.‹
    Manchmal hat Jewel eine blumige Ausdrucksweise. Ja, sie weiß wirklich, wie man anderen Menschen Mut macht.
    Ich nehme an, eines Tages wird jemand tun, was sie sagt.
    Es ist nur schwer zu sagen, ob es mich interessiert.
    Vielleicht werde ich es sogar begrüßen.
    Immerhin ist mein Leben nicht gerade ein Traum.«
     
    Was Cal vor gut vierundzwanzig Stunden getan hatte, sang noch immer in seinem Blut.
    Doch sollte er dieses Gefühl mit jemandem teilen, würde derjenige ihn vermutlich für eine Art Teufel halten, und das war er nicht.
    Allerdings hatte er das schon einmal getan.
    Einen Tod verursacht.
    Nur hatte er es damals nicht gewollt . Eine Frau hatte ihn aufgegabelt – in Wilmington, North Carolina, nicht weit von dem Ort, wo er

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