Shining Girls (German Edition)
Komplikationen drei Kinder. Mit vierunddreißig setzt sie ihre Ausbildung fort und landet schließlich beim Grünflächenamt.
Die Frauen von Jane machen sich große Sorgen, aber es gibt keinen Beweis dagegen, dass es Margot nicht einfach zu viel geworden ist und sie ihre Sachen gepackt hat, um zu diesem Exfreund zu gehen, den sie in Kanada hat. Und abgesehen davon haben sie auch so schon genügend Probleme. Ein Jahr später wird bei Jane eine Razzia durchgeführt. Acht Frauen werden verhaftet. Die Anwältin verzögert den Prozess Monat um Monat, weil sie auf den Urteilsspruch in einem großen Fall wartet, der, wie sie sagt, die Rechte der Frauen stärken und ihnen für immer die Bestimmungsgewalt über ihren eigenen Körper zusprechen wird.
Kirby
19 . November 1992
Abteilung 1 ist der älteste Teil des Cook-County-Gefängnisses, das derzeit um zwei Blocks erweitert wird, um die vielen Gefangenen unterzubringen. Al Capone hat zu Zeiten hier einen Aufenthalt auf Staatskosten genossen, als es noch einen direkten Eingang von der Straße aus gab. Jetzt bedeutet Hochsicherheitsgefängnis, dass es hinter drei Zäunen liegen muss; man kann immer nur ein Tor nach dem anderen passieren, und auf den Zäunen ziehen sich zweifache Stacheldrahtrollen entlang. Die Fassade mit ihren gotischen Lettern und Löwenköpfen und engen Fensterreihen ist schäbig und verblasst.
Diesem historischen Gebäude wurde nicht die gleiche Pflege und Aufmerksamkeit zuteil wie dem Field Museum oder dem Art Institute, auch wenn im Gefängnis dieselben Besucherregeln gelten: essen verboten, anfassen verboten.
Kirby hat nicht damit gerechnet, auch noch die Stiefel ausziehen zu müssen, damit sie durch das Röntgengerät geschickt werden können. Es kostet sie auf jeder Seite fünf Minuten, die Schnürsenkel aufzumachen und danach wieder zuzubinden.
Sie ist nervöser, als sie es sich selbst eingestehen will. Es ist ein Kulturschock. Es ist nämlich ganz genau wie im Film, nur ist die Anspannung höher, und es riecht schlechter. Überall hängen die Ausdünstungen von Schweiß und Wut, und durch die Wände dringt der dumpfe Geräuschpegel zu vieler Leute, die auf zu engem Raum eingepfercht sind. Der Lack der Sicherheitsschleuse ist abgeplatzt und zerschrammt, besonders um das Schlüsselloch, das ein hallendes Klacken von sich gibt, als der Wachmann aufschließt, um sie durchzulassen.
Jamel Pelletier wartet schon an einem der Tische im Besucherraum auf sie. Er sieht schlechter aus als auf den Fotos in den
Sun-Times
-Ausschnitten, die ihr Chet herausgesucht hat. Die Flechtfrisur mit den vielen kleinen Zöpfchen ist verschwunden, sein Haar ist kurz und gewaschen, aber seine Haut ist fettig. Er hat kleine Pickel auf der Stirn über großen Augen mit dichten Wimpern und breiten Augenbrauen, was ihm ein erschütternd junges Aussehen verleiht, obwohl er inzwischen Mitte zwanzig ist. Die hellbraune Gefängniskluft hängt an ihm wie ein Sack, seine Nummer steht in dicken Ziffern auf seiner Brust. Es ist eine unwillkürliche Geste der Höflichkeit, ihm die Hand schütteln zu wollen, aber er verzieht mit einem amüsierten Schnauben das Gesicht und schüttelt den Kopf.
«Mist. Schon hab ich die erste Regel gebrochen», sagt sie. «Danke, dass du bereit bist, mit mir zu sprechen.»
«Ich dachte, du siehst anders aus», sagt er. «Hast du Schokolade mitgebracht?» Seine Stimme klingt nach Reibeisen. Sie vermutet, das kommt davon, wenn man sich mit einer zusammengerollten Hose am Fenstergitter aufhängt und sich dabei den Kehlkopf eindrückt. Die Vorstellung, noch weitere acht Jahre hier verbringen zu müssen, macht das zu einer durchaus nachvollziehbaren Entscheidung.
«Sorry. Daran hätte ich denken sollen.»
«Wirst du mir helfen?»
«Ich versuch’s.»
«Meine Anwältin hat gesagt, ich soll nicht mit dir reden. Die ist ziemlich sauer.»
«Weil ich sie angelogen hab?»
«Genau. Diese Rechtsverdreher machen so was berufsmäßig. Also versucht man besser nicht, einen Anwalt anzuscheißen, Mann.»
«Es kam mir so vor, als könnte ich auf die Art am meisten über den Fall erfahren. Tut mir leid.»
«Hast du’s mit ihr geklärt?»
«Ich habe ihr Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen.» Kirby seufzt.
«Tja, wenn es für sie nicht okay ist, ist es für mich auch nicht okay», sagt er und steht auf, um zu gehen. Er zuckt mit dem Kopf in Richtung des Wachmanns, der ihn genervt ansieht und auf ihn zukommt, während er nach den Handschellen an
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