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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
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nach. «Kommen Sie in einer Stunde zurück und machen Sie dann das Zimmer.» Er lächelt Kirby vage an. «Wo war ich gerade?»
    «Julia. Politik. Ihre Wut.»
    «Ja. Genau. Aber was hätte ich tun sollen? Mein ganzes Leben stoppen? Jules hätte gewollt, dass ich weitermache, etwas aus meiner Zukunft mache. Und jetzt sehen Sie mal, was aus mir geworden ist. Ich glaube, sie wäre stolz, oder?»
    «Bestimmt.» Kirby seufzt. Vielleicht verdichtet der Tod alles. Macht einen zu einem noch egoistischeren Karrieristen, selbst wenn man hinter der Fassade verletzt und einsam ist.
    «Sie gehen also zu Opferfamilien und sprechen mit den Leuten. Das muss deprimierend sein.»
    «Nicht so deprimierend wie die Tatsache, dass der Mörder ungestraft davonkommt. Ich weiß, dass es lange her ist, aber können Sie sich vielleicht an irgendetwas erinnern, das Ihnen merkwürdig vorkam, als die Polizei sie gefunden hat?»
    «Meinen Sie das ernst? Dass es zwei Tage gedauert hat, bis sie überhaupt gefunden wurde, natürlich. Das ist so schrecklich. Wenn ich bloß daran denke, wie sie dort im Wald gelegen hat, ganz allein.»
    Die Worte sind dermaßen abgenutzt, dass sie Kirby nerven – er hat das schon so oft gesagt, dass sie jede Bedeutung verloren haben. «Sie war tot. Ihr hat das nichts mehr ausgemacht.»
    «Das klingt ja eiskalt, Lady.»
    «Aber es stimmt trotzdem. Deshalb heißt es ja auch, damit
leben
müssen.»
    «Immer mit der Ruhe. Verdammt. Ich dachte, wir verstehen uns.»
    «War da irgendetwas Ungewöhnliches? Irgendetwas, das bei ihrer Leiche gefunden wurde, ihr aber nicht gehörte? Ein Feuerzeug. Schmuck. Ein alter Gegenstand.»
    «Sie hatte nichts für Schmuck übrig.»
    «Okay, danke.» Kirby ist müde. Wie viele dieser Gespräche hat sie jetzt hinter sich? «Sie haben mir sehr geholfen. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.»
    «Habe ich Ihnen von dem Song erzählt?», kommt es von ihm.
    «Daran würde ich mich erinnern.»
    «Für mich hat er jetzt eine ganz besondere Bedeutung. ‹Get It While You Can› – von Janis Joplin.»
    «Sie wirken auf mich nicht wie der typische Joplin-Fan.»
    «Und Julia war es auch nicht. Es war nicht mal ihre Handschrift.»
    «Was war es nicht?» Kirby versucht, sich nicht an diesen Funken Hoffnung zu klammern. Nichts, es ist gar nichts. Genau wie bei Jamel.
    «Auf der Kassette in ihrer Handtasche. Ich glaube, irgendwer muss sie ihr gegeben haben. Sie wissen ja, wie die Mädchen in den Studentenwohnheimen sind.»
    «Ja, die ganze Zeit tauschen sie Kassetten aus und liefern sich in Unterwäsche Kissenschlachten», schnaubt Kirby, um ihr Interesse zu verstecken. «Haben Sie das der Polizei erzählt?»
    «Was?»
    «Dass es nicht ihre Schrift war.»
    «Glauben Sie, eins von diesen Arschlöchern, die sie getötet haben, war Joplin-Fan? Ich glaube, es war eher …» Er zieht eine imaginäre Pistole. «Bumm-bumm! Scheiß auf die Bullen, Mann!» Er lacht über seine eigene schlechte Parodie, und dann legt sich Traurigkeit auf sein Gesicht. «Hey, sind Sie sicher, dass Sie nicht ein bisschen bleiben und was mit mir trinken wollen?»
    Sie weiß, was er meint.
    «Das würde nichts helfen», sagt Kirby.

Harper
    1 . Mai 1993
    Es überrascht ihn, dass sie so in der Nähe bleiben. Trotz Autos und Zügen und der summenden Betriebsamkeit des O’Hare-Flughafens. Sie sind ganz leicht ausfindig zu machen, hat er festgestellt. Meistens bleiben sie im Umkreis der Stadt, die sich immer weiter in die Landschaft ausbreitet, wie Schimmel, der ein Stück Brot befallen hat.
    Sein Ausgangspunkt ist normalerweise das Telefonbuch, aber Catherine Galloway-Peck taucht in den Namenslisten nicht auf. Also ruft er stattdessen ihre Eltern an.
    «Hallo.» Die Stimme ihres Vaters dringt so klar aus dem Apparat, als würde er direkt neben ihm stehen.
    «Ich suche Catherine. Können Sie mir sagen, wo sie ist?»
    «Ich habe euch Burschen schon gesagt, dass sie nicht hier wohnt und dass wir absolut nichts, hören Sie, absolut
nichts
mit ihren Schulden zu tun haben.» Ein abruptes Klicken, gefolgt von einem angenehm monotonen Summton. Ihm wird klar, dass der Mann nicht mehr am anderen Ende der Leitung ist, deshalb wirft er noch einen Vierteldollar in den Schlitz und fängt noch mal von vorne an, tippt bedächtig auf die silberfarbenen Tasten, deren Nummern von anderen Fingern schmuddelig und abgegriffen sind. Es klingelt lange.
    «Ja?» Die Stimme von Mr. Peck klingt misstrauisch.
    «Wissen Sie, wo sie ist? Ich muss

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