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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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kreischte er, und in seiner Stimme lag solche Qual, dass sie ihn beide erschrocken losließen, und dann kamen die Tränen, und weinend brach er zwischen Sofa und Fenster zusammen, und seine Eltern starrten ihn so hilflos an, wie Kinder ein zerbrochenes Spielzeug betrachten mochten, um das sie sich eben noch gestritten hatten. Im Kamin explodierte noch ein Tannenzapfen wie eine Handgranate und ließ sie alle zusammenfahren.
    Wendy gab ihm ein Baby-Aspirin, und Jack legte ihn, ohne dass er widersprach, in sein Bettchen und deckte ihn zu. Kurz darauf war er eingeschlafen, den Daumen im Mund.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Wendy. »Es war ein Rückfall.«
    Jack antwortete nicht.
    Sie sah ihn sanft an, ohne Wut, aber auch ohne Lächeln. »Ich soll mich dafür entschuldigen, dass ich dich ein Schwein nannte. Gut. Ich entschuldige mich. Es tut mir leid. Du hättest ihn trotzdem nicht schlagen dürfen.«
    »Ich weiß«, murmelte er. »Ich weiß es. Ich habe keine Ahnung, welcher Teufel mich geritten hat.«
    »Du hast versprochen, dass du ihn nie wieder schlagen willst.«
    Er sah sie wütend an, und dann fiel seine Wut in sich zusammen. Plötzlich erkannte sie voll Mitleid und Entsetzen, wie Jack als alter Mann aussehen würde. So wie jetzt hatte er noch nie ausgesehen. (So wie jetzt. Wie denn?)
    Gescheitert, gab sie sich selbst die Antwort. Er sieht geschlagen aus.
    Er sagte: »Ich glaubte immer, ich würde meine Versprechen halten können.«
    Sie ging zu ihm und legte ihm die Hände auf den Arm. »Nun, das ist jetzt vorbei. Und wenn der Ranger hier nach dem rechten sieht, sagen wir ihm, dass er uns mitnehmen soll. Okay?«
    »Okay«, sagte Jack, und wenigstens in diesem Augenblick meinte er es auch ernst. So wie er es am Morgen danach immer ernst gemeint hatte, wenn er sein blasses, übernächtigtes Gesicht im Badezimmerspiegel sah. Ich werde damit aufhören, sofort aufhören. Aber dem Morgen folgte der Nachmittag, und am Nachmittag fühlte er sich besser. Und dem Nachmittag folgte der Abend. Wie schon ein bedeutender Denker des zwanzigsten Jahrhundert gesagt hatte, es muss immer wieder Abend werden. Er ertappte sich bei dem Wunsch, Wendy möge ihn über die Hecken befragen, ihn fragen, was Danny wohl gemeint hatte, als er sagte Du weißt es, denn du hast es selbst gesehen - Wenn sie es täte, würde er ihr alles sagen. Alles. Er würde ihr von den Hecken erzählen, von der Frau in jenem Zimmer und sogar von dem Wasserschlauch, der plötzlich anders zu liegen schien. Aber wo endete das Geständnis? Konnte er ihr sagen, dass er den Magnetzünder weggeworfen hatte? Dass sie alle schon in Sidewinder sein könnten, wenn er es nicht getan hätte? Aber sie sagte nur: »Möchtest du etwas Tee?«
    »Ja, eine Tasse Tee wäre sehr gut.«
    Sie ging an die Tür, blieb dort stehen und rieb sich den Unterarm. »Es ist genauso meine Schuld wie deine« ,sagte sie. »Was taten wir, als er diesen … Traum hatte, oder was es auch gewesen sein mag?«
    »Wendy –«
    »Wir haben miteinander geschlafen«, sagte sie. »Wie ein paar Teenager, die es mal wieder gejuckt hat.«
    »Hör auf«, sagte er. »Das ist doch nun vorbei.«
    »Nein« antwortete Wendy und sah ihn mit einem seltsam unruhigen Lächeln an. »Es ist nicht vorbei.«
    Sie ging hinaus, um Tee zu machen, und ließ Danny in seiner Obhut.

 
36
     
    DER FAHRSTUHL
     
    Jack erwachte aus einem leichten und unruhigen Schlaf, in dem riesige, schwer definierbare Gestalten ihn über endlose Schneefelder in einen anderen Traum hineingejagt hatten: Dunkelheit, und in dieser Dunkelheit ein Durcheinander von mechanischen Geräuschen – Klicken und Klappern, Summen und Rasseln, Knacken und Rauschen.
    Dann richtete Wendy sich neben ihm auf, und er wusste, dass es kein Traum war.
    »Was ist das?« Ihre Hand, kalt wie Marmor, umschloss sein Handgelenk. Er widerstand dem Impuls, sie abzuschütteln – wie zum Teufel sollte er wissen, was das war? Vom beleuchteten Zifferblatt der Uhr auf seinem Nachttisch las er die Zeit ab. Es war fünf Minuten vor zwölf.
    Wieder das summende Geräusch. Laut und gleichmäßig. Kaum verändert. Dann ein Klappern, als das Summen aufhörte. Ein rasselnder Knall.
    Ein Schlagen. Dann fing das Summen wieder an. Es war der Fahrstuhl.
    Auch Danny setzte sich auf. »Daddy? Daddy!« Seine Stimme klang schläfrig und ängstlich zugleich.
    »Hier sind wir, Doc«, sagte Jack. »Spring zu uns ins Bett. Deine Mommy ist auch wach.«
    Das Bettzeug raschelte, als Danny sich

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