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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wund aussahen.
    »Dann rannten sie hinter mir her«, berichtete Danny. Jack stand auf und trat ans Fenster. Er wandte ihnen den Rücken zu. Danny sah seine Mommy an. »Sie sind mir ganz bis zur Vorhalle hinterher gerannt.« Er bemühte sich angestrengt, ruhig zu sprechen, denn wenn er ruhig blieb, würden sie ihm vielleicht glauben. Mr. Stenger war nicht ruhig geblieben. Er hatte angefangen zu weinen und konnte nicht mehr aufhören, so dass DIE MÄNNER MIT DEN WEISSEN KITTELN gekommen waren, um ihn abzuholen, denn wenn man nicht aufhören konnte zu weinen, bedeutete das, dass man NICHT ALLE TASSEN IM SCHRANK hatte, und wann würde man je zurückkommen? NIEMAND WEISS ES. Sein Parka, die Schneehose und die Schneeschuhe mit den daran klebenden Schneeklumpen lagen auf der Matte vor der großen Doppeltür.
    (Ich werde nicht weinen. Nein, das darf nicht passieren.)
    Und er glaubte, dass er es schaffen würde, aber er zitterte immer noch. Er starrte in das Feuer und wartete darauf, dass Daddy etwas sagte.
    Hohe gelbe Flammen züngelten auf den dunklen Steinen. Ein Tannenzapfen explodierte mit einem Knall, und Funken stoben in den Rauchfang hinauf.
    »Danny, komm bitte her.« Jack drehte sich um. Sein Gesicht war unbewegt und totenblass. Sein Aussehen gefiel Danny überhaupt nicht.
    »Jack –«
    »Ich will, dass der Junge herkommt.«
    Danny glitt vom Sofa und ging zu seinem Daddy.
    »Du bist ein guter Junge. Was siehst du jetzt?«
    Noch bevor er ans Fenster ging, hatte Danny gewusst, was er sehen würde. Jenseits des Gewirrs von Stiefel-, Schlitten- und Schneeschuhspuren, das den Platz markierte, auf dem sie immer übten, zog sich der schneebedeckte Rasen des Overlook bis zum Kunstgarten und weiter bis zum Spielplatz hin. Auf dem makellosen Weiß erkannte man zwei Spuren. Die eine führte schnurgerade von der Vorhalle zum Spielplatz, die andere in einem gewundenen Bogen wieder zurück.
    »Nur meine Spuren, Daddy. Aber –«
    »Und was ist mit den Hecken, Danny?«
    Dannys Lippen fingen an zu zittern. Er würde jeden Augenblick losheulen. Was, wenn er nicht mehr aufhören konnte?
    (Ich will nicht weinen, ich will nicht weinen, ICH WILL NICHT.)
    »Jetzt ist alles mit Schnee bedeckt«, flüsterte er. »Aber, Daddy –«
    »Was ist? Ich habe nichts gehört.«
    »Jack, was soll dieses Kreuzverhör! Siehst du denn nicht, wie aufgeregt er ist? Er ist –«
    »Halt den Mund! Nun, Danny?«
    »Sie haben mich gekratzt, Daddy. Mein Bein –«
    »Du musst dein Bein an der Schneekruste verletzt haben.«
    Dann stand Wendy mit blassem und wütendem Gesicht zwischen ihnen. »Was soll er denn bloß tun?« fragte sie Jack. »Einen Mord gestehen? Was ist nur mit dir los?«
    Der seltsame Ausdruck in seinen Augen schien sich zu verflüchtigen.
    »Ich versuche, ihm den Unterschied zwischen etwas Wirklichem und einer Halluzination zu zeigen, weiter nichts.« Er hockte sich neben Danny, so dass ihre Augen auf gleicher Höhe waren, und zog ihn fest an sich. »Danny, in Wirklichkeit ist es gar nicht passiert. Es war wie eine dieser Trancen, die du manchmal hast. Das ist alles.«
    »Daddy?«
    »Was ist, Dan?«
    »Ich habe mein Bein nicht an der Schneekruste verletzt. Da ist gar keine Kruste. Es ist alles Pulverschnee. Er klebt nicht einmal, dass man Schneebälle machen kann. Weißt du nicht mehr, dass wir eine Schneeballschlacht machen wollten und es nicht konnten?«
    Er spürte, wie sein Vater erstarrte. »Dann war es eben die Treppe zum Eingang«, sagte er.
    Danny rückte von ihm ab. Plötzlich hatte er es. Blitzartig schoss es ihm durch den Kopf, wie er es manchmal erlebte, zum Beispiel bei der Frau, die dem Mann an die Hose wollte. Er starrte seinen Vater mit großen, ängstlichen Augen an.
    »Du weißt, dass ich die Wahrheit sage«, flüsterte er und erschrak über seine eigenen Worte.
    »Danny –« Jacks Gesicht verhärtete sich.
    »Du weißt es, denn du hast es selbst gesehen –«
    Mit einem völlig undramatischen Geräusch klatschte Jacks offene Handfläche in Dannys Gesicht. Der Kopf des Jungen fuhr zurück, und die Finger hinterließen rote Streifen wie Brandmale.
    Wendy stöhnte auf.
    Einen Augenblick waren sie alle drei still. Dann streckte Jack die Hand nach seinem Sohn aus und sagte: »Danny, es tut mir leid, ist alles in Ordnung, Doc?«
    »Du hast ihn geschlagen, du Schwein!« schrie Wendy. »Du verdammtes Schwein!«
    Sie nahm seinen anderen Arm, und einen Augenblick zerrten beide an Danny.
    »Oh, hört doch auf, mich zu ziehen«,

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