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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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damit gepeitscht hätte. Danny fand, dass er aussah wie eine riesige Hauskatze, die vergnügt mit der Maus spielt, bevor sie sie tötet.
    (-fallen-)
    Nein, wenn er jetzt hinfiel, war er tot. Sie würden ihn nie wieder aufstehen lassen. Sie würden sich auf ihn stürzen. Er wedelte wie wild mit den Armen und rannte vorwärts, ständig in Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren. Gehetzt warf er immer wieder einen Blick über die Schulter zurück. Pfeifend ging der Atem durch seine ausgedörrte Kehle. Die Welt bestand nur noch aus glitzerndem Schnee, den grünen Hecken und dem flüsternden Geräusch seiner Schneeschuhe. Und da war noch etwas anderes. Ein leises, gedämpftes, trampelndes Geräusch. Er versuchte, schneller zu laufen, aber es gelang nicht. Er lief jetzt über die im Schnee begrabene Auffahrt, ein kleiner Junge, dessen Gesicht im Schatten seiner Parkakapuze kaum zu sehen war. Der Nachmittag war ruhig und hell.
    Als er sich wieder umschaute, war der erste Löwe nur fünf Schritte hinter ihm. Er grinste. Sein Maul war aufgerissen, seine Lenden wie eine Feder gespannt. Hinter ihm und den anderen konnte er das Kaninchen sehen, das seinen hellgrünen Kopf jetzt aus dem Schnee herausgesteckt hatte, als ob es ihm sein scheußliches, leeres Gesicht zugewandt hatte, um das Ende der Jagd zu beobachten.
    Jetzt, auf dem Rasen vor dem Overlook, zwischen der gewundenen Auffahrt und der Eingangshalle, ließ er seiner Panik freien Lauf und rannte unbeholfen auf seinen Schneeschuhen weiter. Er wagte es nicht mehr, sich umzuschauen und neigte sich immer weiter vor, wobei er die Arme ausstreckte wie ein Blinder, der nach Hindernissen tastet. Die Kapuze glitt ihm vom Kopf und gab sein schreckensbleiches Gesicht frei, in dem jetzt hektische rote Flecken erschienen. Vor Entsetzen quollen ihm die Augen aus den Höhlen. Die Eingangshalle war jetzt ganz nahe.
    Hinter sich hörte er das Knirschen des Schnees.
    Lautlos schreiend stürzte er auf die Stufen und kroch auf Händen und Knien die Treppe hoch, während seine Schneeschuhe hinter ihm klapperten.
    Er hörte ein reißendes Geräusch und spürte einen plötzlichen Schmerz am Bein. Stoff zerriss. Und noch etwas anderes zerriss – vielleicht in seinem Verstand?
    Wütendes Gebrüll.
    Geruch von Blut und Immergrün.
    Er stürzte der Länge nach zu Boden und schluchzte heiser, im Mund einen vollen, metallischen Geschmack wie nach Kupfer. Donnernd schlug ihm das Herz in der Brust. Blut tröpfelte ihm aus der Nase.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er so gelegen hatte, als die Tür zum Foyer aufgerissen wurde und Jack herausstürzte, der nur Jeans und ein paar Hausschuhe trug. Wendy stand hinter ihm.
    »Danny!« schrie sie.
    »Doc! Danny, um Gottes Willen! Was ist los? Was ist passiert?« Daddy half ihm auf. Unter dem Knie war seine Schneehose aufgerissen, und auch die Wollsocke darunter war aufgerissen. An seiner Wade hatte er einen leichten Kratzer … als hätte er sich durch eine dichte Hecke von Immergrün gezwängt und sei in den Zweigen hängen geblieben.
    Wieder schaute er über die Schulter zurück. Weit unten auf dem Rasen waren im Schnee vage eine Anzahl Höcker zu sehen. Die Heckentiere. Zwischen ihnen und dem Spielplatz. Zwischen ihnen und dem Weg.
    Seine Beine gaben nach. Jack fing ihn auf. Danny begann zu weinen.

 
35
     
    DAS FOYER
     
    Er hatte ihnen alles erzählt, nur nicht, was er erlebt hatte, als der Schnee ihm den Ausgang aus der Betonröhre blockierte. Das brachte er nicht über sich. Und wie hätte er auch dieses schleichende, träge Entsetzen beschreiben sollen, als sich dort unten in der kalten Dunkelheit plötzlich das tote Laub bewegte? Aber er hatte erzählt, dass er den Schnee in Klumpen hatte fallen hören. Dass der Löwe sich mit Kopf und Schultern aus dem Schnee gewühlt und ihn gejagt hatte. Er erzählte ihnen sogar von dem Kaninchen, das sich zuletzt umgedreht und zugeschaut hatte. Die drei saßen im Foyer. Jack hatte im Kamin ein großes Feuer angezündet. Danny saß in eine Decke gehüllt auf dem kleinen Sofa, auf dem vor Millionen Jahren die drei Nonnen gesessen und wie Mädchen gekichert hatten, während sie auf ihre Abfertigung am Empfang warteten. Aus einem Becher trank er heiße Nudelsuppe. Wendy saß neben ihm und strich ihm übers Haar. Jack hatte sich auf den Fußboden gesetzt und, während Danny erzählte, schien sein Gesicht immer ernster zu werden. Zweimal holte er sein Taschentuch aus der Tasche und wischte sich damit die Lippen, die

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