Shining
zum Vorschein kommen, wenn die Stunde der Demaskierung heranrückte?
(DICK!)
schrie er so laut er konnte. Sein ganzer Kopf zitterte vor Anstrengung. (!!!OH DICK, BITTE, BITTE, BITTE, KOMM!!!)
Über ihm zählte die Uhr, die er mit dem silbernen Schlüssel aufgezogen hatte, die Sekunden, die Minuten und die Stunden.
TEIL FÜNF
AUF LEBEN UND TOD
38
FLORIDA
Mr. Halloranns dritter Sohn, Dick, in weißer Kochkleidung, eine Lucky Strike im Mundwinkel, setzte seine Cadillac-Limousine auf dem Parkplatz hinter dem Gemüsegroßmarkt zurück und fuhr langsam um das Gebäude herum. Masterton, jetzt Mitinhaber, wenn er sich auch den gesetzlich geschützten Schlurfgang, den er sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg angewöhnt hatte, nicht nehmen ließ, schob gerade einen Behälter mit Kopfsalat in das Innere des großen, dunklen Gebäudes.
Hallorann drückte auf den Knopf, um das Fenster an der Beifahrerseite zu öffnen, und brüllte: »Diese Avocados sind verdammt zu teuer, du Halsabschneider.«
Masterton schaute über die Schulter zurück, grinste breit genug, dass alle drei Goldzähne zu sehen waren, und brüllte zurück: »Und ich weiß genau, wo du sie dir hinstecken kannst, alter Junge.«
»Solche Sprüche merke ich mir, Alter.«
»Hast du deine Gurken gekriegt?« fragte Masterton.
»Ja.«
»Wenn du morgen früh kommst, gebe ich dir ein paar von den feinsten neuen Kartoffeln, die du je gesehen hast.«
»Ich schicke den Jungen«, sagte Hallorann. »Kommst du heute Abend vorbei?«
»Stell schon den Schnaps kalt.«
»Wird gemacht.«
»Ich komme. Fahr nicht zu schnell. Jeder Bulle von hier bis St. Petes kennt dich schon.«
»Was du nicht alles weißt«, sagte Hallorann grinsend.
»Ich weiß mehr, als du je lernen wirst.«
»Hör dir den frechen Nigger an!«
»Mach, dass du wegkommst, oder ich schmeiß’ mit Salat.«
»Nur zu. Umsonst nehme ich alles.«
Masterton tat, als ob er werfen wollte. Hallorann duckte sich, schloss das Fenster und fuhr weiter. Er fühlte sich ausgezeichnet. Während der letzten halben Stunde hatte er den Geruch von Orangen in der Nase gehabt, aber das wunderte ihn nicht sehr. Schließlich war er in einem Obst- und Gemüsegroßmarkt gewesen.
Es war halb fünf Uhr nachmittags am 1. Dezember. Der Winter hatte fast das ganze Land mit Frost überzogen, aber hier unten liefen die Männer mit offenen kurzärmeligen Hemden und die Frauen in leichten Sommerkleidern herum. Das von riesigen Grapefruits umrandete Digitalthermometer auf dem Gebäude der First Bank of Florida ließ immer wieder die Temperatur 26 Grad Celsius aufblitzen. Es lebe Florida, dachte Hallorann, Moskitos hin, Moskitos her.
Hinten in seiner Limousine hatte er zwei Dutzend Avocados und je eine Kiste Gurken, Orangen und Grapefruit. Drei Einkaufstaschen voll Bermudazwiebeln, das schönste Gemüse, das der liebe Gott je wachsen ließ. Dann noch hervorragende Süßerbsen, die als Vorgericht serviert wurden und in neun von zehn Fällen wieder zurückkamen. Außerdem eine einzige blaue Hubbard -Squash, die strikt für den persönlichen Gebrauch bestimmt war.
Hallorann hielt auf der Wendespur an der Ampel vor der Vermont Road, und als der grüne Pfeil aufleuchtete, bog er in den State Highway 219 ab und hielt die Nadel auf vierzig, bis die Stadt mit ein paar Tankstellen, Burger Kings und McDonalds hinter ihm verschwand. Heute hatte er nicht viel eingekauft, er hätte Baedecker schicken können, aber der wollte unbedingt das Fleisch einkaufen, und außerdem verzichtete Hallorann ungern auf die kleinen Streitereien mit Masterton. Masterton kam vielleicht heute Abend, um ein bisschen fernzusehen und ein wenig von Halloranns Bushmill-Whiskey zu trinken. Vielleicht kam er auch nicht. Egal. Aber es war wichtig, ihn gelegentlich zu sehen. Er hatte in der letzten Zeit oft daran gedacht. Es war heute wichtiger als früher, denn sie waren beide nicht mehr jung. Wo sie doch fast sechzig Jahre alt waren (und, wenn man nicht log, sogar noch ein wenig älter). Da musste man sich schon Gedanken über sein Abtreten machen. Man konnte jederzeit sterben. Und damit hatte er sich schon die ganze Woche beschäftigt. Es quälte ihn nicht, aber er sah es als Tatsache. Sterben gehörte zum Leben. Man musste hin und wieder daran denken. Man war Mensch und als solcher sterblich. Vielleicht war es schwer, sich mit seinem eigenen Tod vertraut zu machen, aber wenigstens musste man ihn akzeptieren.
Warum er in letzter Zeit so oft daran
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