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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Leute, die klatschten, ein Mann, der amüsiert aber mit gebieterischer Stimme jemanden dazu veranlassen wollte, eine Rede zu halten. Dreißig Sekunden, vielleicht auch eine Minute lang hatte sie das gehört. Es hatte gereicht, sie vor Entsetzen fast sterben zu lassen. Dann hörte sie nur noch Jack, der in demselben Kommandoton sprach, den sie aus seiner Säuferzeit kannte. Aber im Hotel gab es nichts zu trinken außer dem Sherry in der Küche. Stimmte das nicht? Ja, aber wenn sie sich einbilden konnte, dass es im Hotel Stimmen gab und Musik, konnte sich Jack dann nicht einbilden, sich betrunken zu haben?
    Der Gedanke gefiel ihr nicht. Kein bisschen.
    Wendy stand jetzt im Foyer und schaute sich um. Das samtene Seil, das den Festsaal absperrte, war niedergerissen, die Pfosten, an denen es hing, waren umgekippt, als ob jemand achtlos dagegen gestolpert war. Weiches Licht fiel von draußen herein. Ihr Herz klopfte, als sie die Tür zum Festsaal öffnete und hineinschaute. Leer. Niemand war da. Sie hörte nur dieses komische, kaum wahrzunehmende Geräusch, das in allen großen Räumen schwebt, sei es eine Kathedrale oder ein Spielsalon. Sie ging zur Rezeption, blieb unentschlossen stehen und hörte, wie der Wind draußen heulte. Es war der schlimmste Sturm, den sie bisher erlebt hatten, und er schien noch stärker zu werden. Irgendwo im Westflügel war die Verriegelung eines Fensterladens zerbrochen, und der Laden knallte immer wieder gegen die Wand. Wie auf einem Schießstand, wo nur einer schießt.
    (Jack, darum solltest du dich wirklich kümmern. Sonst könnte etwas hereinkommen.)
    Was sollte sie tun, wenn er jetzt plötzlich vor ihr auftauchte? Wenn er jetzt plötzlich hinter dem Tresen in der Rezeption hervorsprang wie ein mörderischer Kastenteufel, ein grinsender Kastenteufel, ein Hackbeil in der Hand und keinen Verstand im Kopf? Würde sie starr vor Entsetzen stehen bleiben, oder war sie Mutter genug, für ihren Sohn bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen? Sie wusste es nicht. Allein der Gedanke daran machte sie krank – sie hatte das Gefühl, als sei ihr ganzes Leben ein langer Traum gewesen, der sie ohne ihr Zutun eingeschläfert und diesem entsetzlichen Alptraum zugetrieben hatte. Sie war zu weich. Wenn es Ärger gab, schlief sie am liebsten ein. Nie war sie gefordert worden. Jetzt aber war es soweit. Eine schwere Prüfung. Jetzt durfte sie wirklich nicht mehr schlafen. Oben wartete ihr Sohn auf sie.
    Sie nahm das Messer fest in die Hand und schaute über den Tresen. Nichts.
    Sie seufzte erleichtert.
    Sie warf noch einen Blick in das Büro, bevor sie in die Küche ging und das Licht anschaltete. Ständig fürchtete sie, dass sich eine Hand plötzlich auf ihre legte. Aber nichts geschah. Sie stand in Halloranns Küche – jetzt ihre Küche – und sah die blaßgrünen Fliesen, das blitzende Chrom. Sie hatte ihm versprochen, seine Küche in gutem Zustand zu halten, und das hatte sie bisher getan. Hier schien Danny sich wohlzufühlen. Hier sah er sich nicht bedroht. Dies war Halloranns Reich, und das gab auch ihr ein wenig Trost. Danny hatte Hallorann gerufen, und oben in der Wohnung, neben Danny, während ihr Mann unten randalierte, war das für sie ein Hoffnungsschimmer gewesen. Jetzt, da sie in Halloranns Küche stand, verdichtete sich diese Hoffnung. Vielleicht war er schon unterwegs, Sturm oder nicht. Konnte das sein?
    Sie ging zum Vorratsraum und schob den Riegel zurück. Sie nahm eine Dose Tomatensuppe vom Regal und schloss die Tür. Die schloss hermetisch. Ratten und Mäuse hatten hier keine Chance. Man musste nicht fürchten, in Reis, Mehl oder Zucker ihren Dreck zu finden.
    Sie öffnete die Dose und kippte den leicht gelierten Inhalt in die Kasserolle. Sie ging an den Kühlschrank und holte Milch und Eier für das Omelett raus. Dann ging sie in den Tiefkühlraum, wo der Käse lag. Das war alles die übliche Routine. Daraus hatte ihr Leben bestanden, und jetzt war das Overlook Teil ihres Lebens geworden. Und sie war etwas beruhigt, denn in der Küche war sie in ihrem Element.
    Sie ließ Butter in der Bratpfanne zerlaufen, verdünnte die Suppe mit Milch und schlug die Eier in die Pfanne.
    Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass jemand hinter ihr stand und ihr an die Kehle greifen wollte.
    Sie fuhr herum und griff nach dem Messer. Niemand da.
    (Reiß dich zusammen, Mädchen!)
    Sie rieb Käse in die Pfanne und rührte um. Sie stellte die Gasflamme kleiner. Die Suppe war schon heiß. Zusammen mit den

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