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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Bestecken stellte sie den Topf auf ein großes Tablett und holte Teller und Salz und Pfeffer. Als das Omelett anfing zu blubbern, ließ Wendy es auf einen Teller gleiten und stülpte den anderen darüber.
    (jetzt zurück, woher du gekommen bist. Küchenbeleuchtung abschalten. Durch das Büro. Am Schalter vorbei und zweihundert Dollar kassieren.)
    Sie blieb an der Rezeption stehen und setzte das Tablett neben der silbernen Glocke ab.
    Sie stand im dunklen Foyer. Nachdenklich.
    (Es hat keinen Zweck, die Tatsachen zu verdrängen, Mädchen. Es gibt noch Realitäten, so verrückt die Situation auch erscheinen mag. Und eine davon ist, dass du die einzige bist, die in dieser grotesken Lage die Verantwortung trägt. Du musst auf einen Sohn aufpassen, der noch keine sechs Jahre alt ist. Und dein Mann, was auch mit ihm geschehen sein mag, und selbst wenn er gefährlich ist … bist du nicht auch für ihn verantwortlich? Selbst, wenn das nicht der Fall ist: Heute ist der zweite Dezember. Wenn kein Ranger kommt, bist du hier noch vier Monate lang von der Außenwelt abgeschnitten. Selbst, wenn sie sich wundern, warum wir uns noch nicht über CB-Funk gemeldet haben, wird heute keiner kommen … auch morgen nicht … vielleicht erst nach Wochen. Willst du wochenlang mit dem Messer in der Tasche in die Küche schleichen, um das Essen zu bereiten? Bei jedem Schatten zusammenzucken? Glaubst du im Ernst, du könntest Jack aus der Wohnung fernhalten, wenn er hinein will? Er hat den Hauptschlüssel, und ein harter Tritt reicht aus, den Riegel abzubrechen.)
    Sie ließ das Tablett auf dem Tisch stehen, ging langsam zum Speisesaal hinüber und sah sich um. Er war leer. Um einen einzigen Tisch standen Stühle. Es war der Tisch, an dem sie gegessen hatten, bevor ihnen der öde, leere Saal Beklemmungen verursachte.
    »Jack?« rief sie zögernd.
    In diesem Augenblick trieb ein Windstoß Schnee gegen die Fensterläden, aber ihr war, als sei da etwas gewesen. Ein unterdrücktes Stöhnen.
    »Jack?«
    Sie hörte keinen Laut. Aber an der Tür zur Colorado Lounge sah sie im Dämmerlicht einen schwachen Schimmer. Jacks Feuerzeug.
    Sie nahm allen Mut zusammen und stieß die Türflügel weit auf. Der Gingeruch war so stark, dass sie die Luft anhielt. Man konnte es eigentlich nicht einen Geruch nennen, aber zweifellos hing ein Gindunst im Raum. Allerdings waren die Regale leer. Wo, um Himmels Willen, hatte er das Zeug gefunden? Hatte irgendwo eine versteckte Flasche gestanden? Wo?
    Wieder ein Stöhnen, leise, aber deutlich hörbar. Wendy ging an die Bar.
    »Jack?«
    Keine Antwort.
    Sie schaute über die Bar hinweg, und da lag er. Er war bewusstlos und, nach dem Geruch zu urteilen, total besoffen. Er musste versucht haben, über die Bar zu steigen, und war dabei gestürzt. Ein Wunder, dass er sich nicht das Genick gebrochen hatte. Ihr fiel ein altes Sprichwort ein: Kinder und Betrunkene haben einen Schutzengel. Amen.
    Dennoch war sie nicht wütend auf ihn; als sie ihn da so liegen sah, kam er ihr wie ein ungezogener, übermüdeter kleiner Junge vor, der sich zuviel vorgenommen hatte und jetzt auf dem Wohnzimmerteppich eingeschlafen war. Er hatte das Trinken aufgegeben, und es war nicht Jack, der beschlossen hatte, wieder damit anzufangen, außerdem hatte es hier überhaupt keinen Alkohol gegeben. Wo hatte er ihn also her?
    Auf der hufeisenförmigen Bar standen in Abständen leere, mit Stroh umwickelte Weinflaschen, in die man Kerzen hineingesteckt hatte. Sie nahm eine hoch und schüttelte sie. Halb erwartete sie, den Gin darin gluckern zu hören.
    (neuer Wein in alten Flaschen)
    Aber da war nichts. Sie stellte die Flasche wieder hin.
    Jack bewegte sich. Sie ging um die Bar herum, fand die Klapptür und ging hinein, wobei sie einen Blick auf die chromglänzenden Zapfhähne warf. Sie waren trocken, aber als sie nahe an ihnen vorbeiging, konnte sie Bier riechen, nass und frisch, wie einen feinen Nebel.
    Als sie Jack erreichte, rollte er sich herum, öffnete die Augen und sah sie an. Einen Augenblick hatte er einen völlig leeren Blick, dann wurde er wieder klar.
    »Wendy?« fragte er. »Bist du das?«
    »Ja«, sagte sie. »Glaubst du, du schaffst es bis nach oben? Wenn du den Arm um mich legst? Jack, wo hast du –«
    Er packte brutal ihren Knöchel.
    »Jack, was machst du –«
    »Jack hab’ ich dich«, sagte er und fing an zu grinsen. Der abgestandene Geruch nach Gin und Oliven um ihn herum weckte in ihr wieder das alte Entsetzen, ein schlimmeres

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