Shining
lieber nicht denken.
»Kann ich etwas für Sie tun, Sir?« fragte ihn das Mädchen in der gelben Hertz-Uniform.
»Ja, wenn Sie einen Wagen für mich haben«, sagte Hallorann und grinste.
Gegen eine überdurchschnittliche Gebühr bekam er einen überdurchschnittlichen Wagen, einen silberschwarzen Buick Electra. Stil war ihm gleichgültig. Er dachte eher an die steilen Straßen in den Bergen; irgendwo würde er sich Schneeketten beschaffen müssen. Ohne sie würde er nicht weit kommen.
»Wie schlimm ist es denn?« fragte er, als sie ihm den Vertrag zum Unterschreiben reichte.
»Der schlimmste Sturm seit 1969«, sagte sie fröhlich. »Müssen Sie denn weit fahren, Sir?«
»Weiter, als mir Spaß macht.«
»Wenn Sie wollen, Sir, kann ich die Texaco-Station an der Abzweigung zur Route 270 anrufen. Die können Ihnen Ketten geben.«
»Das wäre ein Segen, Liebes.«
Sie nahm den Hörer auf und wählte eine Nummer. »Die Jungs erwarten Sie.«
»Vielen Dank.«
Als er den Schalter verließ, sah er die Frau mit dem hageren Gesicht in einer Schlange stehen. Sie wartete auf ihr Gepäck und las dabei in ihrem Buch. Hallorann zwinkerte ihr zu, als er vorbeiging. Sie sah auf und lächelte. Sie machte das Friedenszeichen.
(er hatte es vorausgesehen)
Er schlug sich den Kragen hoch und lächelte. Er nahm die Tasche in die andere Hand und gab den Gruß zurück. Er fühlte sich jetzt viel besser. Es tat ihm leid, dass er ihr diese alberne Geschichte von der Stahlplatte in seinem Kopf erzählt hatte. In Gedanken wünschte er ihr alles Gute, als er in den heulenden Schneesturm hinaustrat, und war überzeugt, dass sie ihm das Gleiche wünschte.
*
Die Gebühr für die Schneeketten war nicht die Welt, aber Hallorann gab dem Mann zehn Dollar extra, um nicht so lange warten zu müssen. Immerhin wurde es fast zehn Uhr, bis er endlich wegkam. Er hörte das monotone Geräusch der Ketten an den großen Rädern des Buick und das gleichmäßige Klicken des Scheibenwischers.
Die Auffahrt zur Autobahn war eine einzige Katastrophe. Selbst mit den Schneeketten konnte er nicht schneller als dreißig Meilen fahren. Er sah Wagen, die von der Straße abgekommen waren und wie groteske Skelette dalagen. Wagen mit Sommerreifen schafften es nicht. Im Pulverschnee drehten die Räder durch. Hier unten im Flachland (wenn man fünfzehnhundert Meter über dem Meeresspiegel Flachland nennen konnte) war es der erste schwere Sturm in diesem Winter, und es konnte nur noch schlimmer werden. Manche Leute waren darauf nicht vorbereitet, und Hallorann verfluchte diese Idioten, während er an ihnen vorbeizog. Er schaute in den Rückspiegel, ob
(nichts durch den Schnee raste)
die linke Spur frei war und ihm nicht etwa jemand in seinen schwarzen Arsch fuhr.
Noch mehr Pech hatte er an der Auffahrt zur Route 36 am Denver-Boulder-Schlagbaum. Die 36 führt nach Estes Park, wo sie auf die 7 trifft. Diese Straße, Uplands Highway genannt, führt durch Sidewinder am Overlook Hotel vorbei und über die westlichen Hänge nach Utah. Die Auffahrt war durch einen umgekippten Sattelschlepper blockiert. Hell leuchtende Warnlampen standen um das Wrack herum wie Kerzen auf einem Geburtstagskuchen.
Er hielt an und drehte das Fenster herunter. Ein Polizist mit über die Ohren gezogener Pelzkappe winkte ihn mit weiß behandschuhter Hand in den Verkehr Richtung Norden über die 25 ein.
»Da können Sie nicht durch!« schrie er Hallorann an. »Zwei Abfahrten weiter auf die 91, dann bei Broomfield wieder auf die 36!«
»Ich könnte doch links vorbei«, schrie Hallorann zurück. »Das wäre sonst ein Umweg von zwanzig Meilen. Sie spinnen doch!«
»Ich werd Ihnen helfen«, schrie der Polizist. »Diese Auffahrt ist gesperrt und damit basta!«
Hallorann setzte zurück, wartete auf eine Lücke und setzte seinen Weg auf Route 25 fort. An den Verkehrsschildern sah er, dass es noch hundert Meilen bis Cheyenne, Wyoming, war, und wenn er nicht auf seine Abfahrt achtete, würde er dort landen.
Er wagte nicht, schneller als fünfunddreißig zu fahren; die Scheibenwischer wurden schon so kaum mit dem Schnee fertig, und die Verkehrssituation war verrückt. Ein Umweg von zwanzig Meilen. Er fluchte, und erneut hatte er das Gefühl, dass es für den Jungen zu spät werden könnte. Es war keine Zeit zu verlieren. Gleichzeitig ahnte er mit fatalistischer Sicherheit, dass er von diesem Trip nicht zurückkehren würde. Er schaltete das Radio ein und stieß auf eine Wetterdurchsage.
»– schon
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