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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Dunkelheit, nur durch den schwachen Lichtkegel seiner Scheinwerfer ein wenig gemildert, packte ihn wieder der Schrecken. Er hatte Angst wie ein kleines Kind und fühlte sich elend und entmutigt. Nie hatte er sich so einsam gefühlt. Ein paar Minuten lang, während er Sidewinders letzte Lichter im Rückspiegel verschwinden sah, war der Impuls, zu wenden und zurückzufahren, fast nicht zu beherrschen. Er dachte darüber nach, dass Durkin, trotz seiner Sorge um Jack Torrances Jungen, sich nicht erboten hatte, ihn in seinem zweiten Schneemobil zu begleiten.
    (Das Hotel hat hier nun mal einen schlechten Ruf.)
    Er biss die Zähne aufeinander, beschleunigte und sah, dass die Nadel auf über vierzig kletterte, um dann bei fünfundvierzig zu verharren. Das erschien ihm sehr schnell, und doch hatte er Angst, dass er vielleicht nicht schnell genug war. Bei diesem Tempo würde er bis zum Overlook noch etwa eine Stunde benötigen. Aber wenn er schneller fuhr, würde er vielleicht nie ankommen.
    Er hielt den Blick auf die vorbeigleitenden Pfosten der Leitplanken und die auf ihnen angebrachten kleinen Reflektoren geheftet. Viele von ihnen waren unter Schneewehen begraben. Zweimal sah er die Kurvenhinweisschilder gefährlich spät und war schon halb auf den Schneewehen, die über dem Abgrund hingen, um dann gerade noch rechtzeitig dahin zu lenken, wo im Sommer die Straße lag. Der Meilenzähler verzeichnete die Meilen viel zu langsam – fünf, zehn, endlich fünfzehn. Selbst hinter der gestrickten Skimaske wurde sein Gesicht immer starrer, und seine Beine starben langsam ab.
    (Für ein paar Skihosen hätte ich jetzt hundert Dollar bezahlt!)
    Während er die Meilen langsam abspulte, wurde sein Entsetzen immer größer – als ob das Hotel eine Giftatmosphäre hatte, die dichter wurde, je mehr man sich ihm näherte. Das Overlook hatte ihm noch nie richtig gefallen, und es gab Leute, die seine Meinung teilten, aber so wie jetzt hatte er es noch nie verabscheut.
    Er spürte, dass die Stimme, die ihn vor Sidewinder fast hätte verunglücken lassen, immer noch versuchte, zu ihm vorzudringen, durch seine Abwehr hindurch in sein Inneres zu gelangen. Wenn sie fünfundzwanzig Meilen zurück so stark zugeschlagen hatte, welche Kraft würde sie jetzt erst haben? Er konnte sie nicht völlig fernhalten. Etwas von ihr kam durch und überschwemmte sein Gehirn mit finsteren unterschwelligen Bildern. Immer mehr gewann er die Vorstellung einer schwer verletzten Frau in einem Badezimmer, die vergebens die Hände hob, um einen Schlag abzuwehren, und immer deutlicher ahnte er, wer diese Frau sein musste. Es war -
    (Mein Gott, paß doch auf!)
    Die Straßenbegrenzung wuchs vor ihm auf wie ein Güterzug. Während er in Gedanken versunken war, hatte er ein Kurvenhinweisschild übersehen. Hart riss er den Lenker herum, und das Fahrzeug gehorchte, legte sich aber gefährlich auf die Seite. Die Kufen kratzten über den nackten Fels. Er fürchtete umzukippen, aber das Schneemobil glitt auf die Straße zurück. Dann lag der Abgrund vor ihm. Die Scheinwerfer leuchteten über den Schneerand hinweg in leere Dunkelheit. Er konnte gerade noch den Absturz vermeiden, und ekelhaft spürte er seinen Pulsschlag in der Kehle.
    (Bleib auf der Straße, Dicky, alter Junge.)
    Er zwang sich dazu, ein wenig mehr Gas zu geben, und jetzt zeigte die Tachonadel auf knapp fünfzig. Der Wind heulte noch wilder, und die Lichtkegel der Scheinwerfer bohrten sich in die Dunkelheit. Unbestimmte Zeit später fuhr er durch eine Kurve und sah vor sich ein Licht, das sofort wieder verschwand. Er hatte es nur so kurz gesehen, dass es ihm wie Wunschdenken schien, aber in der nächsten Kurve sah er es wieder ein paar Sekunden lang, diesmal schon näher. Es gab keinen Zweifel; er hatte das Licht schon zu oft aus diesem Blickwinkel gesehen. Es war das Overlook. Es sah aus, als ob im ersten Stock und im Foyer Licht brannte.
    Ein Teil seiner Angst – derjenige, der das Fahren betraf und die Gefahr, von der Straße abzukommen oder in einer nicht rechtzeitig erkannten Kurve zu verunglücken – schmolz völlig dahin. Sicher fegte das Schneemobil in den Anfang einer S-Kurve hinein, von der er jeden Meter kannte, und in diesem Augenblick zeigten ihm die Scheinwerfer
    (lieber Gott, was war das?)
    auf der Straße vor ihm. Ganz schwarz und weiß gezeichnet, hielt Hallorann es zuerst für einen riesigen, grässlichen Waldwolf, den der Sturm aus dem Hochland getrieben hatte. Dann, als er näher kam, erkannte

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