Shining
Überraschung und Schmerz laut auf, als er sich mit der Hand auf sein blaues Arbeitshemd schlug und die Wespe erwischte, die ihn gerade gestochen hatte. Dann kletterte er so schnell er konnte auf das Dach und schaute über die Schulter zurück, um zu sehen, ob aus dem Nest, das er eben entdeckt hatte, die Geschwister der Wespe kamen, um den Kampf fortzusetzen. Wenn das der Fall war, konnte es ungemütlich werden; das Nest lag zwischen ihm und seiner Leiter, und die Falltür, durch die man auf den Dachboden gelangen konnte, war von innen verschlossen. Vom Dach bis zu dem Zementstreifen zwischen Hotel und Rasen waren es gute zwanzig Meter.
Die klare Luft über dem Nest war noch ruhig. Nichts regte sich.
Jack pfiff angewidert durch die Zähne und setzte sich rittlings auf den First, um seinen rechten Zeigefinger zu inspizieren. Er schwoll bereits an, und er musste wohl versuchen, am Nest vorbei zu seiner Leiter zu kriechen und nach unten zu gelangen, um ihn mit Eis zu kühlen.
Es war der zwanzigste Oktober. Wendy und Danny waren mit dem kleinen Lastwagen des Hotels nach Sidewinder gefahren (einem älteren, klapprigen Dodge, der aber immer noch zuverlässiger war als der VW, dessen Motor inzwischen so bedenklich keuchte, dass man den Wagen wohl abschreiben konnte), um ein paar Gallonen Milch zu kaufen und einige Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Dafür war es eigentlich noch zu früh, aber man wusste nicht, wann der Schnee liegenblieben würde. Es hatte schon einige Schauer gegeben, und die Straße vom Hotel ins Tal hinunter war schon stellenweise vereist.
Bis jetzt war der Herbst fast unnatürlich schön gewesen. Während der ersten drei Wochen ihres Aufenthalts war ein strahlender Sonnentag auf den anderen gefolgt. Zwar war es morgens kühl, aber gegen Mittag stieg die Temperatur gewöhnlich auf etwa zwölf Grad an, ein geradezu ideales Wetter, um auf dem Dach herumzukriechen und die schadhaften Schindeln zu erneuern. Jack hatte Wendy gegenüber zugegeben, dass er mit der Arbeit schon vor vier Tagen hätte fertig sein können, aber er sah keinen Grund, sich besonders zu beeilen. Die Aussicht von hier oben war herrlich und stellte sogar den Ausblick aus der Präsidentensuite in den Schatten. Wichtiger noch, die Arbeit wirkte auf ihn beruhigend. Hier oben auf dem sanft abfallenden Westdach des Overlook fühlte er, dass die Wunden der letzten drei Jahre heilten. Hier oben war er mit sich im reinen, und die drei Jahre erschienen ihm wie ein turbulenter Alptraum. Die Schindeln waren zum Teil übel verrottet und einige von ihnen in den Stürmen des letzten Winters ganz herausgeweht. Er riss sie alle heraus. »Bomben los!« brüllte er, als er sie über die Seite warf, denn er wollte Danny nicht treffen, der vielleicht gerade unten herumlief. Als die Wespe ihn erwischte, hatte er gerade schadhafte Kehlbleche herausgerissen.
Das Ironische an der ganzen Sache war, dass er sich, immer wenn er aufs Dach stieg, selbst ermahnte, nach Nestern auszuschauen; er hatte außerdem für alle Fälle ein Insektenvertilgungsmittel mitgebracht. Aber heute morgen war alles so völlig still und friedlich gewesen, dass er in seiner Aufmerksamkeit nachgelassen hatte. Er hatte sich in die Welt seines Stücks zurückversetzt, das langsam Gestalt gewann, und über die Szene nachgedacht, an der er abends arbeiten wollte. Das Stück machte gute Fortschritte, und obwohl Wendy wenig sagte, wusste er, dass sie sich freute. Während der letzten unglücklichen sechs Monate in Stovington war er immer wieder an der Schlüsselszene zwischen Denker, dem sadistischen Rektor, und Gary, dem jungen Helden des Stücks, gescheitert. Damals war das Verlangen nach Alkohol so schlimm gewesen, dass er sich kaum auf seine Arbeit in der Schule konzentrieren konnte, geschweige denn auf seine außerdienstlichen literarischen Ambitionen. Aber wenn er sich an den letzten zwölf Abenden an die Schreibmaschine setzte, die er sich aus dem Büro im Erdgeschoß ausgeliehen hatte, schmolzen die Schwierigkeiten wie Zuckerwatte im Mund. Fast mühelos hatte er Züge in Denkers Charakter hineingearbeitet, die früher gefehlt hatten, und er hatte fast den gesamten zweiten Akt, der sich nun um eben diese Schlüsselszene herumrankte, entsprechend umgeschrieben. Und auch der dritte Akt, über den er nachgedacht hatte, bevor die Wespe ihn aus seinen Überlegungen riss, nahm immer mehr Gestalt an. Eine grobe Niederschrift brachte er wohl in zwei Wochen zustande, und bis Neujahr konnte er
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