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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dass sehr viele dieser unerklärlichen Unfälle durch in den Wagen geratene Insekten verursacht werden. Wespe, Biene, vielleicht sogar eine Spinne oder ein Falter. Der Fahrer wird nervös, versucht, das Tier totzuklatschen oder das Fenster herunterzudrehen, um es hinauszuscheuchen. Vielleicht sticht das Insekt ihn. Vielleicht verliert der Fahrer auch so die Kontrolle über seinen Wagen. Wie dem auch sei, ein Knall … und es ist aus. Und dem Insekt passiert gewöhnlich gar nichts. Fröhlich summend steigt es aus den rauchenden Trümmern auf und fliegt den grünen Wiesen entgegen. Der Experte riet den Pathologen, bei der Obduktion solcher Unfallopfer nach Insektengift zu suchen, wie sich Jack erinnerte.
    Während er das Wespennest betrachtete, schien es ihm nicht nur als Symbol für das, was er durchgemacht (und anderen zugemutet) hatte, zu taugen, sondern auch als Omen für eine bessere Zukunft. Wenn er an die ganze Reihe unglücklicher Erfahrungen in Stovington dachte, stellte er sich Jack Torrance gern im passiven Modus vor; er hatte die Dinge nicht getan; sie waren ihm zugefügt worden. Er hatte an der Schule in Stovington eine Menge Leute gekannt, die schwere Trinker waren, zwei von ihnen in der Abteilung für Englisch. Zack Tunney zum Beispiel holte sich jeden Samstag ein ganzes Fass Bier, stellte es auf dem Hinterhof in den Schnee und trank es am Sonntag aus, während er sich Fußballspiele und alte Filme ansah.
    Er und Al Shockley waren Alkoholiker gewesen. Sie hatten sich gesucht und gefunden, zwei Ausgestoßene, gerade noch gesellig genug, um lieber gemeinsam als allein unterzugehen. Während er den Wespen zuschaute, die träge ihren Instinkten folgten, bis sie im herannahenden Winter mit Ausnahme ihrer Königin alle umkommen mussten, spann er seine Gedanken weiter. Er war immer noch Alkoholiker, würde es vielleicht immer bleiben, war es vielleicht gewesen, seit er als Student zum ersten Mal Alkohol getrunken hatte. Das hatte nichts mit Willenskraft zu tun oder mit irgendeiner Trinkmoral oder der Schwäche oder Stärke seines Charakters. Irgendwo in ihm funktionierte eine Schaltung nicht, war ein Unterbrecherkontakt defekt, und er war unaufhaltsam immer weiter abgerutscht, zuerst langsam, dann immer schneller, als die Bedrängnisse in Stovington schlimmer wurden. Eine lange, eingefettete Rutsche, und unten dann ein zertrümmertes herrenloses Fahrrad und ein Sohn mit einem gebrochenen Arm. Jack Torrance im passiven Modus. Und dann sein Jähzorn. Sein ganzes Leben lang hatte er sich vergeblich bemüht, ihn unter Kontrolle zu bekommen. Er erinnerte sich daran, dass eine Nachbarin ihn, als er sieben war, einmal geschlagen hatte, weil er mit Streichhölzern gespielt hatte. Er war nach draußen gegangen und hatte einen Stein gegen ein vorbeifahrendes Auto geworfen. Das hatte sein Vater gesehen und sich wütend auf Klein-Jacky gestürzt. Er hatte ihm den Hintern versohlt und ihm ein Auge blaugeschlagen. Als der Alte wieder ins Haus gegangen war, hatte Jack einen vorbeilaufenden Hund in die Gosse getreten. In der Schule hatte er sich Dutzende Male geprügelt, was ihm zweimal den Ausschluss vom Unterricht und, trotz seiner guten Noten, zahllose Arreststrafen eingetragen hatte. Zum Teil war Football für ihn ein Ventil gewesen, und er hatte sich immer sehr eingesetzt. Er war während seiner Studienzeit ein guter Spieler gewesen und hatte immer in der ersten Mannschaft gespielt. Auch das konnte er auf sein bösartiges Temperament zurückführen. Viel Freude hatte er beim Football nicht gehabt. Kein einziges Spiel machte ihm wirklich Spaß.
    Und doch, er hatte bei alledem nie das Gefühl, ein übler Kerl zu sein. Er kam sich nicht unanständig vor. Er hatte in sich immer nur Jack Torrance gesehen, einen wirklich netten Kerl, der nur lernen musste, sein Temperament zu zügeln, bevor er sich Ärger einhandelte. Der außerdem lernen musste, sein Trinken in den Griff zu bekommen. Aber so gewiss er ein physischer Alkoholiker war, so gewiss war er auch ein emotionaler – die beiden steckten zweifellos beide ganz tief in ihm, wo man sie besser ruhen ließ. Im übrigen war es ihm gleich, ob die ursprünglichen Gründe miteinander zusammenhingen oder nicht, ob es soziologische, psychologische oder physiologische Gründe waren. Er hatte mit den Auswirkungen fertigwerden müssen. Mit bei Schlägereien zerrissener Kleidung. Mit der Prügel, die er von seinem Vater bezog. Später dann mit den Konsequenzen der durchzechten Nächte.

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