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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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der Eliminierung. Es ist so einfach, dass Ellery Queen darüber lachen würde. Früher oder später hätten Sie selbst daran gedacht. Was nun den Vergnügungspark in Great Barrington anbetrifft, wessen Idee war das ursprünglich? Seine oder Ihre?«
    »Seine natürlich«, sagte Wendy. »Im Vormittagsprogramm für Kinder war immer diese Reklame. Er war ganz verrückt danach. Allerdings, Doktor, wir konnten uns das zu der Zeit nicht leisten, und das hatten wir ihm auch gesagt.«
    »Und dann schickte mir ein Herrenjournal, dem ich 1971 eine Geschichte verkauft hatte, einen Scheck über fünfzig Dollar«, sagte Jack.
    »Die Geschichte sollte in einem Sammelband nachgedruckt werden oder etwas Ähnliches. Und wir beschlossen, das Geld für Danny auszugeben.«
    Edmonds zuckte die Achseln. »Wunscherfüllung plus glücklicher Zufall.«
    »Verdammt, ich wette, Sie haben recht«, sagte Jack.
    Wieder lächelte Edmonds ein wenig. »Und außerdem hat Danny mir selbst gesagt, dass Tony ihm oft Dinge zeigt, die nie eintreffen. Visionen, die auf falschen Vorstellungen beruhen, weiter nichts. Danny tut unbewußt, was die so genannten Mystiker und Gedankenleser ganz bewusst und zynisch tun. Ich bewundere ihn deswegen. Wenn das Leben ihn nicht dazu zwingt, seine Antenne einzuziehen, wird aus ihm bestimmt ein sehr vernünftiger Mann.«
    Wendy nickte – natürlich glaubte sie, dass aus Danny ein vernünftiger Mann werden würde –, aber die Erklärung des Arztes klang zu oberflächlich. Edmonds hatte nicht bei ihnen gelebt. Er war nicht dabei gewesen, wenn Danny verlorene Knöpfe fand, wenn er ihr sagte, das Fernsehprogramm liege vielleicht unter dem Bett, wenn er gern mit Gummistiefeln in den Kindergarten gehen wollte, obwohl die Sonne schien … und später an jenem Tage waren sie dann unter ihrem Regenschirm bei strömendem Regen nach Hause gegangen. Edmonds konnte nichts wissen, auf welche seltsame Weise Danny ihrer beider Gedanken vorausahnte. Einmal wollte sie abends zu ungewohnter Zeit eine Tasse Tee trinken, und als sie in die Küche kam, stand ihre Tasse schon da, und ein Teebeutel lag darin. Ein anderes Mal beschloss sie, die fälligen Bücher zur Bibliothek zu bringen, und fand sie mitsamt der Leihkarte säuberlich aufgeschichtet auf dem Flurtisch. Oder Jack hatte sich vorgenommen, das Auto mit Wachs zu behandeln und stellte fest, dass Danny schon draußen am Bordstein saß, um zuzuschauen.
    Laut sagte sie: »Warum denn jetzt diese Alpträume? Warum hat Tony ihm denn gesagt, er solle die Badezimmertür abschließen?«
    »Ich glaube, das ist, weil Tony nicht mehr von Nutzen ist«, sagte Edmonds. »Er wurde geboren – Tony, nicht Danny –, als Sie und Ihr Gatte sich bemühten, Ihre Ehe zu retten. Ihr Mann trank zuviel. Da war dieser Vorfall mit dem gebrochenen Arm. Das unheilvolle Schweigen zwischen Ihnen.«
    Unheilvolles Schweigen. Ja, jedenfalls dieser Satz stimmte genau. Die steifen, ungemütlichen Mahlzeiten, bei denen die einzige Unterhaltung aus ›reich mir bitte die Butter‹ oder ›Danny, iss endlich deine Karotten‹ oder entschuldigt mich bitte‹ bestand. Die Abende, wenn Jack fort war und sie mit leergeweinten Augen auf der Couch lag, während Danny fernsah. Die Vormittage, wenn sie einander wie wütende Katzen umschlichen, zwischen ihnen eine zitternde, verängstigte Maus. Es klang alles wahr; so schrecklich wahr.
    (Lieber Gott, hören alte Narben denn niemals auf zu schmerzen?) Edmonds sprach weiter. »Aber das hat sich geändert. Sie wissen, dass schizoides Verhalten bei Kindern ziemlich häufig auftritt. Es wird akzeptiert, denn unter uns Erwachsenen gilt es als ausgemachte Sache, dass Kinder verrückt sind. Sie haben unsichtbare Freunde. Sie messen einer bestimmten Decke, einem Teddybär oder einem ausgestopften Tiger die Bedeutung eines Talismans bei. Wenn sie deprimiert sind, setzen sie sich vielleicht in einen Schrank, um sich von der Welt abzuschließen. Sie lutschen Daumen. Wenn ein Erwachsener Dinge sieht, die nicht da sind, finden wir, dass er reif ist für die Gummizelle. Wenn ein Kind uns erzählt, es habe ein Gespenst im Schlafzimmer gesehen oder einen Vampir vor dem Fenster, lächeln wir nur nachsichtig. Es gibt einen Satz, mit dem man alle diese Phänomene bei Kindern erklären kann –«
    »Er wird aus diesen Dingen herauswachsen«, sagte Jack.
    Edmonds blinzelte. »Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Dannys Ausgangsposition war so, dass er leicht eine ausgewachsene Psychose hätte entwickeln

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