Shit
alles: vor allem gegen die sonntäglichen Familienausflüge und Besuche bei Verwandten.
Sie wollte lieber mit irgendwelchen Typen aus ihrer Klasse rumhängen. Immer öfter tauchte bei ihm der Verdacht auf, dass seine Tochter „haschte“. Mit seiner Frau wollte er sich nicht darüber unterhalten. Und Anja? Die würde er erst dann ansprechen, wenn er es schwarz auf weiß belegen konnte. Er spionierte seiner Tochter nach, beobachtete sie in der Stadt, öffnete ihre Post, las ihre Mails, nachdem er das Kennwort ihres PC entdeckt hatte, und auch die SMS, wenn das Handy seiner Tochter unbeaufsichtigt im Zimmer lag. Und nach einigen Wochen fand er endlich den Beweis.
Die zeitaufwändigen Recherchen hatten sich gelohnt.
Wenn er seine Tochter mit diesem Wissen konfrontieren würde, könnte sie nichts mehr abstreiten.
Er wusste in dem Moment jedoch nicht, ob er nun zufrieden war oder sich lieber geirrt hätte.
Aber er wusste genau, was er mit dem Brief machen würde.
Damit würde sie nie rechnen.
Doch das war für ihn die einzige wirkungsvolle Maßnahme.
5.
Frau Müller und Olaf Pinger, der Beratungslehrer für Suchtvorbeugung am Schiller-Gymnasium, saßen alleine im Lehrerzimmer.
„Ich befürchte, Marco nimmt Drogen, aber ich weiß nicht, wie ich an ihn herankomme. Der Junge hat sich in letzter Zeit sehr verändert. Sitzt besonders montags vollkommen apathisch im Unterricht. Reagiert meistens verzögert auf Ansprache und schaut mich nur an. Dann habe ich das Gefühl, es läuft alles an ihm vorbei und er versteht manche Fragen überhaupt nicht, weil er in Gedanken weggetreten ist. Von seinem enormen Leistungseinbruch ganz zu schweigen. Kannst du mir weiterhelfen?“, fragte Carola Müller.
Olaf Pinger zuckte mit den Schultern.
„Ehrlich gesagt, ich habe immer gehofft, dass mich nie jemand um Hilfe bittet. Ich bin doch damals an den Posten des Beratungslehrers für Suchtvorbeugung gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Anfangs hatte ich noch die Illusion, dass ich was bewegen könnte. Erinnerst du dich noch, als ich im Kollegium um Unterstützung für suchtpräventive Projekttage mit Schülern gebeten habe? Da hat sich außer dir nur noch die kleine blonde Referendarin gemeldet. Wie hieß die noch mal?“
Carola Müller zuckte mit den Schultern.
„Weiß ich auch nicht mehr. Die wechseln zu häufig.“
„Na ja, ist auch egal. Jedenfalls bin ich im besten Einverständnis mit Dr. Schmidt nie aktiv geworden. Der hat schon mehrere Fälle unter den Teppich gekehrt. Das habt ihr gar nicht mitbekommen. Marco ist nicht der Einzige an unserer Schule, der auf Drogen ist“, stellte Pinger resignierend fest.
„Wie bitte, du weißt das und machst nichts?“, fragte Carola Müller vorwurfsvoll.
„Ja, ja. Schmidt will doch seinen Laden sauber halten. Der hat Angst um den guten Ruf seiner Schule.“
Pinger rieb sich mit der rechten Hand am Ohrläppchen. Wie immer, wenn er nervös war und ihn eine Situation überforderte.
„Ja! Und es kann halt nicht sein, was nicht sein darf“, erwiderte Carola Müller verärgert und blickte nachdenklich aus dem Fenster.
Pinger fühlte sich getroffen, als könne er die Gedanken seiner Kollegin lesen.
„Ich soll keine schlafenden Hunde wecken, hat Schmidt immer gesagt, und wir würden alles schulintern regeln. Weißt du noch, als die Schülerzeitung eine Umfrage auswertete, wer an unserer Schule schon Erfahrung mit Haschisch hat?“
„Ja, klar. Damals hat er die ermittelte Prozentzahl mit einem dicken Eddingstift geschwärzt.“
Olaf Pinger schüttete den heißen Kaffee ein und umfasste die Tasse mit beiden Händen.
„Unser Chef hat immer nur Angst vor sinkenden Schülerzahlen, weil Eltern Kinder nicht auf ein Gymnasium schicken, an dem offensichtlich Drogen konsumiert werden. Wir sind ja die Elite. Lächerlich!“
Carola Müller nickte: „Ja, elitär sind wir in der Tat, aber im Verdrängen. So ein Schwachsinn, als würden an der Schule, die das Problem offen thematisiert und Hilfestellungen anbietet, die meisten Drogen konsumiert. Aber die Eltern lassen sich gerne belügen und machen es Schmidt mit seiner Verdrängungstaktik einfach. Ein Irrsinn im Denken, den man beenden muss.“
Carola Müller goss sich auch einen Kaffee ein. In diesem Moment betrat Dr. Schmidt das Lehrerzimmer und fragte: „Was muss man beenden?“
„Ich habe Herrn Pinger um Hilfe gebeten“, erkärte Carola Müller. „Ich fürchte, dass einer meiner Schüler Drogen konsumiert.“
„Aber liebste
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