Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen
an.«
»Sie mich auch.« Abby stand auf und nahm die weiße Karte entgegen. Dann kam ihr ein entsetzlicher Gedanke. »Bitte, sagen Sie nicht, dass ich in die Leichenhalle kommen und ihn identifizieren muss«, bat sie und hatte plötzlich wieder weiche Knie.
»Nein. Seine Eltern kommen her.«
Sie nickte, wollte nicht an ihre Exschwiegereltern denken und auch nicht an den Schmerz, den sie jetzt durchlebten.
»Übrigens … Ich habe das Verkaufsschild draußen gesehen. Sind Sie im Begriff umzuziehen?«
»Wenn ich das Haus verkauft habe, ja«, antwortete Abby und fragte sich, warum sie plötzlich das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen, so, als wäre seine Frage eine von der Art, die man einem Verdächtigen stellt. Sie rechnete schon fast damit, dass er sie bitten würde, die Stadt nicht zu verlassen, doch er ließ das Thema fallen und fragte nur noch einmal, ob er jemanden anrufen sollte, der ihr Gesellschaft leistete. Als sie ablehnte, versprach er, später mit ihrem Hund zurückzukommen.
Sie begleitete ihn zur Tür und sah von der Veranda aus zu, wie Montoya seinen muskulösen Körper hinter das Steuer seines Streifenwagens klemmte.
Er setzte sein Fahrzeug rückwärts aus der langen Zufahrt, wobei unter den Reifen das Wasser aufspritzte, und bog dann auf die Straße ab.
Als der Wagen Abbys Blicken entschwunden war, brach sie auf der Veranda zusammen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Es war im Grunde dumm, sie liebte Luke ja nicht, liebte ihn schon lange nicht mehr, aber trotzdem hinterließ das Wissen, dass er ermordet worden, dass er für immer fort war, eine große Leere in ihrem Innern.
Wer hatte ihn umgebracht? Hatte er seinen Angreifer gekannt? Hatte die Frau den Abzug gedrückt? Oder hatte ein Dritter die beiden getötet?
Montoya hatte sich, was die Einzelheiten der Todesfälle anging, ziemlich bedeckt gehalten. Wer hatte Luke ermordet? Klar, er hatte Dutzende, wenn nicht Hunderte von Feinden,aber wer war empört und wütend genug gewesen, ihn zu erschießen?
Und warum auch das Mädchen?
Es sei denn, sie waren liiert. Hatten eine sexuelle Beziehung.
So widerlich es auch war, Abby konnte sich durchaus vorstellen, dass Luke fasziniert war von einer Studentin mit strahlendem, unschuldigem Lächeln und einem jungen, geschmeidigen Körper. Er stand seit jeher auf junge Frauen, und jetzt hatte es ihn offenbar das Leben gekostet. Wie hatte ihn jemand überwältigen können? Wo war er entführt worden? Und warum?
Abby wischte sich die Tränen ab, zwang sich, aufzustehen und ins Haus zu gehen.
Reiß dich zusammen, Abby. Lass dich nicht so gehen! Er war nicht mehr dein Mann, und, sei ehrlich, manchmal hast du den Kerl richtig gehasst!
Sie schloss die Haustür ab, legte den Riegel vor und begab sich ins Bad, um zu duschen. Sie musste einen klaren Kopf bekommen. Ändern konnte sie ohnehin nichts mehr. Sie sah auf die Uhr. Ihr blieb gerade noch genug Zeit, sich zurechtzumachen und die Badewanne zu reinigen, bevor sie den allein stehenden Herrn empfangen musste, der das Haus besichtigen wollte.
Schon auf dem Weg ins Bad streifte sie ihre Kleider ab. Ihr Herz war schwer, doch sie biss die Zähne zusammen und sagte sich, dass das Leben weitergehen musste. So traurig sie auch war, sie würde deshalb ihre Pläne nicht ändern.
Das Motto ihres Vaters kam ihr wieder in den Sinn:
Man wächst mit seinen Aufgaben.
»Ja, ja, ich weiß«, sagte sie und drehte die Hähne auf. Der Duschkopf fauchte und spuckte, bevor sich der Wasserstrahl über ihren Körper ergoss und den Schweiß, die Tränen undden Schock abwusch. Abby regelte die Temperatur, ließ das Wasser auf ihre Haut prasseln und griff nach dem Shampoo. Zunächst einmal wollte sie alle Gedanken an Luke und den Mord aus ihrem Kopf verbannen.
5.
A bby Chastain hatte etwas an sich, was ihm nicht ganz echt vorkam. Und was dazukam: Sie war verteufelt sexy und schien es selbst nicht mal zu wissen. Selbst ohne die geringste Spur von Make-up, mit aus dem Gesicht gekämmtem Haar und nach sportlicher Betätigung, wie die Schweißflecken auf ihrem T-Shirt verrieten, sprach sie seine Sinne an.
Dieses Erwachen seiner Sinne, das begann, als er Regentropfen in ihrem Haar schimmern sah und das Shirt ihr am Körper klebte, behagte Montoya nicht. Im V-Ausschnitt ihres T-Shirts hatte er ihren Brustansatz gesehen, hatte beobachtet, wie sich ein Regentropfen den Weg zwischen ihre Brüste suchte, bemerkt, wie ihr nasses Haar ihr herzförmiges Gesicht betonte, und er
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