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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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ich ernsthaft meinen eigenen Tod in Betracht zog.
    Ich wollte, dass Marcus mir sagte, er könne ohne mich nicht leben. Aber er ging auf die Selbstmordnummer nicht ein. Rachel hatte mir auf der Junior High versprochen, sie werde sich über die klassische Musikauswahl meiner Mutter hinwegsetzen und dafür sorgen, dass bei der Beerdigung Pink Floyd gespielt würde, «On the Turning Away», in voller Lautstärke.
    «Es würde ihnen so Leid tun», sagte ich zu Marcus.«Glaubst du, sie würden zu meiner Beerdigung kommen? Und sich bei meinen Eltern entschuldigen?»
    »Yeah. Wahrscheinlich. Aber die Menschen sind schnelllebig. Manchmal vergessen sie dich schon
bei
der Beerdigung – je nachdem, wie gut das Essen ist.»
    «Aber was ist mit ihrer Schuld?», fragte ich. «Wie könnten sie in den Spiegel schauen?»
    Er versicherte mir, dass ein anfängliches Schuldgefühl von jedem guten Therapeuten schnell gelindert werden könne. Ein paar Wochen lang abends auf der Ledercouch, und ein Mensch, der sich gerade noch mit Selbstvorwürfen quälte, werde begreifen, dass nur eine sehr verstörte Seele sich das Leben nahm und dass ein – wenn auch schwer wiegender – Verrat einen gesunden Menschen nicht dazu brachte, sich vor den Zug zu werfen.
    Ich wusste, dass Marcus Recht hatte. Als Rachel und ich im zweiten Jahr auf der High School waren, schoss ein Klassenkamerad, Ben Murray, sich mit dem Revolver seines Vaters auf seinem Zimmer in den Kopf, während seine Eltern vor dem Fernseher saßen. Die Geschichten variierten, aber letzten Endes wussten wir alle, dass er Streit mit seiner Freundin Amber Lucetti gehabt hatte; sie hatte mit ihm Schluss gemacht, weil sie auf Besuch bei ihrer Schwester am Illinois State einen Collegestudenten kennen gelernt hatte. Niemand konnte den Augenblick vergessen, als eine Schulpsychologin Amber aus dem Rhetorikkurs holte, um ihr die furchtbare Nachricht beizubringen. Auch Ambers Klagegeheul, das durch den Flur hallte, war uns unvergesslich geblieben. Wir alle dachten, dass sie vollends den Verstand verlieren und schließlich irgendwo in der Psychiatrie landen würde.
    Aber ein paar Tage später war Amber wieder im Kurs und hielt einen Vortrag über den letzten Börsenkrach. Ich hatte eben meinen eigenen Vortrag darüber gehalten, dass Supermarktkosmetik den teuren Markenprodukten vorzuziehen sei, weil nämlich alles aus denselben großen Fässern mit Öl und Puder komme. Ich bewunderte Amber für ihre Fähigkeit, einen so anspruchsvollen Vortrag zu halten und dabei kaum einen Blick auf ihre Karteikarten zu werfen, während ihr Exfreund im Sarg in der gefrorenen Erde lag. Aber das war nichts im Vergleich zu dem Aufsehen, das sie erregte, als sie es keine drei Monate nach Bens Beerdigung auf dem Frühjahrsball mit Alan Hysack trieb.
    Wenn ich also Rachels und Dex’ Welt zerstören wollte, war Selbstmord vielleicht nicht die Lösung. Damit blieb mir nur noch eins: auf Kurs zu bleiben und mein bezauberndes, perfektes Leben weiterzuführen. Heißt es nicht, Glück sei die beste Rache? Ich würde Marcus heiraten, sein Baby zur Welt bringen und in den Sonnenuntergang reiten, ohne zurückzublicken.
    «Hey. Gib mir doch ein Stück Pizza», sagte ich zu Marcus. «Ich esse ja jetzt für zwei.»
     
    Am selben Abend rief ich meine Eltern an, um ihnen die Neuigkeiten beizubringen. Mein Vater meldete sich, und ich bat ihn, Mom ans andere Telefon zu rufen. «Mom, Dad, die Hochzeit ist abgesagt. Es tut mir so Leid», sagte ich gefasst – vielleicht zu gefasst, denn sofort glaubten sie, ich allein sei daran schuld. Der liebe alte Dex würde doch niemals eine Woche vor dem Hochzeitstermin alles absagen. Meine Mutter drehte den Tränenhahn auf und beteuerte schluchzend, wie sehr sie Dexter liebe, und mein Vaterübertönte sie mit seinem «Jetzt mal ganz langsam, Darcy». Erst jetzt ließ ich die Kleiderschrankbombe platzen. Am Telefon wurde es still wie selten. Sie waren so still, dass ich einen Moment lang glaubte, die Verbindung sei unterbrochen. Schließlich meinte mein Vater, da müsse ein Irrtum vorliegen, denn so etwas würde Rachel niemals tun. Ich hätte es auch niemals vermutet, sagte ich. Aber ich hätte es mit eigenen Augen gesehen: Dex in Boxershorts in Rachels Kleiderschrank. Natürlich erzählte ich meinen Eltern nichts von Marcus oder dem Baby. Ich wollte ihre volle emotionale und finanzielle Unterstützung. Ich wollte, dass sie Rachel die Schuld gaben, der Nachbarstochter, die sie ebenso getäuscht

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