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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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Wohnzimmer aus, als sei dort gerade eine Handgranate explodiert. Und der Esstisch war auch noch nicht gedeckt.
    »Was habt ihr für ein tolles Haus!«, sagte Felicia freundlich, wenn auch ein wenig zu überschwenglich. Aber immerhin, ich wusste ihre Höflichkeit zu schätzen.
    »Äh, ja, vielleicht gehe ich mal und suche Hank«, sagte Kip und trat sofort wieder den Rückzug durch die Haustür an.
    Ich schrie zu den Kindern hoch, sie sollten runterkommen, und begrüßte dann Felicia, aber mein Appell traf auf eisiges Schweigen. Ich konnte sie mir dort oben vorstellen: Eleanore, wie sie auf Henrys Computer surfte, während Alex sich durch Bücher blätterte, die er noch nicht lesen konnte, oder wie sie beide in ihrer »Festung« spielten. Das war eine Ansammlung zusammengeklebter Pappkartons, die ein Labyrinth aus rechtwinklig verlaufenden Tunneln bildeten. Das Ganze sah immer so aus, als würde es jeden Moment zusammenbrechen.
    »Oh«, sagte Felicia, »mach dir wegen mir keine Umstände. Ich könnte dir beim Vorbereiten helfen.«
    Und so kam es, dass Felicia und ich schon eine Stunde, bevor es Essen geben sollte, ziemlich betrunken waren.
    Ich war zurück in die Küche zu dem Huhn gegangen und spülte gerade hektisch das Geschirr und da stand sie plötzlich in der Tür. Sie hatte bereits eine der Weinflaschen entkorkt, lächelte mich fröhlich an und fragte: »Wo habt ihr die Weingläser?«
    Ich hielt inne. Unsere guten Stielgläser standen wahrscheinlich irgendwo angestaubt in einem Schrank, an den ich ohne Stuhl nicht herankam, weil ich zu klein war.
    »Äh, ja, ich glaube …«
    »Mir reicht auch ein Saftglas«, sagte sie. »Oder vielleicht ein altes Marmeladenglas?«
    Ich lehnte mich gegen die Arbeitsfläche, verschränkte die Arme und schaute sie an, nun auch mit einem Lächeln im Gesicht.
    »Ich muss dich warnen«, sagte sie. »Ich habe vor, mir heute Abend mal so richtig die Kante zu geben.«
    »Alles klar«, sagte ich. »Dann bringen wir die Party mal ins Rollen.«
    Diese Männer, die sich schon ihr ganzes Leben lang kennen. Diese Männer, die alle in demselben Krankenhaus geboren, vom selben Geburtshelfer entbunden wurden. Diese Männer, die zusammen aufgewachsen waren, die dasselbe Essen gegessen, in denselben Chören gesungen hatten, mit denselben Mädchen ausgegangen waren, dieselbe Luft geatmet hatten. Sie umkreisen einander wie wilde Tiere, haben ihre ganz eigene Sprache, benutzen ihre eigenen, für alle anderen unsichtbaren Signale. Und manchmal reicht es auch, wenn sie einfach nur Zeit miteinanderverbringen, einen Spaziergang im Wald machen, einen Fernseher anstarren oder auf dem Grill ein paar Steaks wenden. Ich habe ihnen oft dabei zugesehen. Ganze Tage können vergehen, an denen sie einfach nur Holz hacken und gerade mal ein Dutzend Wörter miteinander sprechen. Wenn sie nicht alle dieses Lächeln im Gesicht trügen, das wie eingemeißelt wirkt, dann könnte man meinen, sie wären voneinander gelangweilt oder es würde ein furchtbarer, unaussprechlicher Hass zwischen ihnen lodern. Ich spähte aus dem Fenster in Richtung Gerätescheune. Ich konnte Henrys Fußstapfen im Schnee erkennen, und die braunen Flecken, wo er auf dem Weg zurück ins Haus den Kaffee aus seiner Tasse ausgeschüttet hatte. Ich stellte ihn mir vor, wie er jetzt dort draußen war, zusammen mit Kip, und irgendeinen Motor untersuchte, ein Getriebe inspizierte. Vielleicht hielt Kip ja den Trichter, während Henry das Motoröl nachgoss. Vielleicht sagte Henry: »He, Kip, kannst du mir mal einen Sechzehnerschlüssel geben? Und vielleicht noch einen Vierer?« Und vielleicht sagte Kip, so eifrig wie eh und je: »Weißt du, Hank, ich kenn da einen Typen, der macht dir bestimmt ’nen guten Preis für einen neuen John Deere.« Und vielleicht sagte Hank ja dann, während er die Bemerkung überging, weil er genau wusste, dass wir uns keinen neuen Traktor leisten können: »Ist es wirklich okay für dich hier drinnen, mit deinen schicken Sachen? Soll ich dir nicht lieber eine Arbeitshose oder so was holen?« Und dann Kip: »Nee, geht schon. He, hast du eigentlich mitgekriegt, dass die Girouxs das Land vom Everett gekauft haben? Ich sag dir, noch zwei, drei Jahre, und dann gehört den beiden die ganze Gegend!« Und Henry, der sich völlig auf den Motor konzentriert, sagt: »Ach, echt, hör mal einer an …«
    Ich bin nicht eifersüchtig. Ich weiß, dass ich begehrenswert bin und intelligent und stark und sexy. Meistens verdrehe ich also einfach

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