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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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dem Gottesdienst hier zum Frühstück trifft. Ich bin ja sehr viel rumgereist, aber nur in dieser Gegend hier habe ich es erlebt, dass die Leute ihr Geld in einem Lokal ausgeben, das sie eigentlich hassen, nur weil sie Mitleid mit dem Besitzer haben. Und vielleicht noch deshalb, weil sie dich hier beim Namen kennen.«
    »Und weil es der einzige Laden im Ort ist. Das ist ja auch kein Nachteil.«
    Eddy schaute mich an und zog eine Augenbraue hoch. »Da hast du recht, das ist kein Nachteil, ganz und gar nicht.«
    Irgendwann kam dann auch Mary mit einer vollen Kanne Kaffee zu uns und goss uns ein verbrannt riechendes Gebräu in unsere Tassen. Eddy bestellte das Roastbeef mit Soße und Kartoffelbrei.
    »Howard!!!«, brüllte Mary Richtung Küche. »Roastbeef?« Ihre Stimme ließ mich zusammenfahren. Im Café war es ansonsten so still wie in einer Kirche am Montagmorgen.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ist aus«, sagte sie. »Gestern Abend war hier die Hölle los.« Und dann verdrehte sie die Augen zu der uralten Pressblechdecke.
    »Wie steht’s mit dem gegrillten Zander?«, fragte Eddy.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Cheeseburger?«
    »Das sollte sich machen lassen«, nickte sie. »Ronny, Schatz, möchtest du auch was essen?«
    Ich hatte eigentlich keine Lust dazu, aber ich bestellte mir trotzdem ein Stück Bananenkuchen, weil Eddy mich einladen wollte und weil ich Eddy mochte, und außerdem wollte ich auch nicht zurück in meine Wohnung, obwohl es hier im Restaurant komisch roch. Manchmal will man einfach nur mit jemand anderem Zeit verbringen. Und obwohl mich Eddy sozusagen mit dem Lasso zurück nach Little Wing geschleift hatte, wusste ich, dass er es nur deshalb getan hatte, weil ihm etwas an mir lag.
    Mary ging in den vorderen Teil des Cafés, den, der auf die Hauptstraße hinausgeht, die jetzt wie ausgestorben war – kein Verkehr, keine abendlichen Spaziergänger. Sie setzte sich an einen leeren Tisch, auf dem ein angefangenes Patiencespiel lag, und starrte einen Moment lang aus dem Fenster. Nach einer Weile stand sie wieder auf, ging zurück zur Küche und knallte Howard den Zettel mit unserer Bestellung hin, der ihn dann über dem Herd befestigte und sich daran machte, Eddys Burger zu braten. Das Restaurant füllte sich mit dem Geruch von fettigem Fleisch.
    »Also«, sagte Eddy, »du bist heute einfach nur spazieren gegangen, was? War ganz schön weit weg von Little Wing.« Er schlürfte seinen Kaffee, ordnete die Zuckerund Süßstoffpäckchen nach Farben und stapelte die kleinenMarmeladendöschen nach Geschmacksrichtung übereinander.
    Ich nickte und zuckte mit den Schultern. »Ich hab ja kein Auto.«
    »Aber du weißt doch, jeder im Ort würde dich mitnehmen, du brauchst nur zu fragen. Im Ernst, Henry oder Lee oder sogar Kipper oder ich, wir würden dich bis nach Chicago fahren, wenn du’s willst.« Er spuckte in eine Papierserviette und wischte auf der Theke herum. »So ein Schweinestall«, brummte er.
    Ich schüttete ein Döschen Sahne nach dem anderen in meinen Kaffee und schaute dann zu, wie sich der weiße Strudel drehte.
    »Ich weiß.«
    »Langweilst du dich? Liegt es daran? Willst du einen Job?«
    Ich hob den Kopf und sah Eddy an. Hinter uns in der Küche pfiff Howard ein Lied, das ich noch aus meiner Kindheit kannte. Mein Großvater hatte es auch immer gepfiffen, während wir hinten im Auto saßen und er fuhr. »Magic Moments«, von Perry Como, glaube ich.
    »Das verstehe ich vollkommen«, fuhr Eddy fort. »Wirklich. Die fassen dich alle mit Samthandschuhen an. Und du, du langweilst dich zu Tode. Stimmt’s? Du willst auch was tun, irgendwas beitragen. Lass mich mal darüber nachdenken. Irgendjemand wird doch wohl Hilfe brauchen. Wir werden schon was finden.«
    Er klopfte mir auf den Rücken, genau in dem Moment, als Howard mit zwei Tellern an unseren Platz kam. »Wer von euch bekommt den Kuchen?«
    Ich hob die Hand.
    Während er unsere Teller auf die Theke stellte, gabHoward einen tiefen Seufzer von sich. »Ist verdammt wenig los hier, heut’ Abend.«
    Draußen war es dunkel geworden und ganz leise konnte ich den Klang der Jukebox im VFW hören, der bis auf die Straße hinausschallte. Jemand ließ ein Lied von Bob Seger laufen. In den folgenden Tagen und Wochen begegnete ich Eddy öfter im Ort, wenn er im Auto an mir vorbeifuhr oder mit seiner Familie aus der Kirche kam, und dann winkte er mir immer zu. Aber er hat mich nie wegen irgendeines Jobs angerufen, und nach einer Weile war alles wieder so, wie

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