Shotgun Lovesongs
nur die Augen, wenn es um Henry und seine Freunde geht. Und wie gesagt, Henry ist wirklich ein guter Mensch. Er treibt sich nicht die ganze Zeit in Bars herum wie die Giroux-Zwillinge, jagt nicht irgendwelchen Frauen hinterher oder zwinkert der Bedienung zu. Er arbeitet einfach zu schwer, um noch Zeit für diese Art von Unfug zu haben. Aber zu Beginn unserer Ehe, da kam es mir so vor, als verbinde ihn mit diesen anderen Jungs – mit Lee, mit Ronny, mit den Girouxs, sogar mit Eddy oder Kip – eine Vertrautheit, um die ich ihn beneidete. Und ich wollte diese Vertrautheit auch, diese Gabe, gemeinsam durch die Gegend zu ziehen, nebeneinander herzulaufen, ohne jemals ein Wort zu sagen. Diese Art von Stille.
Die Flasche Oregon Pinot Noir war leer und unsere Gläser waren voll. Der Wein darin schwappte hin und her, während wir in der Küche wild gestikulierten. Felicia hatte eine Van-Morrison-Platte aufgelegt und sich im Schneidersitz auf einen Stuhl gehockt, die Knie hochgezogen und die langen, eleganten Füße zu beiden Seiten ausgestreckt.
»Wie soll ich denn mit all den Erinnerungen konkurrieren, die sie miteinander teilen?«, sagte Felicia. »Wie soll ich das schaffen?«
»Du musst mit niemandem konkurrieren«, sagte ich. »Du gehörst doch jetzt dazu.«
»Also bitte«, blaffte Felicia mich an. »Das ist doch Quatsch! Ihr habt uns alle die kalte Schulter gezeigt. Ich bin doch nicht blöd.«
Das stimmte natürlich, keine Frage, und ich konnte ihr in diesem Moment nicht in die Augen sehen, weilich wusste, dass wahrscheinlich ein paar Tränen darin schwimmen würden. Ich nahm einen tiefen Schluck Wein und wählte meine Worte sehr sorgfältig.
»Es ist doch so«, sagte ich ruhig und nüchtern.
Ich sage meinen Kindern immer: Wenn man euch dabei erwischt, wie ihr lügt oder etwas Falsches tut, dann lasst es einfach bleiben . Kommt nicht mit irgendwelchen Ausflüchten. Hört auf mit dem Gerede. Versucht nicht, euch zu rechtfertigen. Gebt einfach ehrlich zu, dass ihr etwas falsch gemacht habt. Wenn ihr das tut, dann wird am Ende alles besser sein. Ihr werdet einen besseren Eindruck hinterlassen und euch auch besser fühlen . Und wahrscheinlich überrascht ihr euer Gegenüber damit auch noch ziemlich.
»Es tut mir leid, Felicia«, sagte ich. »Es tut mir leid, dass diese letzten paar Monate für euch nicht ganz leicht waren. Henry und ich … Wir hätten dir und Kip wirklich bessere Freunde sein können. Und es tut mir leid. Es ist mein Fehler.«
»Aber ich verstehe es einfach nicht. Was haben wir denn falsch gemacht? Waren es die Paparazzi? Weil, also, ich meine, das war wirklich nicht meine Idee! Und kann ich dir mal was sagen? Das macht mich nämlich total fertig und ich muss es endlich einmal loswerden: Kip hat viel zu viel Geld in diese scheiß Mühle gesteckt und jetzt steht uns das Wasser bis zum Hals. Ohne meinen Job wären wir schon längst vor die Hunde gegangen. Er hat diese Zeitschriften und Boulevardblätter angerufen, weil sie ihm so eine Art Finderlohn bezahlt haben, und den hat er gleich wieder in die Mühle gesteckt«, sagte sie. »Der ganze Mist: hierherzuziehen, die Mühle, die Riesenhochzeit, dieses verdammte Ungetüm von einem Cadillac da draußen – das ist alles ein einziger, gottverdammter Schlamassel!«
Ich hörte, wie die Hintertür aufging und Redwing-Stiefel, Größe 47, auf der Matte scharrten.
»Sie sind zurück«, flüsterte ich.
»Soll er mich doch hören«, krähte Felicia. »Ist mir doch scheißegal.« Sie nahm einen Schluck Wein und spuckte ihn dann fast aus, als sie plötzlich anfangen musste zu kichern. »Was sind wir doch für zickige Weiber, was?«, sagte sie. In diesem Moment liebte ich ihre Verschmitztheit; und dass ihr Lippenstift nicht mehr perfekt gezogen und der Kajal, der ihre großen braunen Augen umrandete, verschmiert war.
»He, Beth«, sagte Henry. »Äh, kann ich dir beim Kochen helfen?«
Das Wort Pasta hat beileibe nichts Billiges oder Würdeloses, nicht im Geringsten. Es ist ein nobles Wort, ein nobles Essen. Im Fernsehen sehe ich immer wieder berühmte Köche, die am laufenden Band ihre eigene, frisch zubereitete Pasta kochen und über die Esskultur in Italien reden; wie Pasta dort eine Art Balsam für die Seele ist, ein tröstliches kulinarisches Wunderwerk, das das italienische Volk nährt und neue Lebensgeister weckt. Diese Köche garnieren ihre Pasta mit unendlich vielen unterschiedlichen Zutaten: mit frischen Kräutern, frischen Meeresfrüchten,
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