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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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selbstgezogenen Tomaten. Es wirkt alles so gesund, so einfach, so elementar und so malerisch.
    Aber wenn ich anderen Müttern bei einem Elternabend oder auf einer Kirchenfeier erzähle, ich sei am Abend zuvor so müde gewesen und hätte es nur noch geschafft, für die Kinder Makkaroni mit Käse zu kochen, dann kann ich die Enttäuschung und Kritik in ihren Gesichtern sehen. Und dabei sind Makkaroni doch auch Pasta.
    Die Kinder waren endlich aus ihren Zimmern aufgetaucht, rieben sich wie ausgehungerte Flüchtlinge die Bäuche und öffneten den Kühlschrank, nur um befremdet und hilflos in sein milchiges Licht zu starren.
    »Mama«, quengelten sie, »wir haben Hunger.«
    Mittlerweile war es schon halb neun und ihre Mutter befand sich auf dem besten Weg, sternhagelvoll zu sein.
    »Makkaroni mit Käse?«, fragte ich.
    Sie nickten begeistert.
    »Dann tut mir einen Gefallen und deckt den Tisch für uns, ja?«, bat ich sie. »Und geht mal rüber zu Kip und Felicia. Sagt ihnen guten Tag und stellt euch vor.« Sie gingen zum Geschirrschrank. Es ist ein Wunder, wie leicht man Kinder dressieren kann. Dabei spielt es keine Rolle, dass sie die Hälfte dessen, was man von ihnen verlangt, einfach ignorieren. Was viel wichtiger ist, was mich begeistert, sind solche Momente wie dieser: wenn ich ihnen dabei zuschauen kann, wie sie gehorsam die Teller und das Besteck auf dem Esstisch anordnen, wie zwei wohlerzogene kleine Haushaltshilfen.
    Ich setzte einen Topf mit Wasser auf, streute eine Handvoll Salz hinein und schaltete den Herd an.
    In diesem Moment spürte ich, wie Henry seine kalte, trockene Hand um meine Hüfte legte und mir ins Ohr flüsterte: » Alles okay? « Ich warf einen Blick über seine Schulter ins Esszimmer, wo Kip und Felicia vor dem Plattenspieler standen. Ich konnte sehen, dass sie sich leise stritten. Sie stach ihm ihren Finger in den Bauch, als sei er ein Revolver. Ich dachte: Das sind wirkliche, echte Menschen. Da kann man es sehen, sie streiten sich genau hier, in unserem Haus, wie wirkliche, echte Menschen .
    »Du hast ganz kalte Hände«, sagte ich und fröstelte. »Ich liebe dich. Aber nimm deine Pranken da weg.«
    Ich küsste Henry aufs Kinn. Seine Barthaare fühlten sich kalt und stachelig an. Er roch nach frischer Luft und Diesel und altem Heu.
    »Und außerdem solltest du wohl besser gehen und Kip retten«, sagte ich. »Warum fahrt ihr zwei nicht einfach schnell in die Stadt und kauft uns noch Bier und Wein? Und wenn ihr wieder zurück seid, habe ich vielleicht endlich auch das Essen fertig.«
    »Dann müssten wir uns aber ordentlich beeilen«, sagte Henry. »Der Getränkeladen macht um neun zu.«
    »Na dann mal los«, sagte ich.
    Ich schaute zu, wie Henry zu Kip und Felicia ging, und dann waren die beiden Männer verschwunden, diesmal zur Vordertür hinaus. Man hörte in der Winternacht, wie der Motor des Trucks mit dumpfem Getöse startete, dann das Geräusch der Schneereifen, als sie knirschend über die verschneite Auffahrt rollten, und einen Moment lang beleuchteten die Scheinwerfer das Fenster unseres Wohnzimmers und das Sofa, auf dem die Kinder saßen und Fernsehen schauten.
    »Also«, sagte Felicia. »Wir haben da immer noch diese zweite Flasche Wein, die wir trinken müssen, oder?«
    Als ich an diesem Abend im Bett lag, erschöpft und betrunken vom Wein, hörte ich zu, wie sich Henrys Atmen auf dem Weg in den Schlaf verlangsamte. Ich war müde, aber auch aufgekratzt, jene seltsame Bettschwere, die auf das Hochgefühl folgt, das einen ergreift, wenn man andere Leute zum Abendessen eingeladen hat. Eine Mischung aus Koffein und Alkohol jagte durch mein Blut. Lee nennt das immer den Seitwärtsrausch , wenn man nicht mehr unterscheiden kann, ob man nach oben schwebt oder nach untentreibt. Ich tippte Henry an die Schulter, um ihn aufzuwecken.
    »Kip wird sich mit der Mühle ruinieren«, sagte ich schließlich. Meine Schultern waren ganz kalt, dort, wo sie unter der Bettdecke hervorlugten. Ich rieb meine Füße an Henrys Füßen.
    »Was?«, sagte er und rieb sich die Augen.
    »Felicia hat gesagt, dass Kip sich mit der Mühle überhoben hat und sie ihn ruiniert. Dass sie ohne ihren Job ziemlich in der Klemme sitzen würden.«
    »Ach du Scheiße«, murmelte Henry. »Ja. Irgendwie schien er heute Abend etwas abwesend zu sein.«
    »Sie sind gar nicht so übel, weißt du«, sagte ich. »Die beiden. Ich habe ein schlechtes Gewissen. Weil wir sie nicht schon längst mal eingeladen haben.«
    »Na ja. Ich bin

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