Showdown
sich weitere Unternehmen ansiedelten. Die einmal investierten Gelder für eine Asphaltstraße zogen also riesige Mengen an weiterem Geld für Investitionen in die unterschiedlichsten Unternehmen an. Die wirtschaftliche Entwicklung der USA explodierte gleichzeitig.
Es gibt nichts, mit dem man eine Volkswirtschaft besser ankurbeln könnte als mit Investitionen in eine neue Infrastruktur. Und nichts steigert den Wert einer Volkswirtschaft so sehr wie ebenjene neue Infrastruktur. Es ist eben ein Unterschied, ob ein Staat Geld für Sozialhilfe ausgibt, das in der Bevölkerung zerfließt, ohne einen langfristigen Mehrwert zu schaffen, und im nächsten Jahr die gleichen Zahlungen erneut erfordert oder ob ein Staat Geld ausgibt und damit Infrastruktur schafft, die weitere Investitionen anzieht und auf lange Zeit das Volksvermögen (Kapitalstock) steigert. Sie werden zu Recht anmerken, dass wir in Europa ja nun schon mit ausreichend Autobahnen und Gleisverbindungen ausgestattet sind, und ob eine Erweiterung der A 5 um eine weitere Spur hier wirklich große private Investitionen anzieht, ist auch mehr als fraglich. Aber lösen wir uns von dem Gedanken an den Straßenverkehr. Infrastruktur umfasst viel mehr als nur Asphaltbänder. Auch die Netze der Wasserversorgung gehören zur Infrastruktur. Auf was ich aber eigentlich hinauswill, das ist die Energieinfrastruktur.
Europa ist der einzige Kontinent, der sich klar dafür entschieden hat, seine Energieversorgung so bald und so weit wie möglich auf erneuerbare Energien umzustellen. Ich möchte mich erst gar nicht an der Diskussion um die klimaschädlichen Auswirkungen des CO 2 beteiligen. Die Meinungen sind hier so kontrovers wie dogmatisch. Ich bin auch keinesfalls von der oft diskutierten Peak-Oil-Theorie überzeugt, nach der uns in wenigen Jahren das Öl und das Gas knapp werden. Ganz im Gegenteil. Wenn es jemand wirklich wissen muss, dann »Big Oil«, die großen Öl- und Gaskonzerne dieser Welt. Niemand kennt sich besser darüber aus, was sich wirklich im Inneren unserer Erde abspielt und was dort noch vorhanden ist oder auch nicht. Und wie beim Beobachten von Tieren in freier Wildbahn reicht mir hier das Verhalten der Rudelführer, um meine Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn ExxonMobil, Chevron, Shell und BP auch nur ansatzweise der Überzeugung wären, dass das Öl- und Gaszeitalter bald vorbei sei, hätten sie schon längst damit begonnen, ihre Geschäftsfelder zu verändern und massiv in die Folgetechnologien der erneuerbaren Energien zu investieren. Doch weit gefehlt. Sie machen keinerlei Anstalten, auch nur irgendetwas an ihrem monothematischen Geschäftsmodell »Öl und Gas« zu verändern. Selbst BP , die vor einigen Jahren in diese Richtung schwenkten und sich von »British Petroleum« in »Beyond Petroleum« (Jenseits des Öls) umbenannten, haben diesen Schwenk ab 2011 offiziell wieder aufgegeben. Warum wohl? Warum soll ich also glauben, dass das Thema Öl und Gas bald keines mehr sein wird, wenn die, die es als Einzige wissen müssen, offenkundig vom Gegenteil ausgehen? Ein Mitarbeiter einer amerikanischen Ölfirma in Aserbaidschan sagte mir vor wenigen Jahren: »Wir haben in den letzten Jahren so viel neue Öl- und Gasvorkommen entdeckt, dass wir eher Sorge haben müssen, dass uns der Sauerstoff für die Verbrennung ausgeht, bevor uns der Kohlenstoff ausgeht.« Das war natürlich eine leichte Übertreibung in John-Wayne-Manier, aber es trifft meines Erachtens den Kern. Die weiter vorne angesprochenen konventionellen Gasfunde im östlichen Mittelmeer sind hier nur ein weiterer Mosaikstein.
Doch meine Skepsis gegenüber CO 2 als Klimakiller oder der Peak-Oil-Theorie veranlasst mich keineswegs, weiterhin stur auf diese Brennstoffe zu setzen. Vielmehr erlaubt sie mir, Gas recht entspannt als ideale Brückentechnologie anzusehen auf dem Weg zu einer intelligenteren Epoche mit modernen Energieformen. Es ist einfach archaisch, im Zeitalter des bemannten Marsflugs noch immer um ein Lagerfeuer herumzusitzen, um sich die Füße zu wärmen. Kohle-, Gas- und Ölkraftwerke sind nichts anderes als ein überdimensioniertes zentrales Lagerfeuer mit Wasserkessel. Das mag beim Grillausflug mit Freunden am ersten Mai eine romantische Sache sein, aber als Grundlage einer Energieversorgung der Welt im 21 . Jahrhundert gibt es weiß Gott Fortschrittlicheres. Die Umweltschäden bei der Förderung der herkömmlichen Brennstoffe fehlen leider in der Kalkulation der Energiekosten. Ich
Weitere Kostenlose Bücher