Showdown
finde es durchaus bemerkenswert, wie sich Menschen gegen Windräder als Verschandelung der Landschaft aussprechen, aber die komplette Vernichtung von unzähligen Quadratkilometern Landschaft inklusive Dörfern, Äckern und Wäldern zum Braunkohleabbau schulterzuckend hinnehmen. Die Folgen der Erdölförderung möchte ich eigentlich mit folgender Frage für hinreichend erörtert halten: Sagen Ihnen die Name »Exxon Valdez« oder »Deepwater Horizon« noch irgendetwas?
Beim Thema Erdgasförderung mit Hilfe des sehr umstrittenen Frackings vergiften wir unkontrolliert und für Jahrhunderte unsere Böden und unser Grundwasser. Die Kosten, die die Menschen und die Gesellschaft dafür jetzt und in den nächsten Jahrzehnten zu tragen haben, fehlen in den entsprechenden Strompreisberechnungen. Jene Kosten für das Gesundheitssystem, die Versorgung ganzer Landstriche mit unbelastetem Trinkwasser aus fernen Regionen und die Summen, die für mögliche Sanierungen fällig werden, wenn die großen Bohrfirmen mit ihren Anwälten und Lobbyorganisationen längst weitergezogen sind und mit Unschuldsmiene beteuern werden, dass das damals ja niemand ahnen konnte. Wo läge der Strompreis aus Fracking-Gas, wenn all diese Kosten mit einberechnet wären? Wann kommt der Politiker in die verantwortliche Position, der den Mut hat, diese Kosten schon jetzt überschlägig mit einzufordern oder die Gasunternehmen zu verpflichten, eine unbegrenzte Haftpflichtversicherung für mögliche Folgeschäden abzuschließen? Wenn es kein Risiko gibt, werden die Gasfirmen sicherlich einen Versicherer finden, der ihnen eine solche Versicherungspolice günstig anbietet, oder nicht?!
Das Ganze lässt sich dann noch toppen, wenn wir die Kostenbilanz für den ach so günstigen Atomstrom aufmachen. Während Sie diese Zeilen lesen, dringen Liter um Liter Salzwasserzuflüsse in das Atomlager Asse ein. 12 000 Liter täglich, wenn es vom Schreiben dieser Zeilen bis zu dem Zeitpunkt, an dem Sie diese Sätze lesen, nicht bereits schlimmer geworden ist, was die Experten erwarten. Nur starke Pumpen verhindern bislang den Einbruch des Salzstocks. 126 000 Fässer radioaktiven Abfalls wurden hier für alle Zeiten sicher untergebracht – so der Plan. Nicht mal ein paar Jahre hat es gedauert, bis der Mensch wieder seine Fehlbarkeit mit Demut feststellen musste. Wir sind offenkundig nicht einmal in der Lage, in Köln einen U-Bahn-Schacht ohne Einsturzgefahr hinzubekommen, geschweige denn einen funktionierenden Flughafen in Berlin. Dennoch bilden wir uns ein, ein Endlager für Atommüll unter die Erde basteln zu können, das Hunderttausende von Jahren Sicherheit bringen soll. Beeindruckend! Mindestens so beeindruckend wie die Tatsache, dass man eine solche Technologie überhaupt an den Start gebracht hat, bevor alle Fragen inklusive der wichtigsten beantwortet waren. Der Frage nämlich, wo der ganze unvermeidliche und absolut tödliche Atommüll für die Ewigkeit danach verbleiben soll. Das ist in etwa so, als würde man mit einem Raumschiff zum Mars fliegen in der Hoffnung, dass einem, bis man dort ist, schon irgendeine Idee kommen wird, wie man landet oder wieder zurückkommt. Aber wenn die Lobby stark genug ist und der Profit groß genug, würde auch das vermutlich kein Hindernis sein, wie wir immer wieder feststellen müssen.
Bereits heute rechnet man mit Kosten in Höhe von mindestens vier Milliarden Euro, um diese 126 000 Fässer wieder zu bergen, bevor sie endgültig durchgerostet sind. Vermutlich wird auch dieser Betrag am Ende nicht reichen, was aber für unsere Überlegungen überhaupt keine Rolle spielt. Fakt ist, dass diese Kosten genauso wenig in den Atomstrompreis eingerechnet werden wie die nicht vorhandenen Haftpflichtversicherungen für Atomkraftwerke. Die Schäden durch einen GAU (größter anzunehmender Unfall) eines solchen Atomkraftwerks sind so hoch, dass keine Versicherung der Welt ein solches Risiko übernehmen würde. Oder anders ausgedrückt: Die Prämien wären so hoch, dass sich kein Energieerzeuger diese Versicherung leisten könnte. Müsste er sie dennoch abschließen, wäre er gezwungen, diesen Versicherungsschutz auf den Strompreis umzurechnen. Eine Studie der Versicherungswirtschaft hat Interessantes ergeben. Die Kosten eines solchen GAU würden bei bis zu 6000 Milliarden Euro liegen. Um eine Versicherung eines solchen Schadensereignisses bereitzustellen, würde der Strompreis für Atomstrom von bisher etwa 2 Cent pro Kilowattstunde auf 50
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