Showdown
Zukunft machen? Es ist vollkommen ungewiss, welche Steuern morgen neu erhoben und welche Gesetze aus dem Hut gezaubert werden. In Griechenland kann ein Unternehmer ja noch nicht einmal verlässlich planen, mit welcher Währung er in einem Jahr bezahlen wird. Diese Ungewissheit und das völlige Fehlen jeglicher Planungssicherheit sind das größte Hindernis auf dem Weg zu einer Erholung der europäischen Wirtschaft. Das war der Grund, warum das einst größte Unternehmen an der griechischen Börse, der Getränkeabfüller Coca-Cola Hellenic Bottling, sich aus Griechenland zurückgezogen hat und seinen Sitz – Sie wissen es – in die Schweiz verlegt hat. Da schau an!
Wenn dann noch ein Politkomiker wie Silvio Berlusconi, der mehrfach von Gerichten verurteilt wurde, erneut zu Wahlen antritt und im Vorfeld verspricht, alle bisherigen Maßnahmen über den Haufen zu werfen und getroffene Entscheidungen sogar rückwirkend zu verändern, ist das das exakte Gegenteil von dem, was eine Wirtschaft braucht.
Wir bräuchten dringend einen europäischen Masterplan, der für jeden Staat ganz klar definiert, welche Reformen in den nächsten fünf Jahren anstehen, wie diese aussehen und in welchen Zeitabschnitten sie umgesetzt werden. Die Unternehmen müssen sicher sein können, dass darüber hinaus keine umwälzenden Veränderungen vorgenommen werden. Das wäre das Mindestmaß an Planungssicherheit, die ein Unternehmen, welcher Größe auch immer, benötigt.
Dazu gehört ein klares Bekenntnis der europäischen Staaten, wie das europäische Gebilde in Zukunft aussehen wird. Wir haben Politiker, die sich aus Angst vor den nächsten Wahlen nicht trauen, eine klare Perspektive für Europa zu zeichnen. Ganz gleich, wie diese Perspektive aussieht, ob es wieder unabhängige Einzelstaaten sind, die in lockerer Kooperation zusammenarbeiten, ob es die »Föderierten Staaten von Europa« sind oder ein Kerneuropa der Starken und Willigen. Die Menschen und die Wirtschaft könnten sich auf alles einstellen, aber wir brauchen Politiker, die mutig genug sind, mit ihren Kollegen in den anderen europäischen Staaten eine gemeinsame Vision von einem zukünftigen Europa so detailliert wie möglich zu definieren und ihre Bevölkerung auf diesen gemeinsamen Weg einzuschwören.
Die Entscheidung der europäischen Staaten zu einem solchen gemeinsamen europäischen Masterplan wie auch die Festlegung des spanischen Staates auf eine klare Reformagenda für die nächsten fünf Jahre kosten keinen Euro Staatsausgaben, sie wären aber ein wesentlicher Anschubfaktor für Investoren in ganz Europa.
Die rechtliche, fiskalische und politische Planungssicherheit bildet die erste Grundlage für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Was wir aufgrund der extremen wirtschaftlichen Verwerfungen darüber hinaus dringend brauchen, sind weitere konjunkturelle Beschleuniger.
Die wirkungsvollste Maßnahme, eine Wirtschaftsbelebung auf breiter Basis zu erzeugen, sind Investitionen in die Infrastruktur. Der Aufschwung der USA zur wirtschaftlichen Weltmacht war eng mit enormen Investitionen in die Infrastruktur verbunden. Es war das Geld, das im 19 . Jahrhundert in den Bau der Eisenbahnlinien floss, das aus dem zerfransten kleinteiligen Gebilde der amerikanischen Siedler eine industrielle Macht werden ließ. Das Geld, das die Gleisbauer verdienten, gaben sie direkt im Saloon oder beim Einkauf wieder aus. Der Saloonbesitzer kaufte davon Nachschub an Getränken und so weiter, und so weiter. Das Geld, das in den Bau der Eisenbahn ging, wurde also nicht nur einmal ausgegeben, sondern wechselte x-mal den Besitzer, und jedes Mal kurbelte das die Wirtschaft ein wenig an. An ihren Haltestellen zogen die Eisenbahnlinien unzählige Gewebetreibende an. Parallel zu den Eisenbahnlinien entwickelten sich ganz selbständig die Telegrafenlinien. Mit dem Siegeszug der Eisenbahn wurden die Grundstücke entlang der Trasse immer wertvoller, besonders in den Ortschaften mit Bahnhof. Man kann sagen, die Investitionen in die Infrastruktur Eisenbahn brachten den ersten echten Wohlstandsschub über das breite Amerika. In den 1940er und 1950er Jahren wiederholte sich dieses Phänomen durch den Bau der großen Interstate Highways. Riesige Autobahnen zogen sich plötzlich von Ost nach West durch die USA und brachten den Straßenverkehr erst richtig in Schwung. Auch hier sprossen entlang den neuen Straßen unzählige weitere Geschäfte aus dem Boden. Tankstellen, Diners und Werkstätten, in deren Nähe
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