Showdown
stellen und sich erst, wenn der Wind bläst, darüber Gedanken zu machen, was man mit dem nun erzeugten Strom eigentlich anfangen soll. Wir müssen die Fragen der Speicherung und der intelligenten Weiterleitung ebenso klären wie die Frage, wo und wie wir diese Energie am sinnvollsten herstellen sollten. Mit den alten Brennstoffen konnten wir den Strom immer dann sehr flexibel erzeugen, wenn wir ihn gerade benötigten. Wurde mehr Strom nachgefragt, hat man eben eine Schippe Kohle mehr draufgepackt. Die erneuerbaren Energien sind da unberechenbarer. Man muss die Energie ernten, wenn sie ansteht. Dazu ist es unabdingbar, diese geerntete Energie so lange zu speichern, bis sie gebraucht wird. Hierzu gibt es bereits die unterschiedlichsten Ansätze. Und es wird am Ende verschiedene Speichersysteme geben, die sich ergänzen. Wasserpumpspeicher (Wasser wird bei überschüssigem Strom den Berg hinauf in einen See gepumpt und bei Bedarf wieder durch Turbinen herabgelassen) werden ebenso dazugehören wie sehr schnell drehende Schwungräder und Akkusysteme. Je nach Anwendungssituation hat die eine oder andere Speicherart die Nase vorne.
Die größten Zukunftschancen hat jedoch die Speicherung der Energie in Form von Wasserstoff. Sie kennen das vermutlich aus dem Chemieunterricht. Da wird Wasser mit Hilfe von Strom aufgespalten in Sauerstoff und Wasserstoff. Diesen Wasserstoff kann man nun in Druckgefäßen speichern. Wann immer man wieder elektrische Energie benötigt, bringt man den Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Umgebung in einer Brennstoffzelle zusammen. Dabei entstehen wieder Strom und Wasser. Eine unglaublich simple Möglichkeit, Energie zu speichern, zu transportieren und wieder abzurufen. Leicht bearbeitet und in Methangas umgewandelt, kann es sogar direkt in die bestehenden Erdgasnetze und -speicher eingeleitet werden. Sogar Auto können mit diesem »Windgas« angetrieben werden. Zwar geht bei diesen Umwandlungsschritten fast die Hälfte der ursprünglichen Windenergie verloren, aber das ist noch immer besser, als den überflüssigen Windstrom zu verschenken oder die Windräder abzuschalten. Die Weiterentwicklung dieser Umwandlungstechnologien wird ebenfalls mit hoher Dynamik vorangetrieben und somit immer effizienter. Bereits heute können moderne Gaskraftwerke mit einem Anteil von 30 Prozent reinem Wasserstoff betrieben werden. Wir müssen die verschiedenen Komponenten nur zusammenbringen. Viele Energieunternehmen wie Mainova in Frankfurt sind in der Entwicklung solcher Strategien schon sehr weit voraus.
Wir müssen also nicht nur Windparks an Land und auf dem Meer bauen, wir brauchen auch in unmittelbarer Nähe dieser Windparks Anlagen, um die entstehende Energie vor Ort in Wasserstoff umzuwandeln. Mit diesem Wasserstoff wären wir nun auch in der Lage, unsere Autos anzutreiben. Die Abkehr vom klassischen Ölverbrennungsmotor ist keine Frage des Ob, sondern lediglich eine des Wann und Wie. Es ist ein heißer Kampf um die führende Technologie in diesem so gewinnträchtigen Segment entbrannt. Auf der einen Seite steht der reine Elektroantrieb mit Lithium-Ionen-Akkus, auf der anderen Wasserstofffahrzeuge mit Brennstoffzelle. Ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle wird wie ein herkömmliches Erdgasauto betankt. Das funktioniert ebenso schnell, sicher und unkompliziert. Bereits heute haben Brennstoffzellenfahrzeuge eine Reichweite von bis zu 800 Kilometern, bevor sie neu betankt werden müssen. Und Hersteller wie Daimler und Toyota setzen in großem Stil auf diese Technologie. So hat Daimler bereits über 180 Patente in diesem Bereich angemeldet. Schon 2009 haben sich Unternehmen wie Daimler, Linde, Shell, EnBW und viele andere zusammengeschlossen, um einen flächendeckenden Ausbau von Wasserstofftankstellen in Deutschland voranzutreiben. Hier liegt die Zukunft für die deutsche und die europäische Automobilindustrie. Hier halten wir noch immer die weltweite Technologieführerschaft.
Doch andere schlafen nicht. So haben Toyota, Honda, Nissan und weitere japanische Unternehmen für 2015 die Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen in Großserienproduktion und die dazugehörige Infrastruktur in Japan bekanntgegeben. Die schnellen Entwicklungssprünge bei den Brennstoffzellen hatten diesen Schritt ermöglicht. In Deutschland hätten wir ebenfalls bereits die Marktreife bei BMW und Mercedes erreicht, aber ein zu träges und unkoordiniertes Vorgehen aller Beteiligten inklusive des Fehlens klarer Bekenntnisse der Politik
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