Showtime! (German Edition)
hat» gab Sabrina zu bedenken, «wie kann sie dann noch als Callgirl arbeiten? Ich verstehe das einfach nicht. Warum tut sie sich das an? Es könnte ihr doch wieder passieren.»
«Auf diese Frage habe ich noch nie eine Antwort bekommen» gab Kim zu. «Als sie noch als Schauspielerin gearbeitet hat, ging es ihr gut. Und dann ist es wieder passiert, und sie hat alles hingeschmissen.» Kims Kiefermuskeln begannen zu malen. «Einer ihrer Fans, der ständig hinter ihr her war, hat ihr aufgelauert und sie vergewaltigt. Sie konnte nicht mehr arbeiten. Hat gesagt, sie würde es nie schaffen. Dass ihre Vergangenheit sie immer wieder einholen würde und sie doch nur kriegen würde, was sie verdient. Sie fängt dann immer mit diesem verflixten Bibelkram an, den ihre besessene Tante ihr eingebläut hat.» Kim sah Sabrina die Erschütterung an. «Ist schwer, das alles zu begreifen, mh? Deswegen redet sie nicht über sich. Es soll ja keiner wissen, was ihr zugestoßen ist. Sie gibt sich selbst an allem die Schuld. Und es soll auch keiner wissen, wie schlecht es ihr geht. Die meisten kommen doch mit so was gar nicht klar.»
Sabrina hätte gern gewusst, ob Kim ihr diese schonungslosen Informationen mit Bedacht vor den Latz knallte. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihr damit helfen, sie von Georgia fernhalten oder diese vor einer Enttäuschung bewahren wollte, falls sie, Sabrina, den Umständen nicht gewachsen wäre. Vielleicht war das Band zwischen Kim und Georgia stärker, als sie beide zugaben, und sie hielt sich für die einzige, die sie auffangen könnte, wenn es ihr schlecht ging.
Es war Sabrina, als fiele sie in ein tiefes, bodenloses Loch. Die Hand erschüttert vor Augen, flüsterte sie fast: «Sie hat gesagt, die Antworten auf meine Fragen würden mir nicht gefallen. Ich hab' nicht gewusst, dass es solche Dinge sind, die sie mir verheimlichen will.»
Kim fuhr sich gedankenvoll durchs Haar. «Ich habe lange genug versucht ihr zu helfen» sagte sie. «Man versucht, ihr alles zu geben, was man kann, sie zu unterstützen, immer wieder aufzubauen... aber dann schlägt sie wie besessen um sich, und letztendlich trifft sie immer dich.»
«Ist das ein gut gemeinter Rat, Kim?» fragte Sabrina schwach.
«Wenn du einen gut gemeinten Rat möchtest» sagte Kim und erhob die Stimme ein wenig, offenbar, um abzulenken und der Situation ein wenig von ihrer Dramatik zu nehmen. «Ich kenne dich ja nicht weiter, Sabrina, aber - solltest du gern flirten, dann tu' es nie in ihrer Gegenwart.»
«Sie sagt, sie wäre nicht eifersüchtig» widersprach Sabrina halbherzig.
«Wenn du eine einigermaßen funktionierende Beziehung mit ihr willst» ließ Kim sich durch ihren Einwand nicht beirren, «dann sag' ihr täglich, dass sie deine absolute Nummer eins ist, dass du sie abgöttisch liebst und immer für sie da bist... ich meine, das kann man ihr sagen, ob sie's glaubt, ist eine ganz andere Geschichte... wenn du akzeptierst, dass sie alles darf und du nicht, dann kommst du wunderbar mit ihr klar. Dann ist sie das reinste Lämmchen. Sollte sie dich mal dabei erwischen, dass du jemandem nur einen Moment zu tief in die Augen schaust, dann sieh' zu, dass du vor ihr nach Hause kommst - und schließ' dich vorsichtshalber im Bad ein. Schaffst du es, geht vielleicht nur ein Teil deiner Einrichtung zu Bruch. Schaffst du es nicht, nimmt sie dich Maß. Das gebe ich dir schriftlich.»
«Maßnehmen? Was? Ich fass' das alles nicht. Warum sagst du mir das?»
Kim seufzte leidgeprüft. «Lass mal, Georgia hat ihre Qualitäten» schloss sie tröstend ab, und ließ ihre Frage unbeantwortet. Sie reckte sich, bevor sie aufstand. «Sie ist lieb, sie ist umwerfend, wenn sie gut drauf ist. Du musst sie nur zu nehmen wissen. Und mehr Geduld haben, als ich mit ihr hatte. Von mir hat sie meistens gekriegt, was sie nicht haben wollte. Vielleicht bist du ja diplomatischer. Ich würde es ihr wünschen, dass sie jemanden findet, dem es gelingt, sie zu verstehen. Ich hab's jedenfalls nicht geschafft. Bei aller Liebe nicht.»
Als Kim sie wenig später allein ließ mit ihren neuen, schockierenden Erkenntnissen, bat sie, bevor sie ging: «Sag' Georgia nicht, was ich dir erzählt habe. Mach irgendwas draus, jetzt weißt du zumindest, woran du bei ihr bist. Es war vielleicht keine so gute Idee, dir das alles zu erzählen. Ich habe viel zu viel gesagt. Sag' ihr bitte nicht, was wir geredet haben. - Die bringt mich um.»
***
Am Horizont kündigten
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