Showtime! (German Edition)
was sie gemacht hat, wenn sie von ihm eine Tracht Prügel gekriegt hat» sagte Kim gleichmütig. «Gelacht hat sie. Er hat sie mit einem Gürtel grün und blau gehauen, und sie hat ihn ausgelacht. Georgia lacht immer, wenn's richtig weh tut. Damit niemand es merkt.»
Sabrina schauderte es bei dem Gedanken, von diesem Bären von einem Mann verhauen zu werden. Wie Georgia da noch hatte lachen können, war ihr ein absolutes Rätsel.
Sie selbst kannte Siggi Georgia gegenüber nur liebevoll und beschützend.
Ihr Vater, erzählte Kim weiter, hatte ihre Schauspielpläne unterstützt, obwohl er nicht wollte, das sie ein ‚Tingeltangel', wie er es nannte, wurde. Es war die einzige Möglichkeit, sie von der Straße fernzuhalten. Mit eisernem Willen und viel Talent hatte Georgia nach dem Schauspielstudium in einer Privatschule die Aufnahmeprüfung an einer staatlichen Hochschule geschafft. Allerdings erst, nachdem sie die Prüfung vor dem Paritätischen Ausschuss bestanden hatte, wo sie ihre Deutschkenntnisse und ihre Sprachbegabung unter Beweis hatte stellen müssen.
«Damals hat sie perfekt gesprochen» erinnerte sich Kim. «Als wir uns kennen gelernt haben, war sie richtig gut. Heute kann sie brüllen und fluchen bis zum Hörsturz, aber ordentlich reden... »
«Welchen Grund hatte Siggi denn eigentlich, sich um sie zu kümmern?» warf Sabrina ein.
«Er hat sie geliebt. Er war mit ihr zusammen, bis er gemerkt hat, dass sie im Bett nur eine Riesenshow abzieht. Siggi ist nach außen ein harter Kerl, aber drinnen hat er sehr viel Gefühl. Er hat schon gewusst, bevor es rauskam, dass Georgia als Kind sexuell missbraucht worden ist. Dass sie sich an Männer gehangen hat, um Zärtlichkeit zu bekommen. Aber die haben ihr Geld gegeben und mit ihr geschlafen. Irgendwie ist es für sie normal, dass es so und nicht anders ist. Das kriegst du aus ihr auch nicht raus. Siggi hat sich den Mund fusselig geredet, gemacht und getan - kapiert hat sie nichts. Am wenigsten, dass er sie nur davor schützen wollte, weiterhin verletzt zu werden. Sie wollte es einfach nicht begreifen. Nach ihrer Meinung wollte er ihr nur etwas verbieten. Und bevor die sich was verbieten lässt, friert die Hölle ein und der Himmel liegt im Erdgeschoss.»
Sabrina zündete sich fahrig eine Zigarette an. Georgia ein Opfer von Missbrauch, dachte sie betroffen. Was hatte Carla gesagt... ‚unverarbeitete Kindheitstraumata'...?
« ... Und meinst du, das ist der Grund, warum sie mit Frauen zusammen ist?» fragte sie an. «Die schlimme Erfahrung mit Männern?»
«Ach Quatsch. Du bist lesbisch oder du bist es nicht» erklärte Kim und blieb trotz der Brisanz des Gesprächs ruhig und gelassen. Sie hatte Zeit genug gehabt, sich mit diesen Fakten auseinander zu setzen, im Gegensatz zu Sabrina. «Mit Frauen hat sie auch nicht unbedingt nur gute Erfahrungen gemacht» redete sie Tacheles. «Zwei Frauen haben sie fast umgebracht. Lederfrauen aus der S/M-Szene. Es waren wohl Drogen im Spiel. Da hat sie wieder für Ginger gearbeitet, und ich wusste nichts davon. Ich hab' weder gewusst, dass sie neben der Schauspielerei wieder anschaffen geht, weil wir zu wenig Geld hatten, noch, was ihr angetan worden ist. Sie hat nie darüber geredet. Ich hab' sie im Treppenhaus gefunden. Zwei Tage war sie spurlos verschwunden gewesen. Weiß Gott, was die alles mit ihr angestellt haben. Sie wäre fast verblutet, hatte Wunden überall ... es war schrecklich.» Zum ersten Mal zeigte sich eine Gefühlsregung auf Kims Gesicht. «Anzeige hat sie nicht erstattet. Sie hat mir was von einer Schlägerei erzählt, und ich sollte sie damit in Ruhe lassen - aber was wirklich passiert ist, das hat sie mir im Schlaf erzählt. Sie weiß nicht mal, dass ich es weiß, und ich werde mich hüten, davon anzufangen.»
Sabrina wusste nicht genau, ob sie noch mehr erfahren wollte. Ihre Betroffenheit wich einer Bestürzung. «Das ist ja furchtbar... » brachte sie tonlos hervor. «Ich kann das alles gar nicht glauben.»
Kim nickte. «Furchtbarer ist, wenn du alles mit ansehen musst. Du liegst nachts neben ihr und sie fängt plötzlich an zu schreien und zu weinen, weil sie von diesen Dingen träumt. Und wenn du sie aufweckst, weint sie vor Angst, weil sie nicht weiß, dass du es bist. Ich hab keine Ahnung, was ihr alles passiert ist, aber das Schlimmste ist, dass sie darüber einfach nicht reden will. Sie tut so, als wäre das alles gar nicht geschehen.»
«Aber wenn sie solche schrecklichen Dinge erlebt
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