Showtime! (German Edition)
couragiert vor, von Kims cooler Wesensart angesteckt.
Sie erntete ein Lachen, das eine Mischung aus Überlegenheit und Amüsement war. «Nein, ich denke nicht. Du brauchst keine Angst zu haben - ich will sie nicht zurück» sagte Kim dunkel und kreuzte in der gleichen kerlig-markanten Art das eine Bein über das Knie des anderen, wie Sabrina es von Georgia kannte. Es war nicht zu übersehen, dass die beiden Frauen lange Zeit ein Paar gewesen waren und sich Gesten, sogar die Betonung beim Reden, voneinander abgeschaut hatten. Das kratzte schon ein wenig an Sabrinas Oberfläche.
«Jetzt, wo ich sie nicht mehr sehe» sagte Kim vielsagend, «ist es mir endlich gelungen, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich nehme an, das spricht für sich. - Was möchtest du denn wissen?»
«Na ja, beispielsweise, wie sie überhaupt nach Berlin gekommen ist, und warum. Ich meine, ich könnte mich auch mit Erklärungen zufrieden geben wie: Ach, weißt du, ich hatte bei einem Preisausschreiben einen Rundflug mit Superman gewonnen, und über Europa ist dem Kerl plötzlich ganz schwummerig geworden und dann habe ich mich kurz vor Kiel im Wasser wiedergefunden, aber - du verstehst schon... »
Kim nickte verständnisvoll, und entgegen ihrer Erwartungen begann sie zu erzählen, was sie wusste. Georgias Vater, sagte sie, sei in Berlin bei der Britischen Armee stationiert gewesen und lebte damals hier mit seiner deutschen Frau und deren Sohn. Die australischen Behörden hätten ihn informiert, dass seine Tochter in Sydney verwahrlost aufgegriffen worden und in ein Kinderheim gebracht worden sei, weil die Mutter keinerlei Interesse daran bekundete, sich um sie zu kümmern.
«Die hat sich nie für sie interessiert» sagte Kim. «Soweit ich weiß, war sie Prostituierte und alkoholabhängig. Sie hatte Georgia und zwei Jungs, die beide jünger sind. Die Kinder waren der Frau völlig gleichgültig. Mit fünf hat Georgia das erste Mal versucht, sich umzubringen, weil sie ständig herumgereicht wurde und niemand sie wollte. Sie ist in fahrende Autos gelaufen und war schwer verletzt, aber ihre Mutter hat sie nicht einmal im Krankenhaus besucht. Man hat die Kinder dann zu Onkel und Tante nach West Australien gebracht. Da ist sie aufgewachsen, auf einer Rinderfarm in den Kimberleys, bei Leuten, die sich nichts aus ihr gemacht haben. Als sie so zwölf oder dreizehn war, ist sie mit ihren Brüdern abgehauen und nach New South Wales getrampt. Sie wollte nach Sydney, zu ihrer Mutter, weil sie die naive Vorstellung gehabt hat, die würde schon sehnsüchtig auf sie warten. Aber stattdessen hat sie sie zum Teufel gejagt, als sie ankam.»
« ... Hat sie dir das alles freiwillig erzählt?» wandte Sabrina skeptisch ein.
«Manches. Es kommt schon mal vor, dass sie im Affekt irgendwas erzählt. Aber eher selten. Außerdem kannst du dann nicht darauf vertrauen, dass sie dir die Wahrheit erzählt. Sie spinnt sich gerne irgendwas zusammen, und meistens nimmt man es ihr ja auch ab. Das meiste erfährst du, wenn du sie im Schlaf aushorchst. Sie spricht im Schlaf.»
«Ja. Ich weiß.»
«Wenn du was wissen willst, dann frag' sie, wenn sie anfängt zu reden. Da sagt sie dir alles, und vor allem lügt sie dann mal nicht.»
«Und ihr Vater hat sie also nach Deutschland geholt?» animierte Sabrina sie nach kurzer Pause, fortzufahren. Sie war weniger an Georgias schlechten Charaktereigenschaften interessiert, als an ihrer Geschichte. Dass man ihr nicht alles glauben konnte, was sie sagte, wusste sie längst. Außerdem wollte sie nicht, dass Kim Georgia vor ihr schlecht machte. Carlas diskrete Hinweise reichten ihr schon.
«Ja, er hat sie zu sich geholt» sagte Kim. «Und er hat's wohl manchmal ziemlich bereut. Siggi kann dir einiges erzählen. Als er sie kennen gelernt hat, war sie fünfzehn. Er kennt sie länger als ich.»
Kim erzählte, dass Georgia damals schon für ihr Alter zu reif und erfahren war, dass sie log und betrog, zockte, die Schule schwänzte und sich lieber nächtelang herumtrieb. Dass sie beiseite schaffte, was ihr in die Finger kam, und dass sie es zu dieser Zeit bereits mit den Männern nicht so genau nahm. Sie hatte wohl schon in Sydney angefangen, anzuschaffen. Siggi war Mitglied der Motorradclique, zu der Georgia gehört hatte. Er hatte sich mehr als ihr eigener Vater ihrer angenommen und versucht, sie zurechtzubiegen. Wenn nötig, auch mit Schlägen. Doch Georgia hatte ihren eigenen Kopf und war schrecklich hart im Nehmen. «Musst ihn mal fragen,
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