Showtime! (German Edition)
- wie auch immer sie wirklich hieß - als Zugpferd, würde vermutlich gleich eine ganze Armada von neuen Bekanntschaften Einzug halten. So richtig damit gerechnet, dass sie sich tatsächlich melden würde, hatte sie allerdings nicht. Menschen ihres Schlages, ständig umgeben von einer Heerschar von Leuten, kannte sie nur als oberflächlich und flatterhaft. Sie kannten jeden und niemanden, gaben Küsschen links, Küsschen rechts, heuchelten reges Interesse und scherten sich doch einen Dreck. Warum also sollte sie zurückrufen?
«Was machst du gerade?» erkundigte sich Georgia gut gelaunt.
Ich habe mir soeben die Kniescheibe zerschmettert und bin geplättet, dass du mich anrufst, dachte Sabrina, kam aber nicht dazu, etwas zu sagen, weil Georgia gleich hinterher fragte: «Kommst du ins Lobo 's?»
Der kurze Blick zur Digitalanzeige des DVD-Players ließ Sabrina wissen, dass es bereits halb zwei durch war. War die denn verrückt geblieben? Um diese Zeit?
«Was? Jetzt noch?» brachte sie perplex hervor. «Es ist schon etwas spät, findest du nicht?»
«Spät? Es ist ... warte mal ... ein Uhr zwölf» stellte Georgia etwas befremdet fest, «es ist früh.»
Sabrina ahnte, das für jemanden wie Georgia, für den Begriffe wie ‚geregelter Tagesablauf' böhmische Dörfer waren, zeitiges Schlafengehen definitiv nicht stattfand.
«Weißt du» stammelte sie und rieb sich das schmerzende Knie, «ein andermal gerne ... Georgia - Joanna - aber: ich war schon im Bett und - zum Kuckuck, wie heißt du eigentlich wirklich?»
Im Hintergrund grölte ein Rocksänger gegen überlaute Musik an. Gläserklirren und Stimmengewirr machten die Verständigung schwierig, und als Georgia bereitwillig antworte, konnte es sowohl als auch gelautet haben. Sie war also nicht schlauer als zuvor.
«Wie denn» wunderte sich Georgia gleich im Anschluss, «du warst schon in dein Heierbettchen um diese Zeit? -- War's nett?»
«Äh ... wie's halt im Bett so ist» entgegnete Sabrina leicht verwirrt und sprach automatisch etwas lauter als nötig. «Ich hab' schon geschlafen.»
«Wie öde» entgegnete Georgia. «Komm her, wir machen noch einen drauf, okay?»
«Hättest du früher angerufen ... » Sabrina räusperte sich, fühlte sich unbehaglich, weil Georgia jetzt vielleicht einen furchtbar langweiligen Eindruck von ihr gewann, und fügte, sich rechtfertigend, hinzu: «Eigentlich wäre ich ja jetzt unterwegs, aber meine Kollegin konnte nicht -- »
«Aber ich kann» sagte Georgia aufgedreht, « - Und? Was ist - kommst du?»
Sabrina blieb Gelegenheit, sich etwas Passendes einfallen zu lassen, denn irgendwer sprach Georgia an; sie gab ein knappes: «Bleib` mal dran» durch die Leitung, war kurz abgelenkt, und Sabrina hörte sie mit jemandem auf Englisch reden. - Was war das für eine seltsame Sprache: «Yergoda the party yesterdei? Yerloike it?» . Äh?! Konnte die nicht einfach Englisch reden?
Georgia war wieder am Apparat, bevor die passende Ausrede gefunden war, und hakte fröhlich nach: «Na, wie sieht es aus? Soll ich dich abholen?»
«Du, sei nicht böse. Ansonsten gerne, aber so kurzfristig und so - »
«Ey, come on, sei flexibel, Schätzchen!»
«Ein andermal.»
« - Ich komme dich holen.»
- War die hartnäckig!
«Wirklich nicht, Georgia. Ich bin schon abgeschminkt und alles - »
« - Schuldigung! Aaabgeschminkt wiederholte Georgia kaugummilang. «Na, und? - Du musst nicht schminken und so. Wie ist dein Adresse?»
«Nee ...» nölte Sabrina unwillig.
«Nicht 'nee', dein Name und die Adresse!»
Schon war es passiert. Sie hatte sie sogar noch unterschätzt. Diese Frau bekam mit Sicherheit alles, was sie wollte. Und bisher hatte Sabrina Carla für penetrant gehalten. In Georgia würde selbst Carla noch ihre Meisterin finden.
Ratlos, in Seidenhemd und Slip, hockte sie auf der Couch und überlegte, wie sie sich da jetzt wieder raus wurschteln sollte. Sie hätte ihr ein entschiedenes Nein entgegen knallen sollen, einen starken Willen zeigen ... aber gegen diese sture Entschlossenheit hätte sie sich eh nicht durchsetzen können.
Sabrina strich sich grübelnd mit dem Handrücken über die Stirn.
Verrückte Nudel. Ob sie immer so impulsiv war?
Sie schlüpfte widerstrebend in Jeans, Socken und Turnschuhe, zog das nächste griffbereite Sweatshirt über und zupfte ihre Frühjahrsjacke vom Haken.
Zieh' feste Schuhe an, hatte Georgia gesagt, bevor sie auflegte, und eine Jacke. Und wozu, bitte schön?
Vor der Haustür lief sie
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