Showtime! (German Edition)
hochinteressanten Lebensphilosophie entbehrte.
Georgia nahm so ziemlich jeden auf die Schippe und steckte Retourkutschen ohne ein Wimpernzucken weg. Letzteres ließ darauf schließen, dass Carla sich in diesem Punkt auch geirrt hatte. Von wegen: Sensibel.
«Siggi, worauf wartest du» sprach eines von Georgias Beschimpfungs-Opfern den bärtigen Biker an, «verhau sie, Alter, aber kräftig!»
«Mach du's doch» gab Siggi gelassen zurück, «wenn du scharf auf ein blaues Auge bist.»
Georgias Defensive kam zunächst wortlos in Form eines breiten Grinsens. Die Menge johlte, und Georgia schob den Ärmel ihres Shirts hoch, spannte ihren Miniaturbizeps an, was allgemein belustigend wirkte, lachte ihr kehliges Lachen und rief: «Leg' dich nicht mit der Killerqueen an, Ahnungsloser!»
Obwohl Sabrina mehr beobachtete als selbst aktiv am Geschehen teilzunehmen, amüsierte sie sich glänzend. Sie hatte schon lange nicht mehr so viel gelacht.
Die Wortduelle waren aberwitzig, zum Teil sogar völlig absurd, aber erfrischend anders als die ermüdenden Smalltalks, die sie selbst im Allgemeinen mit Bekannten führte. Hier ging der Schlagabtausch so rasant schnell vonstatten, dass man aufpassen musste, den Anschluss nicht zu verlieren. Über dieses amüsante, verbale Tennismatch vergaß sie völlig die Zeit. Erst als eine der Frauen laut überlegte, ob sie sich nicht doch noch ein, zwei Stunden Schlaf gönnen sollte, wurde sie an ihren eigenen Schönheitsschlaf erinnert.
Sie gab Georgia Zeichen, indem sie auf ihre Armbanduhr tippte - und hoffte auf Nachsicht.
«War nett mit euch, Jungs» verkündete Georgia daraufhin matt, «aber die Arbeit ruft.» Sie zog ihre Lederjacke von der Stuhllehne und trank im Stehen ihr x-tes Glas Selters aus.
» Arbeit' nennt sie das ... » bemerkte Einer verhalten und musterte Sabrina mit sichtlichem Gefallen, «unsereins nennt das Vergnügen.»
Georgia legte den Arm vertraulich um Sabrina, erklärte ihr, dass jetzt alle nur noch Stuss reden würden, «zu viel Suff, du weißt schon» und zog sie mit sich in Richtung Ausgang.
«Was denn, jetzt wollt ihr echt abhauen?» fragte Bernie. «Jetzt, wo's gerade gemütlich wird?»
«Sorry» rief Georgia. «Ich komme später wieder.»
In der begeisterten Geräuschkulisse folgten ihnen Sprüche wie: «Die haben erst mal was Besseres vor» und Sabrina fragte sich, ob sie jetzt im falschen Film gelandet war. Sie verstand die Untertitel nicht. Sie sah auch nicht, dass Georgia hinter ihr eine unanständige Bewegung mit dem Becken andeutete, bevor sie sie zur Tür hinausschob.
Auf der Rückfahrt versuchte sie, sich einen Reim auf all diese schlüpfrigen Bemerkungen zu machen und kam auf die abenteuerlichsten Ideen, die sie jedoch sehr schnell verwarf. Es war viel getrunken worden, und das ergab doch eh alles keinen Sinn. Außerdem war sie noch zu neu in dieser Szene, um deren ausgefallenen Humor zu verstehen.
«Wie war das gemeint mit deiner Arbeit?» hakte sie nach, als sie in Lichterfelde ankamen und von der Maschine stiegen. «Was machst du beruflich?»
«Nachtwächterin im Frauenknast.» Georgia lehnte die Maschine auf den Seitenständer und zog den Zündschlüssel ab. Sie schaute auf und überführte sich selbst mit ihrem Grinsen.
«Nachtwächterin» wiederholte Sabrina. «Na klar»
«Harter Job» seufzte Georgia. Sie kramte eine zerknautschte Packung Gauloises aus ihrer Jackentasche, zündete sich in aller Seelenruhe eine Zigarette an und bedachte Sabrina mit einem seltsamen Blick. Ein wenig fragend, ein wenig abschätzend. Es entstand ein kurzes, gespanntes Schweigen.
«Was ist?» fragte Sabrina vorsichtig an, ihren Wohnungsschlüssel aus der Jacke kramend. Sie lachte nervös und sagte: «Ich kann dich leider nicht auf einen Kaffee nach oben bitten, tut mir leid. Mein Freund ist da oben, und der würde mich in die Klapsmühle einweisen lassen, wenn ich um diese Zeit noch jemandem zum Plauschen mit nach oben bringen würde.»
«Dein Freund ... aha ... » Georgia schien unentschlossen. Sie studierte sie regelrecht, nahm noch einen weiteren Zug von der Zigarette und tippte die Asche ab.
«Wolltest du nicht ins Lobo's zurück?»
Eine merkwürdige Situation. Da standen sie nun wie zwei, die ihr erstes Rendezvous hinter sich hatten und nun nicht recht wussten, wie sie verbleiben sollten. Die haben was besseres vor ... erinnerte sich Sabrina.
Georgia stand einfach nur da und rauchte in aller Seelenruhe.
« ... Warum wolltest du mich treffen,
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