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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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weiter anstarrte, ohne zu blinzeln.
    Sie hatte bereits einen lockeren Spruch auf den Lippen, um ihrem Bauch zu trotzen, doch Maynards nächste Äußerung ließ sie sofort verstummen:
    »Wer sind Sie?«
    »Das wissen Sie ganz genau«, antwortete sie nach einer Schrecksekunde.
    Er schüttelte den Kopf. »Jerry Waller sind sie nicht.«
    Ihr Verstand übernahm wieder die Kontrolle. Sie legte den Führerausweis auf den Tisch und erwiderte ruhig:
    »Überzeugen Sie sich selbst.«
    Statt den Ausweis zu betrachten, schüttelte er abermals den Kopf und sagte:
    »Das ist genau mein Problem. Die SSN zu diesem Ausweis gehört einer gewissen Jennifer Walker. Kennen Sie sie?«
    Fuck Jezzus! , fluchte sie innerlich. Es war ein reichlich primitiver Fehler, ihre richtige Sozialversicherungs-Nummer für den gefälschten Ausweis zu verwenden. Damit war es für jeden halbwegs Begabten eine leichte Fingerübung, ihre wahre Identität festzustellen. Fuck, fuck und nochmals fuck! Aus Ärger über den dummen Fehler vergaß sie für einen Augenblick, wer ihr gegenübersaß.
    »Was sagen Sie dazu?«, fragte Maynard ungeduldig.
    »Das muss eine Verwechslung sein«, murmelte sie. »Was werfen Sie mir eigentlich vor?«
    »Genügt das nicht?«
    Sein Gesicht zeigte immer noch keine Regung, als er einen Zeitungsausschnitt mit Jens Fahndungsfoto neben den Ausweis legte.
    »Eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht zu leugnen«, bemerkte er dazu.
    Er versuchte mit dem starren Blick in sie hineinzusehen, was eine heftige Abwehrreaktion auslöste.
    »Das ist eine Frau!«, platzte sie heraus.
    Impulsiv sprang sie auf, zerrte den Hosenschlitz auf und hielt ihm und der Kamera den Penis als unwiderlegbares Zeichen ihrer Männlichkeit entgegen.
    »Ist das Beweis genug?«, fauchte sie.
    Der Sicherheitschef rückte entsetzt vom Tisch ab und erblasste so schlagartig, dass sie unwillkürlich nach der Blutlache am Boden suchte. Sein Angestellter starrte mit offenem Mund und albernem Grinsen auf das gute Stück, das aus ihrer Hose hing.
    »Lassen Sie das!«, wehrte Maynard aufgeregt ab.
    Er gestikulierte, als wollte er sich bekreuzigen und wagte nicht, sie anzusehen, bis sie sagte:
    »Er ist wieder drin.«
    »Was fällt Ihnen ein?«, krächzte er heiser.
    Sie setzte ein verbindliches Lächeln auf. »Glauben Sie jetzt, dass Jerry Waller keine Frau ist?«
    Er brauchte einige Zeit, sich zu sammeln. Schließlich gelang es ihm, sie wieder mit seinem Offiziersblick zu fixieren.
    »Sie haben Daten aus Mrs. Strauss’ Account kopiert«, behauptete er.
    »Was habe ich? Wie soll das gehen?«
    Es klang nicht sehr überzeugend. Immerhin war sie gewarnt durch ihren Bodyguard und hatte beschlossen, konsequent die Unwissende zu spielen.
    »Leeren Sie Ihre Taschen, alles auf den Tisch!«
    Viel kam nicht zum Vorschein. Maynard gab dem Riesen einen Wink, worauf der sie abtastete. Leibesvisitation! , flüsterte der Bauch mit teuflischem Grinsen. Sie nahm all ihre Kraft zusammen, um ruhig zu fragen:
    »Soll ich mich ausziehen?«
    Vor Schreck hielt der Riese kurz inne, doch dann erledigte er seinen Job mit professioneller Gründlichkeit. Endlich trat er einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf und nahm wieder seinen Stehplatz neben der Tür ein.
    »Wo ist der Memorystick?«, fragte Maynard.
    Sie erschrak. War sie gefilmt worden? Gab es Kameras, die sie nicht bemerkt hatte? Bluffte er? Falls er es tat, war er ein ausgezeichneter Schauspieler, was sie wiederum bezweifelte. Software schien die wahrscheinlichste Antwort zu sein. Gamovs Truppe zeichnete wohl jeden Handgriff der Angestellten am Computer auf. Überwachungskameras nahmen sich dagegen aus wie Relikte aus der guten alten Zeit. Angestrengt versuchte sie, Ruhe zu bewahren und sagte:
    »Wovon reden Sie? Ich habe nichts kopiert.«
    Er wollte etwas entgegnen, doch eine harte Stimme aus einem verborgenen Lautsprecher hinderte ihn daran.
    »Er lügt, John«, sagte die Stimme. »Ich will die ganze Wahrheit. Du weißt, was zu tun ist.«
    Es knackte, dann war es still. Maynard stand auf, nickte dem Riesen zu und schickte sich an, den Raum zu verlassen. Mit angehaltenem Atem sah sie den Mann, der nur aus Muskeln bestand und sie um fast zwei Köpfe überragte, auf sich zukommen. Ein kurzer Händedruck, und ihre Finger würden brechen wie Streichhölzer. Entsetzt sprang sie auf, versuchte, ihm den Tisch in den Magen zu rammen, doch das verdammte Möbel war zu schwer. Es bewegte sich keinen Zoll, der Riese umso mehr. Sie entzog sich seinem

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