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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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zusammengekniffenen Augen an. Sein Gesicht glich zunehmend Jezzus’ Habanero-Miene.
    »Also Datendiebstahl, Industriespionage. Mein Gott, Jen, in was für einem Sumpf steckst du nur«, seufzte er, »und ich Idiot unterstütze dich noch dabei.«
    »Das ist lieb von dir«, sagte sie schnell.
    Der Impuls war stärker als ihr Hemmungen. Sie tat etwas, was sie seit der Kindheit stets vermieden hatte. Sie fiel ihrem Retter ungestüm um den Hals und küsste ihn innig.
    »Danke«, hauchte sie dabei.
    Es war ein Augenblick reinen Glücks, während Frank in ihren Armen zur Salzsäule erstarrte. Sie ließ lachend von ihm ab und wartete auf seine Reaktion, doch er hatte die Sprache verloren.
    »Was ist, noch nie von einem Mann geküsst worden?«, spottete sie.
    Er schluckte leer, hüstelte verlegen, bevor er sagte: »Das ist nicht witzig, Jen. Wir stecken beide in der Scheiße, und zwar knietief. Wie lang glaubst du, wird Rosenblatt brauchen, bis er mich zitiert? So long Pension, willkommen im Knast!«
    »Jetzt stehen wir beide auf der schwarzen Liste«, gab sie zu, »aber ...«
    Ein Telefon klingelte. Es war nicht ihr Handy. Verblüfft sah sie zu, wie er eines dieser praktischen Geräte aus der Tasche zog.
    »Rita – was gibt’s?« Die Furchen auf seiner Stirn vertieften sich, während er zuhörte. »Sag ihm, ich sei ausgewandert, in ein Land ohne Telefon«, murmelte er schließlich und steckte das Handy wieder ein.
    »Rosenblatt?«, fragte Jen besorgt.
    Er nickte. »Ich soll ihn dringend anrufen. Er ist schneller, als ich gedacht habe.«
    »Oder die Typen bei ›TNC‹.«
    »Die sowieso.«
    Er blickte sie lange nachdenklich an, bis er langsam den Kopf schüttelte und resigniert sagte:
    »Ich sehe keinen Ausweg, Jen. Morgen fahren wir zusammen zum SFPD.«
    »Übermorgen«, rief sie erregt, »versprochen. Gib mir nur noch einen Tag, dann habe ich die Schweine. Einen Tag – bitte.«
    »Wir haben schon zuviel Zeit verloren. Morgen um acht hole ich dich ab. Du solltest dann besser da sein.«
    Mit dieser Drohung ließ er sie stehen. Die quälenden Gedanken an den nächsten Morgen zu verdrängen, fiel ihr nicht leicht. Sie war unschuldig, soweit es die Gründe für die Fahndung betraf, aber das zählte kaum. Inzwischen hatte sich soviel Dreck auf ihrem Konto angesammelt, dass sich die Cops sowieso längere Zeit mit ihr beschäftigen würden. Hausfriedensbruch gehörte noch zu den harmloseren Delikten.
    Mit wirrem Kopf klappte sie den Laptop auf und steckte den Stick ein. Sie lud Emmas Scout, ein Programm, das die gesammelten Daten im Speicherchip nach allen Regeln der Kunst durchforstete. Falls sich gesuchte Informationen auf dem Stick verbargen, würde Scout sie finden. Das Programm entdeckte Zusammenhänge, Übereinstimmungen, die keinem menschlichen Analysten auffielen. Emma hätte allein mit diesem Programm ein kleines Vermögen verdienen können, aber sie war nicht an Geld interessiert.
    Die trüben Gedanken an den Morgen verblassten allmählich, als die ersten Auswertungen auf dem Bildschirm erschienen. Ihr Bild von der Insel der M-Systeme bestätigte sich rasch, doch Scout fand weitere Zusammenhänge. Es gab auffällige Einträge in den Routing-Tabellen des ›TNC‹-Netzwerks, Wegweiser, die auf Adressen zeigten, die es im ganzen Netz nicht gab. IP-Adressen, die scheinbar ins Leere zeigten. Genau zehn solche Adressen gab es. Scout hatte sofort festgestellt, dass auch genau zehn M-Systeme existierten, bei denen die Adressen fehlten. Nicht nur das: Die auffälligen Adressen unterschieden sich nur in den letzten Stellen von der Adresse der Dropbox mit dem Namen Moonbase. Jens Anspannung löste sich, als sie den Zusammenhang entdeckte.
    »Na also«, murmelte sie erleichtert.
    Die einfachste Erklärung war, dass die ins Nichts zeigenden IP-Adressen den M-Systemen gehörten, was auch Scout mit einer Wahrscheinlichkeit von 73 Prozent vermutete.
    »Siebzig Prozent, was du nicht sagst«, schmunzelte sie. »Ich tippe auf hundert. Solche Zufälle gibt es nicht.«
    Zudem gehörten die M-Systeme zur selben geografischen Region wie die Dropbox, was nur plausibel war. Scout war so nett, den Namen der Region gleich im Klartext mitzuliefern: Mono County, Kalifornien. Wahrscheinlichkeit 95 Prozent.
    »Das genügt!«, rief sie lachend.
    Aufgeregt wählte sie Tates geheime Telefonnummer, die sonst nur ihre Anwälte kannten.
    »Probleme?«, fragte sie sofort.
    »Nein – ja – auch, unwichtig. Nur eine kurze Frage: Hat Sergei Gamov

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