Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
gefährlichen Szenen für die Stars spielen durfte. Dann entschloss ich mich, meine erworbenen Fähigkeiten trotzdem zugunsten der Allgemeinheit einzusetzen und machte dieses Büro hier auf. Das hat meinen Dad tief getroffen. Später traf ihn dann eine Kugel. Mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen.“
Richard wurde mulmig zumute. Diese legere, fast hochmütige Auskunft über Shys Lebensgeschichte machte ihm bewusst, wie unbeschwert sein Leben bis gestern noch gewesen war. Er wagte nicht, nachzufragen, welcher Art der besagte „Eklat“ gewesen war.
Der Detektiv beugte sich nun wieder vor. „Aber wenn Sie auf meine Referenzen anspielen, so gibt es einige Fälle, die ich außer entlaufenen Töchtern, Hunden und Katzen der Promis gelöst habe. Und ich entlarve nicht nur untreue Ehefrauen!“ Wieder triefte diese sanfte Stimme vor Zynismus. Shy wusste, dass er etwas übertrieb. In letzter Zeit lief das Geschäft ziemlich schleppend.
„Schon gut, ich vertraue Ihnen“, murmelte Richard betreten. Was blieb ihm auch anderes übrig?
Sein Gegenüber hob die linke Augenbraue. „Dann sind wir uns ja einig. Hundert Dollar Spesenvergütung im Voraus, pro Tag fünfzig. Falls es länger dauern sollte, mache ich Ihnen einen günstigen Pauschaltarif.“
Richard zückte seine Geldbörse aus der Gesäßtasche und legte den Hunderter wortlos auf den Tisch.
Shy beugte sich noch weiter über den Schreibtisch vor. Seine blauen Augen blitzten warnend auf. „Und falls Sie mich belogen haben, Mr. Norton, werde ich verdammt ärgerlich“, fügte er hinzu. Richard starrte ihn entsetzt an. Mit diesem ehemaligen Stuntman wollte er sich nicht anlegen.
Dann erhob Shy sich. „Ich bringe das Laken sofort ins Labor und gebe Ihnen Bescheid, sobald ich die Ergebnisse habe. Derweil werde ich mich mal bei den Lakehursts umschauen, ob jemand etwas über den Verbleib Ihrer Nora weiß.“ Er verabschiedete seinen neuen Klienten und machte sich unverzüglich an die Arbeit.
* * *
Sein elegantes, gepflegtes Aussehen und die guten Manieren brachten Shy überall hinein, sogar in die Villen der Superstars und auf die Premierenpartys bei Filmevents. Die Frauen flogen nur so auf ihn. Das war sein großer Vorteil. Der Nachteil war: Frauen ließen ihn absolut kalt. Sein Faible für gut aussehende Männer blieb seinen Ausbildern auf der Police Academy leider auch nicht verborgen. Aus diesem Grund hatte man ihm nahegelegt, die Akademie zu verlassen. Und aus diesem Grund hatte sein Vater bis zu seinem Tode kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Shy hatte gelernt, damit zu leben. Wer ihn nicht so akzeptierte, wie er war, konnte ihm gestohlen bleiben. Solange er gute Arbeit ablieferte, war es seinen Klienten sowieso egal. Und solchen wie diesem Richard Norton erst recht. Die steckten richtig tief in der Klemme!
Shys ebenso gepflegter, silberner Van kroch jetzt langsam die Auffahrt zur Lakehurst Villa hoch. Vorbei an sorgsam geschnittenen Zypressen und anderen Mittelmeergewächsen. Der frisch geharkte Kiesweg verursachte ein leises Knirschen unter den Reifen. Diesmal hatte er die Beschriftung eines Fitnessstudios gewählt. Sein Fundus an Magnetschildern diverser Handwerker und Dienstleister war enorm. Sein hautenges T-Shirt trug das gleiche Logo wie sein Wagen, als er voller Elan die Stufen zu dem eleganten Haus im Südstaatenlook hochlief und die Türglocke betätigte. Wenige Stunden zuvor hatte er das blutbeschriebene Laken bei Christine Hawkins abgegeben, einer Laborantin der kriminalistischen Pathologie und einer guten Freundin aus Highschooltagen. In ihrem blütenweißen Kittel und mit einem ebensolchen Lächeln hatte sie ihm versprochen, die Analyse in ihrer Freizeit nach Feierabend zu machen. Als Dank würde er sie irgendwann mal zum Essen einladen.
Er läutete zum zweiten Mal. Eine ungehaltene Männer-stimme ertönte aus dem Inneren: „Ja, ja, ich komme ja schon. Hoffentlich nicht schon wieder ein Vertreter.“ Es folgte ein übertriebener Seufzer. Die Stimme klang zu jung für einen Bankier in den Fünfzigern.
Das bestätigte auch der Anblick des Mannes, dem Shy nun gegenüberstand. Ein übertrieben schlanker junger Mann von etwa Mitte Zwanzig mit einer stark gegelten Frisur, die ebenfalls aus den Zwanzigern zu stammen schien. Das hellblonde Haar passte irgendwie nicht zu dem leicht gebräunten Teint. Genauso übertrieben schien der dandyhafte, leichte Sommeranzug mit tadellos sitzender Krawatte und Bügelfalten. Bei fast dreißig Grad im
Schatten
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