Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
aufeinander gepresst und die steingrauen Augen in seinem kantigen Gesicht unterstrichen die entschlossene Grausamkeit seiner Entscheidung. Er wartete.
Fünf Minuten später klang die Stimme seiner Vorzimmerdame aus der Telefonanlage: „Mr. Montoya aus Las Vegas möchte Sie sprechen, Sir.“ Der Angesprochene wandte sich um und begab sich zu seinem Schreibtisch.
„Stellen Sie durch!“
Lakehurst ergriff den Hörer seines schnurlosen Apparates und wandte sich wieder dem Ausblick aus seinem Fenster zu. Das kurze Gespräch schien eine Mischung aus brüderlicher Freundlichkeit und lauernder Feindschaft.
„Sie schulden mir einen Gefallen, Rico“, begann Elias Lakehurst. „Den möchte ich jetzt einlösen. Wie schnell kommen Sie an neue Papiere? Echte Papiere, Sie verstehen? Ja, genau. Wir hatten bereits darüber gesprochen.“
Sein Gesprächspartner schien zu überlegen, bevor er Auskunft gab. Elias wirkte nervös. „Besser, Sie beeilen sich. Leider hat mein Plan nicht ganz so geklappt, wie ich es wollte.“
Und dann wenige Sekunden später: „Gut. José wird den Transfer erledigen. Übrigens: sorgen Sie dafür, dass die Ware Ihre Stadt nicht verlässt. Sie gehört ganz Ihnen. Tun Sie damit, was Sie für richtig halten, wenn es sein muss!“
Ein kleines, böses Grinsen umspielte die schmalen Lippen über dem gepflegten grauen Kinnbart, als er auflegte. Elias Lakehurst wollte Rache. Und Ricardo Montoya, der Mafiapate von Las Vegas, sollte ihm dabei helfen. Millionenschiebereien und andere Geldgeschäfte hatten ihm den mächtigsten Mann der Spielerstadt verpflichtet. Danach wären sie Quitt. Solange, bis Montoya ihn wieder brauchte.
* * *
Die Nacht war noch jung, als Shy Black den Pink Apple betrat. Langsam bewegte er sich durch die Menge in Richtung der Bar. Farbige Stroboskoplampen tauchten die Tanzfläche in ein zuckendes Meer aus Menschen. Die Paradiesvögel der Stadt waren ebenso darunter wie Söhne der High Society. Es war nur eine vage Hoffnung, die den Privatdetektiv hierhin geführt hatte. Oder doch sicherer Instinkt? Suchend blickte er sich um, während Dutzende von Augenpaaren ihn verstohlen musterten. Genau das war der Grund, warum er diese Clubs normalerweise mied. Hier wurden die homosexuellen Neigungen der Gäste offen zur Schau getragen. Daran war nichts verwerfliches, aber Shy zog es vor, nicht auf dem Präsentierteller zu stehen. Trotzdem.
Einige der Clubbesucher fielen durchaus in sein Beuteschema. Die meisten hier schienen leider eher auf so etwas wie einen One-Night-Stand aus zu sein. Shy zog feste Partnerschaften vor, aber die waren selbst in L.A. oft nur von kurzer Dauer. Niemand hätte diese Einstellung bei so einem gut gebauten Typen wie ihm vermutet. Aber als Toyboy war er sich definitiv zu schade. Ein paar anmachenden Sprüchen wich er ebenso aus wie einem der Jungs, der sich gleich bei ihm unterhaken wollte. Sanft löste er sich. „Entschuldigung, ich bin verabredet.“
Das stimmte zwar nicht so ganz, kam aber glaubwürdig rüber, sodass der andere sich mit einem beleidigten Gesichtsausdruck trollte. Endlich erreichte er den Tresen. Der Barkeeper, ein südländischer, drahtiger kleiner Typ, zwinkerte ihm verschwörerisch zu.
„Was darf´s denn sein?“
In Gedanken überschlug Shy die Spesenrechnung, die er Richard präsentieren würde. Der Barkeeper kam ihm zuvor. „Okay, da du neu hier bist, kriegst du erst mal die Spezialität des Hauses“, zwitscherte er und machte sich daran, einen pinkfarbenen Cocktail zu mixen. In der Zwischenzeit konnte Shy sich weiter umsehen. „Suchst du jemanden?“, fragte der Barkeeper neugierig, als er den Cocktail vor Shy hinstellte.
„Ja, so einen großen Blonden, sehr schlank, adrett gekleidet. Irvine ist sein Name.“
„Irvine?“ Der Barkeeper zog den Namen verächtlich in die Länge.
„Kennst du ihn?“
„Der schaut ab und zu mal rein. Bei uns heißt er nur der ‘Untouchable‘, typisch unterkühlter Brite.“
Shy, der gerade einen Schluck aus dem Glas nehmen wollte, prustete. Der Name passte zu dem Knaben. Er hustete kurz und trank dann.
„Sehr gut“, meinte er zu dem Barkeeper, der geschmeichelt lächelte.
„Meine Idee. Dem Boss hat´s gefallen. Heißt übrigens auch Pink Apple.“
Klar, wie auch sonst.
„Weißt du zufällig, ob Irvine heute noch kommt?“
„Also, wenn du auf blond stehst, da findest du hier bestimmt genug Auswahl. Keine Ahnung, ob der Typ heute noch rein schneit.“ Der Tonfall brachte Shy erneut
Weitere Kostenlose Bücher