Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
die mit Lastwagen, leichten Schützenpanzern, Granatwerfern und vier gepanzerten Amphibien-Mannschaftswagen vom Typ ZIL-485 (BAV) unterwegs seien. Nicht eine Kompanie … ein halbes Bataillon, ausgerüstet wie zum Kriegseinsatz, würde in der Nacht Nowo Gorodjina erreichen.
    Schemjakin ging sofort zum Telefon und rief in Tobolsk beim Militärkommando an. Ohne langwierige Kreuz- und Querverbindungen wurde sein Gespräch sofort zu General Pychtin weitergeleitet, als habe man auf diesen Anruf gewartet.
    »Das Maß ist voll!« sagte Pychtin mit erregter Stimme. »Es wird aufgeräumt werden, Genosse Schemjakin. In Zukunft werden Sie unbehelligt weiterarbeiten können.«
    »Ein gutes Wort, Genosse General.« Schemjakin blickte hinaus auf seine Barackenstadt. Flache Häuser aus gut isolierten Fertigbauplatten, Straßen mit Kiesauflagen, ein Magazin, eine Wäscherei und als einziges aus Steinen gemauertes Gebäude das Kesselhaus, wo im Winter die Ölbrenner zischten und ganz Nowo Gorodjina heizten, mit zwei Transformatoren zur Sicherheit für den Fall, daß der Strom einmal ausfiel. Und dann die weiten Lagerhallen, Garagen, Werkstätten, Lagerplätze. Wohin aber mit den Rotarmisten und ihrem Gerät? »Wir brauchen jetzt ständigen Schutz. Doch ich habe keine Unterkünfte für die Genossen Soldaten.«
    »Die bringen Zelte mit, Boris Igorowitsch.«
    »Gut. Jetzt für den Herbst. Aber in sechs Wochen haben wir schon Frost.«
    »Sechs Wochen! Schemjakin, mit welchen Zeiten rechnen Sie?« General Pychtin schien zu lachen, Schemjakin konnte es ja am Telefon nicht sehen. »In einer Woche ist der Spuk vorbei. Wie ein Steppenbrand werden wir über sie kommen und sie ausräuchern. Zurückbleiben wird dann ein ständiges Kommando von dreißig Mann … Bauen Sie eben noch ein Häuschen dazu, mein lieber Boris Igorowitsch. Platz genug haben Sie doch!«
    Schemjakin stimmte General Pychtin zu und legte auf. Olga Walerinowna sah forschend aus der Küchentür zu ihm herüber und war unruhig aus Neugier und Sorge.
    »Was sagt er?« fragte sie, weil Schemjakin stumm zu seinem Schreibtisch ging und sich setzte.
    »Eine richtige Streitmacht kommt, mit Panzern und Amphibienfahrzeugen.« Er legte die Stirn auf die zusammengefalteten Hände und starrte gegen die Wand. »Das gefällt mir gar nicht.«
    »Aber es wird dann Ruhe sein, Boris Igorowitsch.«
    »Gewehre waren noch nie Friedensstifter. Und wohin, frage ich, sollen sie schießen? Ich kenne nur friedliebende Bauern.«
    »Den Kanal verfluchen sie, und dich und mich und Walja … alle hier!« Sie kam aus der Küche, umarmte Schemjakin von hinten und legte ihren Kopf auf seine Schulter. »Ich habe Angst, Borenka«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Angst habe ich. Welch ein unheimliches Land ist das –«
    Kurz nach Mitternacht rückte die Militärkolonne in Nowo Gorodjina ein, wirklich ein schwer gerüsteter Haufen, als gelte es, eine Festung zu erobern. Der Kommandant der Truppe, Major Leonid Antonowitsch Nasarow, stellte sich bei den Schemjakins vor. Sie waren nicht ins Bett gegangen und hatten die Rotarmisten erwartet. Auf dem Feld hinter dem Materiallager stemmte man schon die ersten Zelte hoch, schnell ging das vonstatten, hundertmal geübt. Sogar zwei Küchenzelte hatte man mitgebracht und Proviantwagen. Die große Kantinenküche des Baulagers wäre bei diesem neuen Ansturm elend zusammengebrochen.
    Nach einer Tasse Tee und einer Zigarette trat Major Nasarow an die Landkarte, die an der Längswand von Schemjakins Zimmer hing, und fuhr mit dem Zeigefinger über das weite Gebiet der Seen, Sümpfe und Wälder.
    »Wo ist das nächste Dorf, Genosse Schemjakin?« fragte er.
    »Lebedewka. Warum, Leonid Antonowitsch?«
    »Wir werden es besuchen. Noch in dieser Nacht. Sofort …«
    »Nachts? Was wollen Sie denn da, Genosse Major?«
    »Die Dunkelheit erhellen.« Nasarow lachte hart, trat von der Karte zurück und blickte Walja mit begehrlichen Augen an. Wird ein gutes Kommando werden, dachte er zufrieden.
    Viel Ehre im Kampf, viel Liebe im Bett. Welch einen Blick sie hat! Soll eine Ärztin sein, sagte man in Tobolsk. Man wird sich krank melden, morgen oder übermorgen, sich entblößen und ihre schönen Hände auf seinem Körper spüren. Ein guter Anfang, Leonid Antonowitsch …
    »Haben wir hier einen großen, festen Raum?« fragte er und trank noch eine zweite Tasse Tee. »Sicher und abschließbar?«
    »Nur die Garagen. Warum?«
    »Ich werde Besuch mitbringen.« Nasarow grinste listig und

Weitere Kostenlose Bücher